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Herbert, James - Die Brut.pdf

Herbert, James - Die Brut.pdf

Titel: Herbert, James - Die Brut.pdf
Autoren: TVB1
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mit diesem herrlichen Oktober-morgen höchst zufrieden. Diese Jahreszeit liebte er am meisten: Das Grün, Gelb und Braun des Herbstes verpassten
    dem Wald ein neues Aussehen, verliehen ihm neues Leben, veränderten seinen Charakter auf wunderbare Weise. Das sterbende Laub bedeckte den Boden und gab mit seinem Teppich aus Myriaden goldgelber Blätter dem Waldgrund während der Wintermonate neue Kraft. Die Luft war klar und trug einen Hauch des nahenden Frostes mit sich. Doch noch mehr freute er sich darüber, dass die Menschen nicht mehr kamen.
    Die weiten Wälder, Wiesen und Felder waren ein beliebtes Naherholungsgebiet für Abertausende von Londonern und Bewohnern der angrenzenden Städte und Ortschaften. Wie Heuschreckenschwärme fielen sie an den Sommerwochenenden und Feiertagen in die ruhigen Wälder ein, verstreuten ihren Abfall, verjagten das scheue Wild durch ihr lautes Gejohle und Lachen in abgelegenere Waldregionen und zertrampelten Büsche und Unterholz.
    Sie waren anscheinend der Meinung, dieses saftige Fleckchen Erde sei ihr Eigentum, dessen Pflege sie mit ihren Steuergroschen bezahlten, doch dem war nicht so. Private Geldgeber finanzierten den Erhalt dieses geheiligten Stückchens Natur. Aber jetzt blieben die Menschen fürs erste verschwunden und überließen den Wald denjenigen, die ihn hegten und pflegten, die den Frieden und die Stille des weiten Naturreservats liebten, seine ständige Veränderung und das scheue Leben darin. Endlich kein Geschrei mehr, keine plärrenden Transistorradios. An den Wochenenden kamen zwar immer noch Spaziergänger, war etwas los - die kamen immer und bei jedem Wetter - aber die Wochentage! Ja, die Wochentage, so wie dieser, waren eine reine Freude. Denison zügelte sein Pferd und inspizierte einige seltsame Spuren am Fuß einer Birke.
    Die Rinde war von irgendeinem Kleintier abgeschält worden und enthüllte das jungfräuliche Holz darunter schimmernd und nackt, eine frische Wunde. Der Forstmeister presste seine Absätze leicht gegen die Flanken des Pferdes und lenkte es näher an den Baum heran. Eichhörnchen! Er fluchte leise vor sich hin. Eine wahre Pest, trotz ihrer possierlichen Art. Wenn es nach ihm ginge, würde er Fallen auslegen oder den Nagern mit Gift zu Leibe rücken. Das graue Eichhörnchen pflegte hauptsächlich im Frühsommer den Hauptstamm anzunagen, um an die süßen, saftigen Schichten unter der rauhen Rinde heranzukommen. Meist starben die Bäume dann ab, insbesondere, wenn sie ringförmig angefressen wurden. Der Laie begriff meist nicht, wie gefährlich diese netten Tierchen für den Baumbestand sein konnten. Sie waren Schädlinge.
    Dagegen gab es keine Spur mehr von ihren roten Artgenossen. Die grauen Eichhörnchen hatten vor vielen Jahren die roten aus dem Wald verdrängt und sich so stark vermehrt, dass ihre Zahl nicht mehr kontrollierbar war.
    Doch dieses Jahr schien ihr Vorkommen seltsamerweise geringer.
    Denison lenkte sein Pferd, das den Kopf gesenkt hatte und das saftige Gras rupfte, auf den Pfad zurück und hielt Ausschau nach weiteren Baumschäden. Doch plötzlich brachte er sein Reittier mit einem heftigen Ruck zum Stehen. Eine huschende Bewegung zur Linken hatte seine Aufmerksamkeit erregt. Ein Teil des Unterholzes auf der anderen Wegseite erbebte wie unter einem Anprall und erstarb dann wieder zu unangenehmer Starrheit. Solche Beobachtungen konnte man im Wald oft machen. Ein Vogel oder ein Tier wurden durch die Annäherung eines Menschen aufgescheucht oder von einem anderen Tier angefallen. Eben solche Situationen waren es, die den Wald so lebendig machten.
    Das plötzliche heftige Rascheln im Unterholz und ein leiser, fast unhörbarer Schrei verrieten Denison, dass ein Waldtier einem größeren Feind zum Opfer gefallen war.
    Er empfand kein Mitleid, denn das waren eben die Gesetze der Natur. Trotzdem wollte er wissen, wer Opfer und Räuber waren. Er schnalzte mit der Zunge und trat dem Pferd leicht in die Flanken. Der Braune machte ein paar Schritte auf das Dickicht zu, versteifte sich plötzlich und schnaubte erregt.
    Im Unterholz regte sich nichts, nicht einmal das Rascheln von vertrocknetem Laub war zu hören.
    »Nun geh schon, altes Mädchen«, brummte Denison, von der unerwarteten Nervosität des Tieres überrascht.
    »Vorwärts.«
    Doch das Tier verweigerte den Gehorsam, starrte nur mit hervorquellenden Augen zu den Büschen hinüber.
    Denison wurde ungeduldig, konnte die seltsame Furcht des Pferdes nicht verstehen - und Furcht war
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