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Herrengedeck

Herrengedeck

Titel: Herrengedeck
Autoren: Philip Tamm
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Katja
muss spüren , dass es dir mit dieser anderen ernst ist. Sie muss die Gefahr wittern. Nur dann zwingen sie ihre Instinkte, zu dir zurückzukehren. Verstehst du?«
    Ich starre Andy erstaunt an. Natürlich! Warum bin ich nicht längst selbst draufgekommen? Der Plan ist einfach, praktisch, und vor allem ist er realistisch. Weil Andy Recht hat. Man muss die Natur der Dinge berücksichtigen. Also eben auch die Natur der Frauen.
    »Andy«, sage ich feierlich. »Das ist das erste Mal seit Langem, dass du etwas wirklich Vernünftiges sagst.«
    »Du bist also einverstanden?«
    »Hundertprozentig.«
    »Sehr gut«, sagt Andy zufrieden. »Dann lass uns loslegen.«
     
    23:24 Uhr: Drei Stunden später ist die Flasche Gorbatschow leer und ich voll. Ich stehe mit Andy und Bernd in einer Kölner Edeldisco, um eine Frau zu erobern, mit der ich Katja zurückerobere. Genug Auswahl ist zum Glück da. Auf der Tanzfläche winden und schlängeln sich jede Menge Klassefrauen rhythmisch zur Musik und werden dabei von roten, blauen und grünen Disco-Spots angestrahlt.
    Schade nur, dass die Konkurrenz auch da ist. Außer den hochgetunten Spitzenfrauen tanzen da genauso viele Typen, und die meisten von ihnen haben Gesichter wie aus der Gilette-Werbung, Frisuren wie fürs Cover von Men’s Health und Körper, mit denen sie ohne Probleme als Doubles von Hugh Jackman arbeiten könnten.
    Da kann ich leider nicht mithalten, denn meine Frisur reicht gerade mal fürs Cover der Kölner Obdachlosenzeitung, mein T-Shirt spannt nicht am Bizeps, sondern am Bauch,
und ich könnte vielleicht als Körperdouble von Dirk Bach arbeiten. Na gut, das ist jetzt übertrieben. Bin etwas größer als er.
    Ich merke, dass ich noch nicht genug auf Touren bin, um das Projekt Frau in Angriff zu nehmen. Ist ja auch kein Wunder. Ich war acht Jahre nicht im Rennen. Meine Flirt-Antennen sind total eingerostet. Ziehe mich darum an die Bar zurück, um den Rost mit ein paar weiteren doppelten Wodkas abzuschmirgeln.
     
    00:25 Uhr: Grrrr! Fühle mich wie der Puschkin-Bär, auch wenn ich nicht mehr gerade stehen kann! Egal. Bin bereit, den Dancefloor zu stürmen. Will gerade loslegen, als Andy sich von hinten an mich heranschiebt. »Was ist los, Stefan? Hast du schon vergessen, warum wir hier sind? Also mach schon, geh raus da! Sprich sie an, die Frau, die dein Leben wieder in Ordnung bringt. Schließlich hast du keine Zeit zu verlieren!«
    »Musste mich erst warm machen, Andy.«
    »Mann, Alter, das kannst du tun, wenn eine neben dir im Bett liegt und Ja, ich will es auch sagt.«
    »Bin halt nicht mehr in Übung.«
    »Kein Problem. Ich helfe dir.«
    Mit diesen Worten schubst er mich zu zwei dauergewellten, bunt bepinselten und an Nase, Ohren und wer weiß wo sonst noch gepiercten Prosecco-Drosseln, die am Rand der Tanzfläche stehen. Ich versuche zwar, etwas abzubremsen, kann aber nicht verhindern, voll in die beiden Püppis reinzuschlittern. Die Drinks, mit denen sie gerade anstoßen wollten, landen zu einem nicht unwesentlichen Teil auf dem
Fußboden und zu einem etwas kleineren Teil auf ihren Klamotten.
    »Ey, kannst du nicht aufpassen?!«, keift mich die Blonde an.
    »Idiot! Jetzt ist mein ganzes Kleid versaut. Das darf doch wohl nicht wahr sein! Verdammte Kacke!«, motzt die andere, die dunkelhaarig ist und in ihren Lippen mehr Silikon hat, als man zum Abdichten eines Panoramafensters von Velux bräuchte.
    Wie hat Andy das nur ahnen können? Ich bin nämlich verliebt! Weiß nur noch nicht, in welche von den beiden. Hauptsache, ich biege schnellstmöglich die schräge Stimmung wieder gerade. Muss irgendetwas Nettes sagen. Weiß leider nur nicht, was. Lächele erst einmal, was mir nach dem ganzen Wodka leider nur so gut gelingt wie einem zahnlosen russischen Spätaussiedler, der in der Fußgängerzone Ukulele spielt und von der Taiga träumt. Aber schließlich fällt mir doch etwas ein: »Na, seid ihr auch hier?«
    Die beiden Piercing-Tussis sehen mich kopfschüttelnd an. »Mann, ist der gestört«, sagt die eine.
    »Komm, lass uns abhauen«, sagt die andere.
    Sie wollen gerade in Richtung Tanzfläche verschwinden, als Andy zu uns stößt. Er legt seine Arme um die beiden Frauen und ertränkt unseren kleinen Zwist mit einer Riesenwoge aus guter Laune. »Ladys, nicht so eilig. Mein kleiner, ungeschickter Freund hier hat eure Drinks verschüttet? Kein Problem. Ich habe gerade an der Bar eine Flasche Champagner für uns geordert. Und den werdet ihr doch nicht ausschlagen,
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