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Herrengedeck

Herrengedeck

Titel: Herrengedeck
Autoren: Philip Tamm
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ich mich wie der berühmte Idiot, der vergessen hat, den Schein abzugeben.
    Klar hatte auch unsere Beziehung ein paar Macken. Katja zum Beispiel hat die üble Angewohnheit, mir wegen allem Möglichen Vorschriften zu machen. Und ich war bestimmt auch nicht gerade Mr. Perfect. Weil ich nun einmal gerne esse und mich weniger gerne bewege und insgesamt vielleicht nicht gerade vor Tatendrang berste. Aber das wussten wir
doch alles von Anfang an. Und es hat uns nie wirklich gestört. Im Gegenteil, ich würde viel dafür geben, mich baldmöglichst wieder über ihre Fehler ärgern zu dürfen. Ich will sie zurück, mit allen guten und auch mit allen schlechten Seiten. Ich bin mir ganz sicher, dass das auch klappen wird. Schließlich hat sie noch eine Menge Dinge hier in der Wohnung gelassen. Ihre Möbel, einen Teil ihrer Klamotten, und sogar Anton, ihren Kuschelhasen. Das ist doch ein Signal, dass sie mich noch nicht total aufgegeben hat!
     
    15:16 Uhr: Ich stelle mich unter die Dusche - und zwar nicht für fünf Minuten, die mir Katja immer zugebilligt hat, sondern für eine halbe Stunde (»Eines Tages wird Wasser kostbarer als Öl sein.« »Dann kann ich mich ja gleich mit Öl duschen.« »Ist nicht witzig.« »Aber bestimmt gut für die Haut.«). Am Ende sogar kalt. Und dann doch lieber wieder warm.
    Also gut, die halbe Stunde hat vierzig Minuten, aber warum auch nicht? Es ist fast vier Uhr am Nachmittag, als ich schließlich im Morgenmantel in der Küche stehe und auf den Knopf unserer Nespresso -Maschine drücke, um mir einen schönen starken Kaffee zu kochen. Dazu schiebe ich mir drei oder vier dick bestrichene Nutellabrote rein. Was für die Fußballnationalmannschaft gut ist, kann für mich nicht verkehrt sein.
     
    16:08 Uhr: Muss an das denken, was Andy mir gestern erzählt hat. Die Methode, mit der ich Katja zurückerobere. Das Problem ist, dass ich Katja erst einmal gar nicht wiedersehen werde, um sie mit einer neuen Frau rasend zu machen. Weil sie uns eine totale Funkstille verordnet hat. Wir werden uns
frühestens in vier Wochen wiedersehen, auf der Hochzeit von Simon und Simone. Die beiden sind alte Freunde von uns, und dass Katja ausgerechnet diesen Termin als Gelegenheit zum Zusammentreffen bestimmt hat, bedeutet nur, dass sie die beiden nicht enttäuschen will.
    Andererseits heißt das ja für mich, dass ich vier Wochen Zeit habe, um den Plan in die Wirklichkeit umzusetzen. Vier Wochen. Das sind achtundzwanzig Tage oder … mal nachrechnen … sechshundertzweiundsiebzig Stunden. Das sollte doch genügen, um eine Frau zu finden, in die ich mich verlieben kann und die sich in mich verliebt.
     
    16:17 Uhr: Ich stelle es mir großartig vor. Ein Triumphzug. Ich komme auf die Hochzeit von Simon und Simone, aber eben nicht alleine, sondern in Begleitung einer Frau. Und der werde ich dann vor den Augen aller Gäste die Hand auf den Hintern legen. Katja wird vor Schreck schockgefrieren und dann vor lauter glühender Eifersucht allmählich wieder auftauen. Sie wird einsehen, welchen Fehler sie begangen hat, als sie mich verlassen hat. Und dann wird sie mich heulend um Verzeihung bitten. Alles wird wieder gut! Guter Plan. Fantastischer Plan. Hätte wirklich glatt von mir selbst sein können.
     
    16:24 Uhr: Blättere das elektronische Nummernverzeichnis meines Handys durch. Mindestens die Hälfte der abgespeicherten Nummern gehören Frauen. Und selbst wenn ich die meiner Mutter, meiner Schwester, meiner Schwägerin, meiner Steuerberaterin und meiner Zahnärztin abziehe, bleiben immer noch genug Kandidatinnen übrig, bei denen ich mein Glück versuchen könnte.

    Obwohl, wieso eigentlich nicht bei meiner Zahnärztin? Sie ist gerade mal knackige Anfang dreißig, schlank, hübsch, und vor allem der lebendige Gegenbeweis für die These, dass Zahnärzte nicht mehr so viel verdienen wie früher.
    Oder wie wäre es mit Bettina, meiner guten alten Freundin Betty! Sie ist die Frau, mit der ich vor Suse zusammen war, die die Frau ist, mit der ich vor Katja zusammen war.
    Das Problem ist allerdings, dass Betty seit unserer Trennung nicht mehr mit mir redet. Kann ich sogar verstehen. Ihre Nachfolgerin, Suse, war ganz zufällig ihre beste Freundin.
    Allerdings konnte ich damals wirklich nichts dafür. Das Ganze ist jetzt fast zehn Jahre her. Suse und Betty wollten ein gemeinsames Wochenende in einem Luxushotel auf Sylt verbringen. Betty hatte das komplette Arrangement bei einem Preisausschreiben einer Frauenzeitschrift gewonnen.
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