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Herr des Lichts

Herr des Lichts

Titel: Herr des Lichts
Autoren: Roger Zelazny
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Weinkeller und die ganze Vorratskammer hat er geleert. Eines Nachts spielte er dann auf seinem Dudelsack, und selbst der alte Krischna hätte ihm darüber nahezu alles vergeben. Aber wahre Magie war es doch nicht, die wir in jener Nacht erlebt haben, denn es gibt nur einen Krischna - dunkelhäutig und behaart, mit roten, funkelnden Augen. Der Gott im Palast tanzte auf den Tischen, gebärdete sich wie wild, und seine musikalische Begleitung war mangelhaft.«
    »Ich hoffe, er hat für diese blutige Orgie mit mehr bezahlt als nur einem Lied?«
    Sie lachte. »Laß gut sein, Yama. Es sollen keine rhetorischen Fragen zwischen uns stehen.«
    Er schnaubte Rauch.
    »Surya, die Sonne, ist fast schon besiegt von den Wolken«, sagte Ratri, die nach draußen, zum Himmel empor starrte, »und Indra tötet den Drachen. Jeden Augenblick kann der Regen einsetzen.«
    Ein grauer Wellenberg aus Wolken schlug über dem Kloster zusammen. Die Brise wurde stärker, und auf den Mauern begann der Tanz des Wassers. Wie ein perlenverzierter Vorhang fiel der Regen vor dem offenen Ende der Vorhalle herab, auf das sie blickten.
    Yama goß Tee nach. Ratri nahm noch ein Stück Konfekt.
     
    Tak durchquerte den Wald. Er schwang sich von Baum zu Baum, von Ast zu Ast, den Blick immer auf den Trampelpfad drunten gerichtet. Sein Fell war feucht, denn wenn er die Blätter streifte, überschütteten sie ihn mit kleinen Schauern von Tropfen. In der Richtung, aus der er kam, türmten sich die Wolken, aber noch schien die frühe Morgensonne vom Osthimmel und entlockte mit ihrem rotgoldenen Licht dem Wald ein reiches Farbenspiel. Über ihm sangen Vögel, versteckt in einem Gewirr von Zweigen, Ranken, Blättern und Buschgräsern, die beiderseits des Wegs dicht wie Mauern standen. Die Vögel machten ihre Musik, Insekten summten, und dann und wann war ein Knurren oder auch ein Bellen zu hören. Der Wind fuhr durch das Laubwerk. Der Pfad bog jetzt scharf zur Seite ab und öffnete sich auf eine Lichtung. Tak ließ sich auf den Erdboden fallen und bewegte sich auf allen vieren weiter. Als er die Rodung hinter sich gelassen hatte, schwang er sich wieder hinauf in die Bäume. Der Pfad kroch nun parallel zu den Bergen dahin, im rechten Winkel, ja sogar etwas rückläufig zu seiner bisherigen Richtung. Tak bemerkte es. In der Ferne grollte Donner, und wenig später kam aufs neue eine Brise auf, kühle Luft mit sich führend. Tak ließ sich nicht aufhalten, zerriß perlenbesetzte Spinnweben und schreckte Vögel auf, daß sie als schrillende Gefiederböen davonschossen. Der Pfad hielt sich weiter an den Zug der Berge, steuerte in einem großen Bogen auf sein eignes Anfangsstück zurück. Gelegentlich kreuzten ihn andere, mit Mühe in den Wald hineingehauene gelbe Pfade. An jeder solchen Kreuzung kam Tak aus seiner luftigen Höhe herunter und untersuchte den Boden nach Spuren. Ja, hier hatte Sam die Richtung gewechselt; an diesem Tümpel hatte Sam sich niedergehockt, um zu trinken - dort, wo die orangefarbenen Ständerpilze mehr als mannhoch waren, höher als ein hochgewachsener Mensch und ausladend genug, um mehrere vor dem Regen zu schützen; an dieser Stelle hatte Sam diese Abzweigung vom Pfad genommen; hier wieder hatte er angehalten, um sein Sandalenband festzuziehen; dort hatte er sich an einen Baum gelehnt, der den Anzeichen nach eine Dryade beherbergte.
    Tak brach wieder auf, seiner Schätzung nach etwa eine halbe Stunde hinter seinem Wild zurückhängend - damit Sam ausreichend Zeit blieb, dahin zu gehen, wohin er wollte, und das zu tun, wozu er Lust hatte. Das Wärmegewitter schob eine Lichtaureole auf die Berge, auf die es nun frontal zuging. Wieder grollte der Donner. Der Pfad führte die Vorberge hinauf, der Wald lichtete sich, und Tak huschte auf allen vieren durch hohe Gräser. Immer weiter aufwärts schlängelte sich die Spur. Felsausläufer prägten die Landschaft. Doch Sam hatte diesen Weg genommen, also folgte ihm auch Tak.
    Die Wolken, die sich unaufhaltsam ostwärts schoben, verdeckten auftürmend nun die blütenstaubfarbene Brücke der Götter. Blitze zuckten, und die Donnerschläge ließen nicht auf sich warten. Der Wind blies hier, wo das Gelände offen lag, heftiger; die Gräser duckten sich unter seinem Druck; die Temperatur schien plötzlich abzusinken.
    Tak spürte die ersten Regentropfen auf seinem Fell und hüpfte schutzsuchend zu einer der Felsgruppen. Leicht gegen den einfallenden Regen geneigt, hatte sie die Form einer niedrigen Hecke. Tak
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