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Henningstadt

Henningstadt

Titel: Henningstadt
Autoren: Marcus Brühl
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nehmen.»
    «Mann, Henning! Es ist helllichter Vormittag!»
    «Na und!»
    «Nee, ich will nicht saufen!»
    «Na, gut!» Henning lässt Isabe l ls Hand los. «In zwei Wochen kommen meine Eltern wieder.»
    «Ich weiß!»
    Henning steht auf und stützt sich am Küchentisch ab.
    «Komm mit!», sagt Henning.
    «Wohin?» Sie steht auf. «Ins Bett will ich mit dir!», Isabell zögert. «Was meinst du?»
    «Was ich sage.» Hinter ihm her geht sie in sein Zimmer und macht die Tür zu. Durchs Fenster kann ihnen nie mand zusehen. «Wir sind allein», stellt sie fest. Es klingt unentschieden.
    Henning sagt «Ja», zieht Pullover und T-Shirt aus. Isa bell setzt sich auf den Schreibtischstuhl und wartet, bis Hen ning im Bett liegt.
    «Lässt du mich allein?», fragt Henning.
    «Ich bin doch da», sagt Isabell und sitzt fest und breit beinig auf ihrem Stuhl.
    «Ja, da, nicht hier.»
    «Wie viel Uhr ist es denn?», fragt Isabell.
    «Es ist zehn Uhr dreiundzwanzig», behauptet Hen ning.
    «Ich hab gerne neben dir gelegen heute Nacht. Wir sind uns doch sowieso so nahe.»
    «Ja, wir sind Freunde», sagt Isabell. «Mach die Augen zu!» Sie steht auf. Henning lässt die Augen auf, dreht sich aber zur Wand. Isabell lässt das gelten und legt sich zu Henning. Auf den Rücken. Die Bettdecke raschelt eine Weile. Dann hören die beiden den eigenen Atem und den des anderen. Isabell liegt neben Henning. Nichts. Nichts weiter, stellt sie fest.
    «Gestern Nacht hab ich wie du geatmet», sagt Isabell.
    «Ja? – Wie hab ich geatmet?»
    «Na, wie imme r» › , sagt Isabell leise und ruhig.
    «Aha», sagt Henning.
    «Nichts weiter?», fragt Isabell. «Ist jetzt nichts weiter?»
    «Was willst du denn weiter?», fragt Henning. Er fragt sie nicht, weil er nichts weiß oder nichts wissen will, son dern weil er es hören will, weil sie es sagen soll. Weil sie diejenige ist, die einen Andreas hat, und er nicht.
    «Ich will schlafen», sagt Isabell und dreht sich auf die Seite.
    Sie liegt mit dem Rücken zu Henning, und Henning mit dem Rücken zu ihr. Ihre Hand legt sie zwischen ihre Beine. Henning hört eine Weile in die Stille. Nichts sagt sie. «Du dumme Pute!», lacht Henning.
    Heftig wälzt er sich über sie. Die Bettdecke liegt zwi schen ihnen. Isabell hat sich auf den Rücken gerollt und lacht. Henning lacht auch und atmet laut. Die schnelle Bewe gung hat ihn schwindlig gemacht. Der Kater. Sein Lachen verzieht sich zu einer Grimasse. Er sinkt auf Isa bell und liegt da. Isabell fühlt ihre Muschi unter ihrer Hand unter der Decke unter Henning. Henning hat einen Ständer. Sein Becken zuckt nach vorne, er macht ein paar Stöße. Henning hat Lust. Isabell schwitzt. Henning hat keine Lust. Isabell schämt sich vor Andreas ’ Augen. Hen ning muss husten. Er wälzt sich von Isabell runter und hustet gerne noch ein bisschen weiter.
    «Komm lieber zurück unter die Decke!» Sie hält die Decke hoch. Henning liegt auf der Seite und rutscht zu ihr. Isabells Herz schlägt. Ihr Herzschlag erfordert ihre gan ze Konzentration. Sie nimmt eine Hand, die zu Hen ning gehört, und legt sie auf ihre Brust.
    Henning spürt die Brustwarze und atmet einen lauten Atemschlag. Isabells Hand bleibt auf Hennings liegen. Nichts weiter. Henning döst ein.
     
    «Ich muss los!», Isabell steht auf. Streckt sich und lä chelt. «Ja!» Henning gibt seiner Stimme einen traurigen Klang.
    Isabell ist schnell fertig. Henning bringt sie zur Tür. Kuss links, Kuss rechts.
    «Wir telefonieren!»
    «Wir telefonieren!» Henning macht die Tür hinter Isa zu.
     
     
     
    5
     
    Und atmet erleichtert auf. Es findet sich scheiße, weil er erleichtert ist. Schließlich will er mit ihr zusammen sein. Irgendwas ist los, irgendwas stimmt nicht. Irgend wie weiß er auch was, aber immer wenn er kurz davor ist, es zu denken, rutscht es wieder weg und Henning weiß wieder nicht.
    Was es zu wissen gibt, ist wie eine Kugel. Sie prallt an ihm ab, aber er muss sie zerbrechen, um zu sehen, was drin ist. Diese Kugel ist zu weich, sie bricht nicht.
    Das Problem sind die Worte. Henning kann nicht ver stehen, was er weiß, weil er keine Worte hat. Keine Worte für die Erkenntnis, die eine Kugel vor seinem geistigen Auge ist.
    Er läuft in die Küche, von der Küche ins Wohnzimmer und setzt sich aufs Sofa, weil seine Eltern nicht da sind.
    Das Wohnzimmer ist in braun gehalten und seit zwei Jahrzehnten in der Hand seiner Mutter Rosi. Die besucht Kurse, so dass sich dieses Zimmer während Hennings Kind heit mit
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