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Hell's Kitchen

Hell's Kitchen

Titel: Hell's Kitchen
Autoren: Thomas Adcock
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dann mein Onkel Liam Hockaday, drüben auf der anderen Seite, in Dün Laoghaire, Irland.
    Ich trage die goldene Marke eines Detectives des New York Police Department, das es die letzten vierzehn Jahre für angebracht hielt, mich einer Abteilung zuzuweisen, die offiziell unter der Bezeichnung Street Crimes Unit - Manhattan bekannt ist. Die aber von jedem Polizisten und allen Spitzeln und Ganoven und Staatsanwälten und Kautionsstellern und Klugscheißern nur SCUM Patrol genannt wird. Dies ist in Kurzform eine gute Möglichkeit, den allgemeinen Charakter meiner Klientel zu umschreiben - Abschaum.
    Wenn ich sage, die SCUM Patrol trägt Zivil, dann meine
    ich damit sehr zivil. So zivil und alltäglich, daß ich meistens wie ein x-beliebiger Gast in einem Imbiß namens Munson’s Diner aussehe, der ganz in der Nähe meiner jetzigen Wohnung an der Ecke West Forty-third und Tenth Avenue liegt, genau wie in Slaughter on Tenth Avenue...
    Im Munson’s ist die Zeit etwa im Februar 1955 stehengeblieben. Die Typen dort tragen khakifarbene oder grüne Arbeitshemden und dazu passende Hosen, und ihre Namen sind in roter Schrift auf die Brusttaschen gestickt. Und sie tragen weiße Socken in schwarzen Sicherheitsschuhen mit Stahlkappen, Jacken und wattierte Tarnwesten und oliv-braune Strickmützen, die sie vom Staat bekamen, als sie eine Weile Korea besuchten.
    Bei der Arbeit versuche ich, wie ein Stammkunde von Munson ’s auszusehen, der auf dem absteigenden Ast lebt. Ich rasiere mich vielleicht zweimal die Woche, und ich gehöre zu denen, die sich zweimal täglich rasieren müssen. Ich streife scheinbar ziellos durch die Straßen, und man könnte meinen, ich würde Rye aus einer Flasche in einer Papiertüte trinken und ich hätte Probleme, von denen man lieber nichts wissen will. Man stellt sich vielleicht vor, daß ein Kerl, der so aussieht, einen großen Teil des Tages mit Selbstgesprächen verbringt oder auf Stimmen lauscht, die niemand sonst hört, und daß er wahrscheinlich schlecht riecht. Wenn man ihn daher auf sich zukommen sieht, hält man automatisch den Atem an und schaut betont an ihm vorbei, da man Blickkontakt vermeiden und nicht das Risiko eingehen will, angeschnorrt zu werden, und man hofft nur bei Gott, daß er keine Läuse hat, die von ihm abspringen.
    In der Papiertüte habe ich übrigens keine Flasche Rye. Es ist mein Funkgerät. Und außer der üblichen .38er Police Special in meinem Gürtelhalfter trage ich noch eine .32 Beretta Puma Automatic an meiner linken Wade und eine große, häßliche, schwere Kanone in meinem Schulterhalfter - eine .44er Charter Arms Bulldog. Meine goldene Dienstmarke trage ich normalerweise an einer Kette um den Hals, unter dem Hemd oder Pullover.
    Der Zweck der Übung, auszusehen wie ein Stück von der Tapete im Munson ’s, wird sofort ersichtlich, wenn man weiß, daß es neben den Medien, der Unterhaltungsindustrie, den Verlagen, der Modebranche, der Mafia, den verschiedenen politischen Mauscheleien, der Spionage unter den UN-Typen und den normalerweise vornehmen Betrügereien und Diebstählen, begangen in Konferenzräumen mit Mahagonischreibtischen, auch noch die niedrigeren Sphären der New Yorker Kriminalität gibt: kleine Ladendiebe, Taschendiebe, sonstige Langfinger, Schläger, Straßenräuber, Ausreißer aus dem bürgerlichen Amerika, die komplette Palette an Mördern, die normalen zwei Geschlechter von Nutten und Transvestiten, Verkäufer unechter Wettscheine und alle möglichen anderen Schwindler, Händler der verschiedensten Arten zweifelhafter Geschenkartikel sowie Unternehmer der inoffiziellen Zweige der pharmazeutischen Industrie.
    Mein Job ist es, ignoriert zu werden, oder doch wenigstens unauffällig zu sein, damit ich ab und zu wenigstens ein paar dieser Ganoven daran hindern kann, zumindest einige ihrer natürlichen Opfer auszunehmen: Leute von außerhalb, grauhaarige Theaterbesucherinnen, reiche Kunden der Fifth Avenue, Frauen mit tiefen Falten auf der Stirn und in Männeranzügen und morgens mit Reeboks an den Füßen, blauäugige Typen mit Aktenkoffern aus Lederimitat und Matronen, die vor der Radio City Music Hall Schlange stehen mit ihren großen, leicht zu klauenden Handtaschen voll Kreditkarten, mit denen man einen ausgedehnten, vierundzwanzigstündigen Einkaufsbummel machen kann, bevor sie gesperrt werden können.
    Ich stelle mir gern vor, daß ich meine Arbeit gut mache, auch wenn es nicht gerade umwerfend viel von dem gibt, was ich mal »öffentliche
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