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Herr des Lichts

Herr des Lichts

Titel: Herr des Lichts
Autoren: Roger Zelazny
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drückte sich an das Gestein und rückte auf diese Weise noch ein Stück weiter, während der Himmel seine Schleusen öffnete und alle Farbe der Welt in seinen Regenfluten davonspülte. Auch der Himmel verlor sein letztes Blau.
    Das Gebirge war in ein Meer aus wirbelndem Licht getaucht, und dreimal schossen in wildem Lauf Strahlen aus diesem Lichtmeer. Sie zielten auf einen Steindorn, der eine Viertelmeile weiter den Hang hinauf schwarz in den Wind stach.
    Als es sich in Taks Blickfeld klärte, sah er etwas Unbegreifliches. Es war, als ob jeder der drei Blitzstrahlen, die niedergefahren waren, ein Stück von sich zurückgelassen hätte; ein Stück, das nun schwankend in die graue Luft ragte und trotz des Regens feurig pulsierte.
    Dann hörte Tak das Gelächter - oder war es ein Nachhall des letzten Donnergrollens in seinen Ohren?
    Nein, es war Gelächter - gigantisch, übermenschlich!
    Eine Weile, und es kam ein Wutgeheul. Dann folgte ein Blitz und nach ihm wieder Donner.
    Neben dem Steinzahn schwankte ein neuer Feuerschlot.
    Tak lag etwa fünf Minuten still. Dann wiederholte sich alles das Geheul, gefolgt von drei grellen Blitzen und einem Dröhnen.
    Nun waren es insgesamt schon sieben Feuersäulen.
    Konnte er es wagen, näher heranzugehen? Einen Bogen um diese Dinger zu schlagen und von der entgegengesetzten Seite einen Blick auf die Felsspitze zu werfen.
    Aber wenn er das Wagnis auf sich nahm und wenn - wie er es im Gefühl hatte - Sam in irgendeiner Weise in die Vorgänge verwickelt war, wie konnte er schon helfen, falls der Erleuchtete selbst die Situation nicht zu meistern vermochte?
    Er wußte keine Antwort darauf - bewegte sich aber vorwärts, kroch durch das tropfnasse Gras und wich weit nach links aus.
    Den halben Weg hatte er zurückgelegt, als der Himmel erneut mit Blitz und Donner drohte. Als es vorbei war, türmten sich vor ihm, rot, golden und gelb, zehn Säulen in die Höhe. Sie pendelten und bebten, als ob sie mit ihren Schäften im Boden steckten.
    Er kauerte naß und zitternd im Gras, prüfte seinen Mut und entdeckte, daß er wahrhaftig nicht groß war. Aber er schob sich doch weiter, bis er auf gleicher Höhe war mit den seltsamen Feuerstrahlen und bis er sie schließlich wieder hinter sich gelassen hatte.
    Er erreichte Felsgelände und richtete sich inmitten einer Formation großer Steinblöcke auf, froh über den Schutz und dankbar für die Deckung, die sie gegen Beobachtung von der jetzt unterhalb liegenden Felsnadel bot. Ohne seinen Blick nur einen Moment von dieser Nadel zu lassen, schlich er näher an sie heran.
    Er konnte jetzt erkennen, daß sie teilweise hohl war. Eine trockene, nicht sehr tiefe Grotte wölbte sich in das Gestein hinein. Zwei Gestalten knieten in dieser Höhlung. Heilige Männer beim Gebet? Er konnte es nicht sagen.
    Dann geschah es. Entsetzliche Blitze, wie er sie noch nie in dieser Gewalt gesehen hatte, gingen auf die Felsen nieder; nicht in einem einmaligen, kurzen Zucken, es war vielmehr, als ob eine fünfzüngige Bestie immer und immer wieder, vielleicht eine Viertelminute lang, unter bösartigem Knurren über den Stein leckte.
    Als Tak die Augen wieder öffnete, zählte er zwanzig Flammentürme.
    Einer der beiden heiligen Männer beugte sich gestikulierend vor. Der zweite lachte. Der Klang dieses Lachens wehte bis zu Tak herüber und auch die Worte: »Augen der Schlange! Jetzt mein!«
    »Wie groß ist ihre Zahl?« fragte der andere, und Tak erkannte die Stimme als die Sams, des Groß-Beseelten.
    »Doppelt oder nichts!« brüllte sein Begleiter, beugte sich vor und richtete sich wieder auf, dabei die gleichen Gesten vollführend wie Sam vor ihm.
    »Nina aus Srinagina«, sang er, und wieder beugte er sich vor, wieder richtete er sich auf. Bedeutungsvoll bewegte er die Arme.
    »Heilige sieben«, sagte Sam ruhig.
    Der Begleiter heulte auf.
    Tak schloß die Augen und hielt sich die Ohren zu, denn er wußte, was auf dieses Geheul folgen würde.
    Und er irrte sich nicht.
    Als Blitz und Donner ihren Auftritt beendet hatten, blickte Tak auf einen unheimlich erleuchteten Platz hinab. Er machte sich nicht die Mühe nachzuzählen. Es war offensichtlich, daß jetzt vierzig Feuerzungen auf dem Hang standen und mit schrecklichem Glanz glühten: ihre Zahl hatte sich verdoppelt.
    Das Ritual dauerte an. Der eiserne Ring an der Hand des Buddha fluoreszierte in einem fahlen, grünlichen Licht, das aus dem Innern des Metalls zu kommen schien.
    Er hörte wieder die Worte: »Doppelt oder
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