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Herz aus Eis

Titel: Herz aus Eis
Autoren: Jude Deveraux
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stand. Sie war immer noch zu wütend, zu verletzt und zu beschämt, um auch nur ein Wort mit ihm reden zu können; aber sie brachte es auch nicht fertig, das Haus zu verlassen, wo sie sich vor dem Spott der Leute sicher wußte.
    Kane hatte die Bürotür nicht ganz zugemacht, und Rafe, Leander und Edan waren bei ihm. Kane hatte sie zu sich bestellt, um mit ihnen die Konsequenzen des Grubenunglücks zu erörtern. Kane war sehr besorgt gewesen, als er feststellen mußte, daß die Witwen der verunglückten Bergleute vermutlich keine Entschädigung vom Eigentümer der Mine erhielten.
    Houston hörte heimlich zu, wie diese vier Männer sich über die Zukunft von Chandler unterhielten, und sie war sehr stolz auf die Initiative ihres Mannes. Sie wunderte sich, wie sie jemals hatte glauben können, daß er alle Kredite und Hypotheken kündigen würde, nachdem er die Chandler National Bank gekauft hatte. Gestern abend war Opal noch bei ihr gewesen und hatte lange mit ihr geredet. Sie hatte erzählt, warum Houston dieses Druckmittel angewendet hatte, damit sie, Houston, wieder zu ihm zurückkam.
    »Er liebt dich so sehr«, hatte Opal gesagt. »Und ich verstehe überhaupt nicht, warum du jetzt so böse auf ihn bist.«
    Vielleicht wäre sie ihm auch nicht mehr böse gewesen, wenn nicht just in diesem Moment drei Frauen in die Halle gekommen wären, die kicherten wie kleine Schuldmädchen. Sie waren gekommen, um Houston zu besuchen und sich bei ihr nach >den letzten Neuigkeiten< zu erkundigen. So sagten sie zu Susan, die sie bei Houston anmelden sollte. Houston ließ ihnen in aller Höflichkeit mitteilen, daß sie für niemanden zu sprechen sei.
    Nun stand sie im Flur und hörte voller Stolz zu, welche Reformen ihr Mann in der Stadt und den Bergwerken durchsetzen wollte. Doch dann stellte Leander eine Frage, und Houston bekam rote Ohren, richtete sich mit steifem Rücken auf.
    »Ist das eine Rechnung vom Magistrat?« fragte Lee.
    »Ja«, sagte Kane, »das ist eine Zahlungsaufforderung vom Sheriff, der fünfhundert Dollar für die Reparatur seines Gefängnisses von mir verlangt. Ich glaube, das ist die erste Rechnung meines Lebens, die ich auch bezahlen will.«
    »Vielleicht willst du auch die Wiedereröffnung des Stadtgefängnisses feiern und schickst Houston mit einer Schere zum Knast, damit sie das Band am Eingang zerschneidet«, hörte sie Rafe sagen.
    Es folgte eine längere Pause. »Falls sie noch einmal ein Wort mit mir redet«, ließ sich Edan vernehmen.
    Darauf gab es wieder ein längeres Schweigen.
    Dann räusperte sich Leander und sagte: »Ich glaube nicht, daß man einen anderen Menschen überhaupt kennen kann. Also, ich habe Houston fast mein ganzes Leben lang gekannt; aber diese Houston, die ich kannte, und diese Houston, die die Vorderwand des Gefängnisses weggesprengt hat, können unmöglich ein und dieselbe Frau sein. Vor ein paar Jahren ging ich mit ihr zum Tanzen, und sie hatte sich ein rotes Kleid angezogen, das ihr sehr gut stand. Doch Gates machte irgendeine Bemerkung darüber, die sie offenbar sehr kränkte; denn sie hielt sich so krampfhaft den Mantel zu, daß auch nicht ein Fleckchen ihres Kleides mehr zu sehen war. Sie war so nervös, als wir in den Ballsaal kamen, daß ich zu ihr sagte, meinetwegen könnte sie den Mantel anbehalten, wenn sie glaubte, man dürfe sie nicht in diesem roten Kleid sehen. Und dann saß sie doch tatsächlich den ganzen Abend im Mantel in einer Ecke und machte ein Gesicht, als könnte sie jeden Moment losheulen, wenn sie jemand ansprach.«
    Houston hielt die Hand mit der Blume still, die sie gerade umstecken wollte: Seltsam, wie man eine Episode auf eine so verschiedenartige Weise betrachten konnte. Wenn sie jetzt auf dieses Ereignis zurückblickte, war es vielleicht eine Dummheit von ihr gewesen, sich wegen der Farbe eines Kleides so aufzuregen. Nun schien sie sich sogar daran erinnern zu können, daß Nina Westfield damals oft so ein knalliges Rot trug, das ihr an jenem Abend solche Seelenqualen bereitet hatte.
    Lächelnd fuhr Houston fort, die Blumen zu arrangieren.
    »Wenn sie mich schon aus dem Knast herausholen wollte, hätte sie das auch auf weniger gefährliche Art tun können«, sagte Kane. »Ihr ahnt ja nicht, was das für ein Gefühl ist, wenn jemand zu dir sagt, er hat eben die Lunten von ein paar Dutzend Dynamitstangen unter deinen Füßen angezündet, und du hast nichts, wohinter du dich verstecken kannst.«
    »Du mußt uns nicht erst sagen, wie großartig dir die
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