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Herz aus Eis

Titel: Herz aus Eis
Autoren: Jude Deveraux
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entfernte er sich wieder.
    Nach neun Stunden Schlaf und einer umfangreichen Mahlzeit fühlte sie sich körperlich besser, doch seelisch schlechter. Sie brauchte nur ein paar Schritte auf dem Dachgarten zu machen, und schon konnte sie eine ungewöhnlich große Menge von Leuten auf der Straße zur Villa und zu dem Vorplatz des Hauses beobachten.
    Kane kam einmal in ihr Schlafzimmer, um ihr mitzuteilen, daß er sich zur Little-Pamela-Zeche begeben und sich dort umschauen wolle, ob noch Hilfe gebraucht würde. Und dann fragte er, ob sie ihn dorthin begleiten wollte; doch sie schüttelte nur den Kopf.
    »Du kannst dich nicht die ganze Zeit in deinem Schlafzimmer verstecken«, sagte er verdrossen. »Warum bist du nicht stolz auf das, was du getan hast? Ich bin es jedenfalls.«
    Nachdem er das Haus verlassen hatte, überlegte Houston, daß er in einem Punkt recht hatte: Sie konnte sich nicht wochenlang in diesem Haus verkriechen. Eines Tages mußte sie sich den Leuten in der Stadt zeigen, und je länger sie diesen Moment hinausschob, um so schwerer war er zu ertragen. Also holte sie ein Arbeitskleid aus blauer Baumwolle aus dem Schrank, zog sich an, ging hinunter ins Erdgeschoß und befahl, daß man ihre Kutsche anspannen sollte.
    Houston brauchte nur zehn Minuten, um herauszufinden, daß Kane die Reaktion der Leute von Chandler absolut falsch eingeschätzt hatte. Sie wurde nicht wie eine Heldin gefeiert, die ihren Mann vor dem Galgen retten wollte, sondern als eine törichte Frau belächelt, die den Kopf verloren hatte, statt sich erst einmal bei den Behörden zu erkundigen und ihren Anwalt zu befragen.
    Sie fuhr mit ihrem Einspänner wieder auf Schleichwegen zur Landstraße, die zur Little-Pamela-Zeche führte. Vielleicht brauchte man dort ihre Hilfe so nötig, daß die Leute keine Zeit fanden, sich mit über ihre Eskapaden zu unterhalten.
    Doch sie sah sich in ihren Erwartungen enttäuscht. Die Opfer des Grubenunglücks wollten etwas zu lachen haben, und Houston lieferte ihnen den Stoff dafür.
    Sie bemühte sich sehr, den Kopf hochzuhalten, während sie half, die Trümmer eingestürzter Häuser zu beseitigen und für die Unterbringung von Witwen und Waisen zu sorgen.
    Am meisten ärgerte sie sich jedoch über Kane, der die Situation in vollen Zügen genoß. Bei der Hochzeit war er schrecklich verletzt gewesen, weil die Leute damals den Eindruck haben mußten, jede Frau würde lieber Leander als ihn zum Ehemann nehmen; doch nun hatte er einen sehr öffentlichen Beweis dafür, daß Houston in ihn verliebt war.
    Houston mußte immer wieder daran denken, wie oft er Gelegenheit gehabt hätte, ihr zu sagen, daß er eigentlich gar nicht des Mordes beschuldigt worden war. Er konnte sehr gewandt reden, wenn er nur wollte; und warum hatte er dann in der Nacht, als sie ihm sagte, daß sie seine Zellenwand mit Dynamitstangen gespickt hatten, seinen Mund nicht aufgebracht?
    Je weiter die Sonne nach Westen rückte, um so dreister wurde die Neugier der Leute (»Wollen Sie damit sagen, daß Sie den Sheriff nicht gefragt haben, wie die Chancen Ihres Mannes standen? Haben Sie denn nicht seinen Anwalt angerufen? Leander war doch in alles eingeweiht. Er hätte Sie doch aufklären können. Oder Sie hätten . . .«). Houston wäre am liebsten im Erdboden versunken. Und jedesmal, wenn Kane an ihr vorbeikam, gab er ihr einen herzhaften Stoß in die Rippen, kniff ein Auge zu und sagte: »Kopf hoch, Schatz! Es war nur ein Scherz!« Und dann biß sie sich jedesmal auf die Lippen, weil sie sonst losgeheult hätte, es mochte vielleicht für ihn ein Scherz gewesen sein, doch für sie war es eine schreckliche Demütigung!
    Gegen Abend sah sie Pamela Fenton und Kane, die sich fast mit der Nasenspitze berührten, und die kühle Abendbrise trug ihr die Worte zu: »Am Hochzeitstag hast du zu mir gesagt, du wolltest sie nicht demütigen. Und was hast du jetzt getan? War das vielleicht etwas anderes?«
    Der Gedanke, daß jemand auch für sie Partei ergriff, war immerhin Balsam auf ihre Wunden.
    Zu Hause ließ sie sich dann das Abendessen aufs Zimmer bringen, und Kane machte noch einmal einen Versuch, mit ihr zu reden. Aber als sie ihm einen ihrer eisigen Blicke zuwarf, stürmte er wieder aus dem Zimmer und klagte, sie habe keinen Sinn für Humor und wäre verdammt viel zu oft eine verdammt hochnäsige Lady.
    Houston weinte sich in den Schlaf.

Kapitel 33
    Am nächsten Tag arrangierte Houston Blumen in einer großen Vase, die auf dem Flur vor Kanes Büro
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