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Herr des Lichts

Herr des Lichts

Titel: Herr des Lichts
Autoren: Roger Zelazny
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nichts«, und er hörte den Buddha wieder antworten: »Heilige sieben.«
    Dieses Mal war es, als müßte der Berg selbst unter ihm aufklaffen. War das grelle Licht ein Nachbild, eine Tätowierung auf seiner Netzhaut - durch die geschlossenen Lider hindurch? Er täuschte sich.
    Als er seine Augen öffnete, erhob sich vor ihm ein ganzer Wald vibrierender Blitzpfeile. Ihre Glut brannte sich in sein Hirn ein, und er beschattete die Augen, um mehr von dem zu erkennen, was in der Grotte vor sich ging.
    »Nun, Raltariki?« fragte Sam, und ein helles, smaragdgrünes Licht spielte um seine linke Hand.
    »Noch einmal, Siddhartha! Doppelt oder nichts.«
    Der Regen ließ für einen Moment nach, und in dem gleißenden Licht, das die Blitzschäfte auf den Hang warfen, sah Tak, daß der, den Sam als Raltariki angesprochen hatte, den Kopf eines Wasserbüffels und dazu ein zweites Armpaar besaß.
    Es fröstelte ihn.
    Er bedeckte Augen und Ohren, biß die Zähne zusammen und wartete.
    Nach einer Weile geschah es. Es dröhnte und blitzte und wollte nicht aufhören, bis Tak endlich die Besinnung verlor.
    Als er wieder zu sich kam, war es dämmrig, und Nieselregen fiel. Von den Säulen war nichts mehr zu sehen. Am Fuß der Felsnadel saß nur noch eine einzige Gestalt, und diese Gestalt schien weder Hörner noch mehr als die üblichen zwei Arme zu besitzen.
    Tak rührte sich nicht von der Stelle. Er wartete.
    »Dies«, sagte Yama und reichte ihm ein Aerosol, »wehrt die Dämonen ab. Wenn dich dein Weg in Zukunft noch einmal so weit ab vom Kloster führt, vergiß nicht, dich damit von Kopf bis Fuß einzusprühen. Ich hatte bisher angenommen, diese Gegend sei frei von den Rakascha, sonst hätte ich dir das Mittel schon eher gegeben.«
    Tak nahm den Behälter und setzte ihn auf dem Tisch vor sich ab.
    Sie befanden sich in Yamas Gemächern und hatten gerade ein leichtes Mal zu sich genommen. Yama saß in seinem Sessel zurückgelehnt, in der linken Hand ein Glas von dem Wein des Buddha, in der rechten eine halbvolle Karaffe.
    »Dann ist der, der Raltariki heißt, wirklich ein Dämon?« fragte Tak.
    »Ja - und nein«, sagte Yama. »Wenn du mit >Dämon< ein bösartiges, übernatürliches Wesen meinst, das über große Kräfte verfügt, eine gewaltige Lebensspanne hat und in der Lage ist, zeitweise praktisch jede Gestalt anzunehmen - dann ist die Antwort nein.
    So lautet zwar die allgemein geläufige Definition, aber sie ist in gewisser Hinsicht falsch.«
    »Oh? Und in welcher Hinsicht?«
    »Ein Dämon ist kein übernatürliches Wesen.«
    »Aber all die anderen Eigenschaften, die du aufgezählt hast, stimmen?«
    »Ja.«
    »Dann verstehe ich nicht, welchen Unterschied es macht, ob ein Dämon übernatürlich ist oder nicht - solange er bösartig ist, solange er große Kräfte und ein langes Leben besitzt und solange er in der Lage ist, seine Gestalt nach Belieben zu wechseln.«
    »Es macht in der Tat einen großen Unterschied. Der Unterschied ist der zwischen dem nie Gekannten und dem nicht Erkennbaren, zwischen Wissenschaft und Phantastik, und das ist ein entscheidender Unterschied. Die vier Himmelsrichtungen des Kompaß’ sind Logik, Wissen, Weisheit und das Unbekannte. Manch einer wagt nicht, in diese vierte Richtung voranzuschreiten. Andere wieder tun es. Die, die es nicht wagen, starren gebannt auf das Unbekannte, unterwerfen sich ihm und verlieren Logik, Wissen und Weisheit aus dem Blick. Wer sich dem Unbekannten unterwirft nun gut. Wer sich aber dem nicht Erkennbaren unterwirft, der ist entweder ein Heiliger oder ein Narr. Für beide habe ich nichts übrig.«
    Tak zuckte die Achseln und trank von seinem Wein. »Aber was die Dämonen betrifft.?«
    »Erkennbar. Ich habe viele Jahre lang Experimente mit ihnen durchgeführt und war auch einer der Vier - wenn du dich erinnerst -, die in den Höllenschacht hinabgestiegen sind, damals, nachdem Taraka in Palamaidsu vor Agni die Flucht ergriffen hatte. Bist du nicht Tak, der Archivar?«
    »Ich war es.«
    »Dann hast du vielleicht gelesen, was die frühesten Oberlieferungen von der Kontaktaufnahme mit den Rakascha berichten?«
    »Ich kenne die Berichte aus den Tagen ihrer Gefangennahme.
    «
    »Dann weißt du auch, daß sie die Eingeborenen dieser Welt sind und daß sie schon hier lebten, als der Mensch nach dem Untergang Uraths hergezogen kam.«
    »Ja.«
    »Sie sind jetzt Energiewesen, keine Materiewesen. Aus ihren eigenen Überlieferungen geht aber hervor, daß sie einmal Körper besaßen und in
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