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Herrscher über den Abgrund

Herrscher über den Abgrund

Titel: Herrscher über den Abgrund
Autoren: Andre Norton
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zu dem nunmehr weitentfernten Dorf zu werfen. Vielleicht war der sonderbare Besucher wieder dorthin zurückgekehrt, da er ja offenbar die Plünderer suchte. Wie, hat der Fremde gesagt, hieß das Dorf? Padford. Sander sprach es laut nach – ein sonderbarer Name, so fremd wie der Akzent des anderen gewesen war.
    Sander wußte wenig von dem Land, das jenseits der Gebiete der Horde lag. Aus den Berichten der Händler war ihm zwar bekannt, daß es Dörfer gab, doch hatten die Herdenvölker im Westland nie eines mit eigenen Augen gesehen. Jetzt wünschte er, er hätte die Toten näher untersucht. Es schien ihm, wenn er sich das Aussehen der Leichen ins Gedächtnis rief, daß sie eine ungewöhnlich dunkle Hautfarbe gehabt hatten – dunkler noch als er –, und daß sie alle schwarzes Haar gehabt hatten. Unter seinen Leuten war es normal, daß die Haarfarbe von rötlichblond bis dunkelbraun variierte.
    Die Weisen sprachen oft von sonderbaren Dingen, auch daß vor der Finsteren Zeit nicht alle Leute von derselben Art waren. Die Geschichten enthielten noch andere, völlig unwahrscheinlich klingende Behauptungen: die Menschen sollten wie die Vögel geflogen sein; und sie reisten mit Booten über die Meere, die sich unter der Wasseroberfläche fortbewegten. Man konnte also nicht unbedingt alles glauben, was sie als alte Überlieferung ausgaben.
    Völlig überraschend blieb Rhin stehen und riß Sander aus seinen Gedanken. Der Kojote schüttelte sich: er wollte frei und reiterlos sein, um einer Gefahr zu begegnen. Sander glitt aus dem Sattel, als Rhin herumfuhr, die Fangzähne entblößte und anfing zu knurren.
    Sander zog den Pfeilwerfer hervor, vergewisserte sich, daß ein Pfeil bereit auf der gespannten Saite lag, und blickte sich um: hier gab es keine Felsen, die sie schützen konnten – sie waren im offenen Land überrascht worden.
    Deutlich konnte man zwei Gestalten erkennen, die sich in einem merkwürdigen Auf und Ab bewegten. Um mithalten zu können, mußte Rhin seine ganze Kraft aufbieten. Eine Gestalt auf zwei Beinen folgte ihnen; sie schien, einem Jäger gleich, die Tiere anzutreiben.
    Nie allerdings hatte man in der Horde ähnliche Jagdhunde gesehen. Sander ließ sich auf ein Knie nieder und legte den Pfeilwerfer an. Sein Herz hämmerte. Diese Tiere, was immer sie auch sein mochten, waren jedenfalls schnell und wendig, drehten sich, wirbelten durcheinander, aber näherten sich mehr und mehr. Einen Pfeil auf sie abzuschießen, war beinahe unmöglich.
    „Aeeeheee!“ Der Schrei tönte durchdringend wie das Kreischen eines Seevogels, und die zweibeinige Gestalt warf die Arme in die Luft, als wollte sie die Tiere antreiben. Auf diese Gestalt mußte er zielen, entschied Sander.
    „Aeeeheee!“
    Das Tier, das Sander am nächsten war, blieb regungslos stehen und setzte sich auf die Hinterbeine. Einen Augenblick später erstarrte das zweite Tier ebenso und beäugte den Schmied. Doch Sander lockerte den Griff an der Waffe nicht. Die Entfernung, so schätzte er, war immer noch ein wenig zu groß, um einen sicheren Schuß anzubringen. Rhin knurrte. Er stand bereit, einem Angriff zu begegnen. Es hatte den Anschein, daß er die Tiere als gefährliche Gegner einschätzte.
    Der Begleiter der beiden Tiere hatte sie inzwischen eingeholt, und gemeinsam kamen sie auf Sander und Rhin zu. Sie liefen nicht mehr. Sander stand auf und hielt die Waffe schußbereit.
    Er starrte auf die sonderbare Erscheinung: der Fremde war eindeutig eine Frau. Wie die Dorfbewohner hatte sie sehr dunkle Haut, und als einziges Kleidungsstück trug sie ein Stück scharlachroten Stoffs, das sie um sich geschlungen hatte und das ihr von der Achsel bis zum Knie reichte. Um den Hals trug sie eine schwere, handgearbeitete Goldkette, an der ein herrlich mit Edelsteinen verzierter Anhänger befestigt war. Ihr dunkles Haar war gekämmt und auf irgendeine Weise steif gemacht, so daß es vom Kopf abstand. Auf der Stirn trug sie ein tätowiertes Zeichen, das dem Sanders auffallend glich. Nur zeigte seines das stolze Zeichen eines Schmiedehammers, während ihres aus einem Gewirr von Linien bestand, die er nicht deuten konnte.
    Ihre Stiefel reichten fast bis zu den Knien, waren aber nicht so kunstvoll gearbeitet, wie er es von seinem Stamm kannte. An einem aus Silber- und Golddraht geflochtenen Gürtel hingen verschiedenfarbige kleine Stoffsäckchen. Sie schritt stolz auf ihn zu, als sei sie eine Persönlichkeit, der man Respekt zollen mußte wie einer Sippenmutter, und
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