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Herbst - Beginn

Herbst - Beginn

Titel: Herbst - Beginn
Autoren: David Moody
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begann ich zu lügen. »Wir sind unter anderem verantwortlich für ...«
    »Entschuldigung«, sagte ein Junge in der Mitte und winkte dabei mit der Hand.
    »Ja?«
    »Warum geben Sie’s nicht gleich auf?«, seufzte er. »Es interessiert uns sowieso nicht.«
    Das verschlug mir die Sprache. Ich hätte es niemals gewagt, in der Schule so etwas von mir zu geben. Hilfe suchend schaute ich zur Lehrerin im hinteren Teil des Klassenzimmers, aber als unsere Blicke sich trafen, wandte sie sich rasch ab und sah aus dem Fenster.
    »Wie ich schon sagte«, fuhr ich fort, »wir kümmern uns um eine große Bandbreite an Kunden, vom kleinen Einzelunternehmen bis hin zu multinationalen Konzernen. Wir beraten sie darüber, welche Software sie verwenden und welche Systeme sie kaufen sollten, und …«
    Eine weitere Unterbrechung, diesmal etwas handfester. In einer Ecke des Klassenzimmers brach eine Schlägerei aus. Ein Junge hielt einen anderen im Schwitzkasten.
    »James Clyde!«, schrie die Lehrerin durchs Klassenzimmer. »Hör sofort auf! Man könnte meinen, du hättest keine Lust, Mister Collins zuzuhören.«
    Als ob das Verhalten der Schüler nicht schon schlimm genug war, wurde nun auch noch die Lehrerin sarkastisch. Mir war nicht klar, ob ihre Worte so klingen sollten, jedenfalls nahm der Rest der Klasse sie definitiv so auf. Mit einem Mal war von überallher unterdrücktes Gelächter zu hören, verborgen hinter vorgehaltenen Händen und durchbrochen vom gelegentlichen Gemurmel derjenigen, die ihren Übermut nicht unter Kontrolle halten konnten. Binnen weniger Augenblicke geriet der gesamte Raum außer Rand und Band.
    Ich war kurz davor, aufzugeben und rauszugehen, als es passierte. Ein Mädchen in der hinteren rechten Ecke hustete. Es war weit mehr als normales Husten – ein widerliches, schabendes und abgehacktes Krächzen, das sich anhörte, als würde mit jeder schmerzvollen Verkrampfung das Innere ihrer Kehle auseinander gerissen. Ich ging ein paar Schritte auf das Mädchen zu, dann blieb ich stehen. Abgesehen von dem qualvollen Würgen war es im Raum still geworden. Ich beobachtete, wie der Kopf des Mädchens nach vorne sackte. Dicke, klebrige Fäden aus Blut und Speichel tropften über ihre vorgehaltenen Hände auf die Schulbank hinab. Einen Moment schaute sie mich mit großen, entsetzten Augen an. Sie konnte nicht atmen. Sie erstickte.
    Ich sah erneut zur Lehrerin hinüber. Diesmal starrte sie mich unumwunden an. Angst und Verwirrung standen ihr ins Gesicht geschrieben.
    Auf der anderen Seite des Raums begann ein Junge zu husten. Auch er wurde plötzlich von unerwartetem Schrecken und grauenvollem Schmerz gepackt. Er konnte ebenfalls nicht mehr atmen.
    Ein Mädchen direkt rechts hinter mir fing erst zu weinen, dann zu husten an. Die Lehrerin wollte aufstehen und auf mich zukommen, blieb aber stehen, als sie selbst zu husten und zu röcheln begann.
    Höchstens eine Minute, nachdem die Schmerzen des ersten Mädchens angefangen hatten, zerrte jede einzelne Person an ihrer Kehle und rang um Luft. Das heißt, jede einzelne Person außer mir.
    Ich hatte keine Ahnung, was ich tun sollte und wo ich Hilfe finden konnte. Benommen vor Entsetzen torkelte ich rückwärts zur Klassenzimmertür. Ich stolperte über einen Schulranzen und konnte mich grade noch an einer Schulbank auffangen, als die Hand eines Mädchens auf die meine knallte. Ich starrte das junge Ding an. Das Gesicht war totenblass, abgesehen von einem dunkelroten Rinnsal Blut, das über das Kinn auf die Bücher am Tisch hinabtropfte. Der Kopf kippte immer wieder nach hinten zwischen die Schultern, während das Mädchen verzweifelt versuchte, kostbare Sauerstoffmoleküle einzuatmen. Jede unkontrollierte Verkrampfung des Körpers presste weit mehr Luft aus den Lungen, als hineingelangte.
    Ich riss die Hand weg und die Tür auf. Die Geräusche im Raum waren entsetzlich. Eine ohrenbetäubende, dröhnende Kakophonie verzweifelter Schreie durchbohrte mich, und selbst im Gang konnte ich ihr nicht entkommen. Die erbärmlichen Laute aus meinem Klassenzimmer waren nur ein kleiner Teil eines Tumults, der in der ganzen Schule zu hören war. Von abgelegenen Räumlichkeiten wie Versammlungssälen, Turnhallen, Werkstätten, Küchen und Büros aus war die kalte Morgenluft erfüllt von den entsetzten Schreien hunderter verzweifelter Erwachsener und Kinder, die alle erstickten und sich zu Tode husteten.
    Als ich das Ende des Korridors erreichte, war es vorbei. In die Schule war Stille
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