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James Bomb jagt das geklonte Monster

James Bomb jagt das geklonte Monster

Titel: James Bomb jagt das geklonte Monster
Autoren: Manfred Taut
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    Als Bomb nach Aufblinken des grünen Lichtes über der Tür zu seinem Vorgesetzten ins Zimmer stolperte, lehnte M in seiner ausgebeulten Hose am Heizkörper unter dem geöffneten Fenster.
    Ein kühles morgendliches Lüftchen wehte vom Regentspark herein.
    „Setzen Sie sich, 006“, sagte M ungeduldig.
    Bomb fröstelte.
    Die Nacht war in jeder Beziehung feucht und stürmisch gewesen, er litt noch beträchtlich unter ihren Auswirkungen.
    Vorsichtig ließ er sich auf dem wackligen Besucherstuhl vor Ms Schreibtisch nieder, wobei er sich penibel die Bügelfalten seiner dunkelblauen Baumwollhose hochzog; schließlich konnte er nicht in solchen Ballonknien wie sein Chef herumlaufen. Bei einem Schreibtischhengst wie M mochte das keine Rolle spielen, aber Bomb, als der zum Ladykiller abgestempelte Beau seiner Abteilung, hatte einen modischen Ruf zu verteidigen.
    Der Geheimdienstchef kramte umständlich seine abgegriffene Dunhill-Pfeife heraus, stopfte sie bedächtig mit seiner gefürchteten Spezialmischung und setzte sie endlich mit einem flammenwerferähnlichen Gasfeuerzeug in Brand.
    Dichte Rauchschwaden breiteten sich im Zimmer aus.
    Bombs Augen begannen zu tränen, dennoch verzog er keine Miene. Es war nicht ratsam, während dieses geheiligten Rituals ein Zeichen der Ungeduld zu zeigen. M konnte verdammt tückisch werden.
    Bomb war vor Jahren einmal so unvorsichtig gewesen, provozierend zu hüsteln. M hatte mit einem Wutausbruch reagiert und ihm das mit einer entzückenden indonesischen Schönheitstänzerin verplante Wochenende versaut, indem er ihm einen Beschattungsauftrag aufhalste, den jeder Pfadfinder hätte ausführen können. Es lohnte sich also nicht, M zu reizen.
    Bomb unterdrückte mannhaft einen aufsteigenden Husten und konzentrierte sich mit erprobtem Dackelblick auf seinen Herrn und Meister.
    „Sagt Ihnen der Name Professor Igor Frankostonsky etwas?“ stieß M endlich zwischen zwei Rauchwolken hervor.
    Bomb dachte angestrengt nach.
    Igor Frankostonsky? Zu diesem Namen fiel ihm beim besten Willen nichts ein.
    „Pole?“ fragte er schließlich, bloß um etwas zu sagen.
    „Russe!“ erwiderte M grimmig.
    Er schloß das Fenster, wobei er Bomb einen kurzen Moment seinen abgewetzten Hosenboden präsentierte, und ging zu seinem Schreibtisch hinüber. Er zog die Schublade auf und holte einen dünnen roten Ordner heraus, den er vor sich auf die dunkelgrüne Schreibtischunterlage legte. Er öffnete umständlich die Akte und reichte Bomb eine Fotografie.
    Das Bild zeigte einen breitschultrigen, dunkelhaarigen Mann mit fleischigen Gesichtszügen, kleinen tiefliegenden Augen und brutal wirkenden Kinnbacken.
    „Professor Igor Wladscheslav Frankostonsky“, begann M, „achtundfünfzig Jahre alt. Seine Vorfahren sind Mitte des 19. Jahrhunderts aus Deutschland ins zaristische Rußland eingewandert. Ein Groß-Großonkel von ihm, ein Baron von Frankenstein - so hieß die Familie früher war damals in irgendeine unappetitliche Geschichte mit gestohlenen Leichenteilen verwickelt. Die Frankensteins konnten sich bei gesellschaftlichen Anlässen nicht mehr blicken lassen und emigrierten.
    Frankostonsky ist Dekan der medizinischen Fakultät an der Moskauer Universität und Ordinarius für Chirurgie; die erste Kapazität auf dem Gebiet der Transplantationschirurgie, speziell der Neurochirurgie. Held der Sowjetunion, Träger höchster Auszeichnungen, hohes Parteimitglied. Zweihundertprozentiger Kommunist. Einer der Kandidaten für den nächsten Nobelpreis für Medizin. Machte das erste Mal von sich reden, als er in den sechziger Jahren mit einem Operationsteam einen Hundekopf auf einen anderen Hund verpflanzte. Erregte damit weltweites Aufsehen. Das doppelköpfige Ungeheuer lebte, soweit ich mich entsinne, nur wenige Tage. Es fraß für zwei und schnappte nach allem, was ihm vor die Schnauze kam.“
    Bomb erinnerte sich jetzt dunkel: Bilder, die durch die gesamte Weltpresse gegangen waren, hatten einen Hundekopf gezeigt, der auf dem Genick eines anderen Hundes saß und die Zähne bleckte.
    „Inzwischen haben die Russen in der Transplantationschirurgie gewaltige Fortschritte gemacht“, fuhr M fort. „Soviel wir wissen, ist es ihnen in letzter Zeit gelungen, Affenhirne und sogar ganze Affenköpfe mit lang andauerndem Erfolg zu verpflanzen. Die Immunschranke, also das Abstoßungsproblem, scheint es für sie nicht mehr zu geben. Sie haben das aber merkwürdigerweise nie an die große Glocke gehängt. Diese Experimente
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