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Herrscher über den Abgrund

Herrscher über den Abgrund

Titel: Herrscher über den Abgrund
Autoren: Andre Norton
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großen Teil jener Fähigkeit enthielt, die er nun nicht mehr imstande war, auszuüben, mußten sie mit ihm begraben werden. Nur einige kleinere Gegenstände durfte der Sohn von Rechts wegen für sich behalten. Wenn Sander allerdings seinen Traum verwirklichen wollte, brauchte er mehr als dies, viel mehr –: wenn es ihm gelingen sollte, den Ort zu finden, wo das Metallgemisch verborgen lag, das die Händler manchmal mitbrachten, und das Geheimnis zu ergründen, das keiner der Schmiede zu lösen verstand.
    Entschlossen eilte er weiter und verschloß sich allen Eindrücken. Rhin winselte und knurrte immer noch. Sander wußte sehr gut, daß sein Gefährte diesen Ort haßte und nur widerwillig folgte; doch da eine enge Freundschaft zwischen ihnen bestand, würde Rhin weiter mit ihm gehen.
    Zwischen den Tieren und den Angehörigen der Horde hatte sich eine Verbundenheit entwickelt, die für beide Seiten von Nutzen war. Sie ging zurück bis auf jene Zeit, die man die Finstere nannte. Die Weisen erzählten, daß Rhins Rasse früher wesentlich kleiner gewesen sei, doch auch damals schon klug und anpassungsfähig war. In der alten Sprache hießen sie Kojoten.
    Es hatte damals viele Tiere gegeben und mehr Menschen, als man zählen konnte. Sie alle waren untergegangen, als die Erde anfing zu tanzen und die Finstere Zeit anbrach. Gebirge von Feuer, tosende Flammen, Rauch und geschmolzenes Gestein hatten die Erdkruste zerrissen. Das Meer war ins Landesinnere gedrungen mit Wogen, die so hoch waren wie Gebirge. Es hatte die Erde unter sich begraben und an anderen Orten den Meeresboden freigelegt, den es Jahrtausende hindurch bedeckt hatte. Eine lange Kälteperiode folgte und Gift ausströmende Wolken, die alles erstickten.
    Hier und dort blieben einige Menschen und Tiere am Leben. Doch als der Himmel sich endlich wieder aufklärte, sah man, daß sich vieles geändert hatte: manche Tiere wurden von Generation zu Generation größer. Und man erzählte sich, daß in entfernten Gegenden Menschen lebten, die jetzt bereits doppelt so groß waren wie die Leute von Sanders Horde. Händler verbreiteten dergleichen Geschichten, aber man wußte nur zu gut, daß sie gern solche haarsträubende Märchen erfanden, damit andere ihnen nicht in ihren reichen Fundgebieten in die Quere kamen.
    Sander blieb stehen, hob einen entsetzlich beschmierten Speer auf und stocherte damit in der Feuerstelle eines kleineren Hauses herum. Schon bald fand er etwas, was nur ein Amboß sein konnte – noch dazu ein sehr guter aus Eisen; aber er war leider viel zu schwer zum Mitnehmen. Jetzt, da er wußte, daß er die Schmiede gefunden hatte, suchte er genauer.
    Er legte einen prächtigen Hammer frei, dessen Schaft teilweise verbrannt war; dann fand er noch einen steinernen Hammerkopf. Das war alles, was geblieben war, bis auf einige Spuren von Metall – sicher Kupfer –, das in der Hitze geschmolzen war. Sander hob die Hand und sprach die geheimen Worte der Schmiedezunft. Sollte der Schmied, der vielleicht dort im Hintergrund unter den Trümmern lag, noch mit seiner Seele verbunden sein – das kam manchmal vor bei Menschen, die plötzlich starben –, würde er jetzt wissen, daß einer seiner Zunft anwesend war. Und er würde – dessen war sich Sander sicher – keinen Groll gegen ihn hegen, weil er seine Werkzeuge benutzen wollte. Denn Sander würde es respektvoll tun und in der Absicht, möglicherweise allen Menschen damit zu nutzen.
    Sander verstaute die beiden Hämmer bei seinem übrigen Werkzeug. Er würde nicht weitersuchen. Der Schmied sollte alles andere als Totengabe behalten. Nur die Hämmer, die konnte er sehr gut gebrauchen, denn er besaß keine eigenen.
    Er hatte genug von diesem namenlosen Dorf, in dem der Tod umging und die Seelen vielleicht noch an ihre Körper gebunden waren. Rhin spürte den Entschluß und begrüßte ihn mit einem zustimmenden Bellen. Aber Sander hatte nicht im Sinn, die Meeresküste zu verlassen – falls es sich um das Meer handelte. Ohne links und rechts zu schauen, lief er, so rasch er konnte, an den brennenden Häusern vorbei und erreichte den weichen Sand der Küste.
    Um sicher zu sein, näherte er sich dem Wasser, wo die kleinen Wellen im Sand verliefen, und tauchte einen Finger ein. Salz!
    Ja, er hatte das Meer gefunden.
    Aber er suchte nicht nur das Meer. Entlang der Küste sollte es einst viele große Städte gegeben haben. Und in diesen Städten verborgen lagen die Geheimnisse, auf die es ihm ankam und die sein
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