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Hell's Angels (German Edition)

Hell's Angels (German Edition)

Titel: Hell's Angels (German Edition)
Autoren: Hunter S. Thompson
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genutzten Ausläufer der Santa Cruz Mountains. Die Hell’s Angels, die zu zweit auf jeder Fahrspur nebeneinander herfuhren, wirkten in Städtchen wie Coyote oder Gilroy völlig fehl am Platz.
Die Leute kamen aus den Lokalen und Läden gelaufen, um sich diese berühmten Großstadt-Wandalen anzusehen. Die örtlichen Polizisten warteten nervös an den Kreuzungen und hofften, die Angels würden ganz ruhig durchfahren und keinen Ärger machen. Fast war es, als wäre hier plötzlich ein Guerillatrupp des Vietcong aufgetaucht und käme nun in geschlossener Formation und schnellem Trab die Hauptstraße herabgelaufen, unterwegs zu irgendeiner blutigen Auseinandersetzung, die niemanden in der Stadt interessierte, solange die dreckigen Scheißkerle nur immer schön in Bewegung blieben.
    Die Angels bemühen sich in der Regel, unterwegs Ärger zu vermeiden. Selbst eine banale Festnahme in irgendeinem Kaff zu Beginn eines Feiertagswochenendes kann bedeuten, dass man drei Tage im Knast sitzt, die Party verpasst und, wenn die Sache dann schließlich vor Gericht verhandelt wird, die jeweilige Höchststrafe aufgebrummt bekommt. Außerdem ist ihnen bewusst, dass man sie neben der eigentlichen Anschuldigung – meist ein Verkehrsdelikt oder ordnungswidriges Verhalten – wahrscheinlich auch noch beschuldigen wird, sich der Festnahme widersetzt zu haben, was dreißig Tage Haft, einen Knasthaarschnitt und hundertfünfzig Dollar Geldstrafe bedeuten kann. Nach so mancher schmerzhaften Lektion fahren sie heutzutage auf Kleinstädte zu, wie sich ein Handelsreisender aus Chicago einer allseits bekannten Radarfalle in Alabama nähert. Schließlich geht es darum, am Ziel anzukommen – und nicht darum, sich unterwegs mit irgendwelchen Dorfbullen anzulegen.
    Das Ziel war diesmal eine große Kneipe namens Nick’s, ein wilder Laden an der Del Monte Avenue, in der Nähe der Cannery Row im Stadtzentrum von Monterey. »Wir sind mitten durch die Stadt gefahren«, erinnert sich Terry,
»durch den ganzen Verkehr und so. Im Gegensatz zu den meisten Jungs kannte ich das Nick’s nicht, weil ich beim letzten Mal im Knast war. Wir kamen erst so gegen drei da an, weil wir an einer Tankstelle am 101 auf ein paar Jungs warten mussten, die spät dran waren. Als wir ankamen, standen da schätzungsweise schon so vierzig bis fünfzig Maschinen. Berdoo war bereits da, mit ungefähr fünfundsiebzig Mann, und den ganzen Abend kamen noch Leute dazu. Am nächsten Morgen waren es ungefähr dreihundert, von überall her.«
    Vorgeblicher Zweck des Treffens war es, Spenden zu sammeln, damit der Leichnam eines verstorbenen Angels zu seiner Mutter nach North Carolina überführt werden konnte. Kenneth »Country« Beamer, der Vizepräsident des San-Bernardino-Chapters, war einige Tage zuvor in dem Wüstendorf Jacumba, in der Nähe von San Diego, von einem Lastwagen überfahren worden. Country war in bester Outlaw-Tradition gestorben: obdachlos, völlig pleite und auf dieser Welt weiter nichts besitzend als die Klamotten, die er am Leib trug, und eine große, chromblitzende Harley. Die anderen fanden, das Mindeste, was sie tun konnten, war, seine sterblichen Überreste zurück nach North Carolina zu überführen, zu dem, was auch immer es dort an Familie noch geben mochte. »Es gehört sich so«, sagte Terry.
    Das kürzliche Ableben eines Freundes verlieh dem Treffen von 1964 einen gewissen feierlichen Ernst, dem nicht einmal die Polizei mit Spott begegnen mochte. Es war eine jener Gesten, die auf Polizisten unwiderstehlich wirken: Einem gefallenen Kameraden wurde die letzte Ehre erwiesen, für seine Mutter wurde Geld gesammelt, und zur Abrundung des Ganzen gab es auch noch einen Umzug in Uniform. Aus Achtung vor alledem hatte die
Polizei von Monterey verlauten lassen, sie werde für die Dauer des Treffens Waffenstillstand halten.
    Es war das erste Mal seit Jahren, dass man den Outlaws mit einem Hauch von Gastfreundschaft begegnete – und wie sich dann herausstellte, war es auch das letzte Mal. Denn als an diesem strahlenden Samstag am wolkenlosen Himmel über dem Pazifik die Sonne aufging, dauerte es keine vierundzwanzig Stunden mehr, bis die berüchtigte Vergewaltigung von Monterey landesweit Schlagzeilen machte. Bald waren die Hell’s Angels im ganzen Land bekannt und gefürchtet. Ihr blut-, schnaps- und spermabeflecktes Bild wurde den Lesern der New York Times, Newsweek, Nation , des Time Magazine , der True , des Esquire und der Saturday Evening Post bald nur allzu
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