Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Herr Lehmann: Herr Lehmann

Titel: Herr Lehmann: Herr Lehmann
Autoren: Sven Regner
Vom Netzwerk:
seine Wohnung mit billigem Fett ausraäucherten, dann doch unangenehm, klopfte es laut durch die Wand. Das ist die bläde Schnappe mit den Rastalocken, dachte er, und ihm wurde bewußt, was fär Mißverständnisse entstehen konnten, wenn ausgerechnet diese Frau mit anhäorte, wie er laut und ohne Unterlaß nach seiner Mutter schrie.
    Was willst du denn, Frank?" meldete sich ebendiese Mutter zuruäck.
    Mutter, du hast mich angerufen, hast du das vergessen? Ich stehe hier rum und hoäre euch bei euren Streitereien zu
    Das ist doch kein Streit, wie kommst du jetzt darauf, daß wir uns streiten, Streit ist ja nun wirklich was ganz ..."
    Denk an die Kosten" , ermahnte Herr Lehmann seine Mutter aufs neue.
    Ünd sag mir endlich, was du eigentlich willst, bitte" , erniedrigte er sich hinzuzufuägen, bitte Mutter, was willst du eigentlich?"
    Also, man kann seinen eigenen Sohn ja wohl auch mal ohne Grund . . . "
    „Ja, Mutter", unterbrach Herr Lehmann beschwichtigend, „ja, naturlich." . . . da braucht man ja wohl wirklich keine Rechenschaft abzulegen, wenn man den eigenen Sohn . . . "
    „Ja, Mutter! Ist schon gut", bemuhte sich Herr Lehmann eine Situation zu entspannen, von der er wußte, daß sie unendlich weit eskalieren konnte, hier war alles moglich, bis hin zu Tränen. Wir kommen nach Berlin!"
    Darauf war Herr Lehmann nicht vorbereitet, das war ein harter Schlag. So hart, daß Herr Lehmann schwieg. Sie kommen nach Berlin, sie kommen nach Berlin, dachte er und konnte es sich einfach nicht vorstellen. Frank, bist du noch da?" Ja, Mutter. Wieso kommt ihr nach Berlin?"
    „Aber Junge, das wollten wir doch immer schon mal."
    „Davon", sagte Herr Lehmann gereizt, „habe ich noch nichts gemerkt. In den ganzen Jahren, in denen ich jetzt hier wohne, habe ich davon noch nichts gemerkt, Mutter, daß ihr nach Berlin kommen wollt."
    „Aber sicher doch, da war doch oft die Rede von."
    „Nein, Mutter", sagte Herr Lehmann, „davon war nie die Rede. Es war immer die Rede davon gewesen, daß ihr nicht nach Berlin kommen wollt, weil euch das mit der DDR nicht geheuer ist und mit durch den Ostblock fahren und so, und daß ihr euch nicht von den Vopos demuätigen lassen wollt und der ganze Quatsch."
    Aber Frank, wirklich, das ist doch heute alles gar nicht mehr so schlimm, nun stell dich mal nicht so an."
    Ich? Wieso ich? Was heißt denn jetzt, ich soll mich nicht so anstellen?" Das sind doch ganz olle Kamellen, das ist doch schon lange nicht mehr so schlimm heute, da gibt es doch Vertrage und so."
    Das habe ich immer gesagt, ihr habt aber gesagt . . . " Jetzt stell dich doch nicht so an wegen ein paar Polizisten wir haben ja nun wirklich nichts verbrochen, da brauchen wir gar nichts zu befurchten."
    „Ich stelle mich nicht an."
    „Das klang mir aber eben noch ganz anders."
    Das bringt jetzt nichts, dachte Herr Lehmann resigniert. Man kommt nicht dagegen an.
    Wann kommt ihr denn?" wechselte er das Thema.
    Das ist eine ganz tolle Sache", sagte seine Mutter. Das ist alles inklusive, Busfahrt, Hotel und ein Theaterbesuch."
    Ja, aber wann kommt ihr denn?"
    „Das ist ein Theater am Kurfärstendamm, da soll der Ilja Richter mitspielen, das heißt, das heißt . . . Ernst, wie heißt das noch mal, was die da spielen? ... Na, in dem Theater! ... Natärlich, mit dem Ilja Richter ... Was? . . . Nein, der doch nicht . . . Bist du sicher?" „MUTTER!"
    „Harald Juhnke, das ist mit Harald Juhnke, sagt dein Vater", sagte Herrn Lehmanns Mutter.
    Mutter, wann? Wann kommt ihr denn nun, verdammt noch mal?!"
    Ach so, das ist noch ein bißchen hin, das ist Ende Oktober erst, wann ist das noch mal, Ernst?"
    Ende Oktober", entfuhr es Herrn Lehmann heftiger als er wollte. Ende Oktober, verdammte Scheiße, das ist ja noch sechs Wochen hin oder laänger oder was ..." Er war sich uber das heutige Datum nicht ganz sicher, es war nur irgendwie Anfang September, soviel war klar. Ihr kommt Ende Oktober, und da rufst du mich heute schon deswegen an. " Aber eigentlich ist es falsch, hier zu protestieren, dachte er gleichzeitig, das ist ungerecht, es ist nur fair, wenn man lange vorher gewarnt wird, so etwas will vorbereitet sein.
    Aber freust du dich denn gar nicht? Und was soll das heißen, mit solchen Wäortern zu kommen, wenn die . . . ", ab diesem Moment wurde die Stimme von Herrn Lehmanns Mutter bruchig, und er wußte, daß jetzt alle Damme brechen wurden, „.. .eigenen Eltern zu Besuch kommen, und das nach all den Jahren, wo du schon da wohnst, und ich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher