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Herbst - Beginn

Herbst - Beginn

Titel: Herbst - Beginn
Autoren: David Moody
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weiten, zahnlosen Mund – ich sah Blut darin. Die dicke, dunkelrote Flüssigkeit tropfte vor mir von seinem Kinn auf den Boden. Dann brach er vor meinen Füßen zusammen, und ich musste hilflos mit ansehen, wie sein Körper krampfhaft zuckte und zitterte.
    Ich drehte mich zu dem anderen Mann um, der ebenfalls auf dem Boden lag und verzweifelt mit den Armen und Beinen um sich schlug.
    So schnell ich konnte, rannte ich in den hinteren Teil des Ladens, um Mr. Rashid zu holen. Das Geschäft erstreckte sich unmittelbar in seine Wohnung. Als ich ihn und seine Frau fand, waren sie beide tot. Mrs. Rashid war in der Küche zusammengebrochen und lag neben einem umgekippten Stuhl. Der Wasserhahn war noch aufgedreht. Das Spülbecken war übergelaufen, das Wasser ergoss sich über die Unterschränke und sammelte sich zu einer großen Lache rund um die Füße der toten Frau. Mr. Rashid lag mitten auf dem Teppich im Wohnzimmer. Sein Gesicht war vor Schmerzen verzerrt. Er sah entsetzt aus.
    Ich lief zurück in den vorderen Teil des Ladens. Beide Männer, die ich nach Atem ringend zurückgelassen hatte, waren tot.
    Bestürzt ging ich nach draußen. Die Sonne schien unglaublich hell, sodass ich die Augen dagegen abschirmen musste. Überall waren Leichen – trotz des gleißenden Lichts waren die schwarzen Schemen auf dem Boden unverkennbar. Es schien, als ob hunderte Menschen gestorben wären. Ich schaute zu denen hinab, die mir am nächsten lagen. Was immer die Menschen im Laden getötet hatte, war auch den Menschen im Freien zum Verhängnis geworden. Sie waren allesamt erstickt. Jedes Gesicht, in das ich blickte, war leichenblass, jeder Mund blutverschmiert.
    Ich schaute nach vorn Ecke Marple Street und High Street. Drei Autos waren mitten auf der Kreuzung gegeneinander geprallt. Niemand bewegte sich. Es herrschte absolute Stille. Nur die Ampel folgte weiterhin ihrem vorgegebenen Muster und wechselte von Rot zu Gelb und schließlich zu Grün.
    Hunderte, vielleicht sogar tausende Leichen lagen rings um mich verstreut. Ich fühlte mich benommen, ich fror, und mir war übel, also ging ich nach Hause, indem ich mir zwischen den Leichen hindurch einen Weg bahnte, als wären sie bloß Abfall, der auf die Straße gekippt worden war. Ich gestattete mir einfach nicht, über die Ereignisse nachzudenken. Vermutlich war mir klar, dass ich ohnehin keine Antworten gefunden hätte. Ich wollte nicht wissen, was den Rest der Welt um mich herum getötet hatte. Ebenso wenig wollte ich wissen, weshalb ich als Einzige übrig geblieben war.
    Ich betrat die Wohnung und verriegelte die Tür hinter mir. Dann ging ich in mein Zimmer, zog die Vorhänge zu und legte mich wieder ins Bett. Dort lag ich eng zusammengerollt, bis es dunkel war.
    4
    Gegen elf Uhr an einem kalten, klaren und ansonsten gewöhnlichen Dienstagvormittag im September waren über fünfundneunzig Prozent der Bevölkerung tot.
    Stuart Jeffries war auf dem Heimweg von einer Konferenz gewesen, als es begann. Er hatte das Hotel an der schottischen Grenze beim ersten Tageslicht mit der Absicht verlassen, am Nachmittag zu Hause einzutreffen. Die nächsten drei Tage hatte er frei. Er freute sich darauf, faul auf dem Hintern zu sitzen und so lange wie möglich so wenig wie möglich zu tun.
    Da er praktisch die gesamte Länge des Landes zu durchfahren hatte, musste er zwangsläufig mehr als einmal anhalten, um den Wagen aufzutanken. Nachdem er mehrere Raststätten entlang der Autobahn passiert hatte, beschloss er zu warten, bis er die nächste Ortschaft erreichte, um zu tanken. Jeffries betrachtete sich als klugen Mann. Je billiger er sich Benzin verschaffte, desto mehr Gewinn würde für ihn bleiben, wenn er bei der Rückkehr zur Arbeit am Freitag seine Spesenabrechnung einreichte. Die nächstgelegene Ortschaft war Northwich. Dort verwandelte sich ein vergleichsweise normaler Vormittag binnen Sekunden in einen höchst außergewöhnlichen. Der starke, aber geordnete Verkehr wurde in ein wüstes Chaos gestürzt, als die Infektion sich rasant durch die kühle Luft ausbreitete. In dem verzweifelten Bestreben, nicht gerammt zu werden, als die ersten Fahrer die Kontrolle über ihre Autos verloren, schlug er die nächstbeste Abzweigung von der Hauptstraße ein und bog anschließend sofort nach rechts auf einen leeren Parkplatz ab. Dort hielt er an, stieg aus und rannte eine schlammige Böschung hinauf. Durch ein Metallgeländer beobachtete er hilflos, wie die Welt um ihn herum innerhalb weniger Minuten
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