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Herbstfrost

Herbstfrost

Titel: Herbstfrost
Autoren: Georg Gracher
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angemessenem Abstand, versteht sich.«
    ***
    Vogt machte eine Pause. Sarah Feldbach fröstelte. Sie musste
sich kräftig räuspern, ehe sie ein Wort herausbrachte. »Ich werde mich auch bei
Herrn Gruber bedanken.«
    »Das wird ihn sicher freuen«, sagte Vogt lächelnd. »Er bekommt
selten Besuch.«
    Zögernd, als würde er nach Worten suchen, fuhr er fort: »Jacobi und
seine engsten Mitarbeiter ermitteln in diesem Fall noch immer – äußerst
diskret, versteht sich. Warum, können Sie sich wahrscheinlich denken. Die
Medien kennen bis dato nur einen Bruchteil der Wahrheit. Offiziell hält man Dr.
Cermak, den ›Rohypnol-Killer‹, für den Hauptverantwortlichen. Damit das bis auf
Weiteres auch so bleibt, möchte ich Sie bitten, alles, was ich Ihnen jetzt
erzählt habe, vertraulich zu behandeln. Und zwar so lange, wie es Hauptmann
Jacobi geraten erscheint. Versprechen Sie mir das?«
    »Ich verspreche es.« Ihrem Lebensretter konnte sie einen solchen
Wunsch wohl kaum abschlagen.
    »Danke. Jacobi ist übrigens schon auf dem Weg zu unserem Hotel.«
    »Apropos ›Grüner Baum‹: Ich habe Sie noch nie dort gesehen. Ich
meine: Sie wären mir doch sicher aufgefallen.«
    »Danke für die Herbstblumen!«
    Sie musste grinsen. »Sie haben wahrscheinlich in einem der anderen
Häuser Ihr Zimmer?«
    »Nein, es grenzt direkt an Ihre Suite, hab ich das noch nicht
erwähnt?« Vogt musste schreien, um sich verständlich zu machen, da der Helikopter
mit einem Höllenlärm zur Landung ansetzte.
    ***
    Dem Arzt der Flugambulanz erklärte Sarah Feldbach, sie habe sich
vermutlich überanstrengt und einen leichten Schwächeanfall erlitten, es ginge
ihr aber schon wieder viel besser. Einer den Kreislauf unterstützenden
Injektion entkam sie allerdings trotzdem nicht. Minuten nach dem Start wurden
sie und Vogt schon wieder auf einer Wiese hinter dem »Grünen Baum« abgesetzt.
    Jacobi wartete im Foyer auf sie. Er muss wie ein Irrer gefahren
sein, dachte Sarah Feldbach. Na ja, er sieht ohnehin so aus, als hätte er den
Führerschein in der Lotterie gewonnen. Seine melancholischen Hundeaugen lugten
penetrant naiv aus dem sie umgebenden Faltennetz. Bei näherer Betrachtung war
da jedoch die unleugbare Ähnlichkeit mit Albert Einstein, die den ersten
Eindruck einer Dumpfbacke Lügen strafte.
    »Guten Tag, Frau Feldbach. Hallo, Bernd! Ich nehme an, Sie beide
wollen sich ein wenig frisch machen? Treffen wir uns in etwa einer halben
Stunde? Wär Ihnen das recht?«
    Auch die sonore Stimme passte nicht zu dem einfältigen
Gesichtsausdruck des Mannes. Wie schnell erlag man doch der Verlockung, von der
Physiognomie eines Menschen auf seinen Geisteszustand zu schließen. Sarah
Feldbach schüttelte kaum wahrnehmbar den Kopf.
    »Ach ja, noch was«, knüpfte Jacobi an. »Vor der Tür zu Ihrer Suite
steht ein junger Mann. Inspektor Wegener wird für Ihre Sicherheit
verantwortlich sein, solange Sie noch hier logieren.«
    »Was soll das heißen: Solange ich noch hier
logiere ? Ich hab eine weitere volle Woche gebucht.«
    Jacobi breitete die Arme aus. »Wir reden später drüber,
einverstanden?«
    »Einverstanden. Kommen Sie also beide in einer halben Stunde in
meine Suite.«

FÜNF
    »… und während wir auf den Hubschrauber warteten, hat
mir Dr. Vogt von diesem bestialischen Dr. Cermak erzählt. Das war’s
aber auch schon im Großen und Ganzen.«
    Die zwei Herren waren pünktlich gewesen und saßen jetzt in der
opulent ausgestatteten Hotelsuite einer erstaunlich gut erholten Sarah Feldbach
gegenüber. Sie sah frisch und ausgeruht aus, hatte rosige Wangen. Vielleicht
zwitschert sie ja hie und da einen, dachte Jacobi respektlos. Der gesunde Teint
und das bisschen Übergewicht standen ihr jedenfalls gut, genauso wie das
einfache beige Kostüm.
    Auf dem Glastisch vor ihnen stand ein Tablett mit Kanapees, daneben
eine Flasche Röderer.
    »Greifen Sie zu, meine Herren! Nur nicht so schüchtern! Ich hab mich
schon vorweg bedient. Am Gamskarlsee habe ich keinen Bissen runtergebracht,
aber vorhin hat mich plötzlich der Heißhunger befallen. Wollen Sie den netten
jungen Mann vor meiner Tür eigentlich nicht hereinbitten? Er steht doch eh
umsonst davor. Oder glauben Sie tatsächlich, diese Neonazis besäßen die
Frechheit, bis hierher vorzudringen?«
    Jacobi erhob sich, um seinen Assi hereinzuholen.
    »Hm, ich weiß nicht, ob man diese Kerle als Neonazis abtun sollte,
Frau Feldbach«, sagte Vogt zweifelnd. »Ihr Outfit weist sie zwar als solche
aus,
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