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Helle Barden

Helle Barden

Titel: Helle Barden
Autoren: Terry Pratchett
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Hast du jemals darüber nachgedacht?«
    »Was meinst du, Herr?«
    »Hast du dich nie gefragt, wieso es hier soviel Gold gibt, obwohl selbst das Messing von der Messingbrücke gestohlen wurde? Wirf einen Blick
hinter
den Thron.«
    Karotte trat die Stufen hoch.
    »Meine Güte!«
    Der Patrizier sah ihm über die Schulter.
    »Es ist nichts weiter als Goldfolie auf Holz…«
    »In der Tat.«
    Eigentlich war das Holz kaum mehr Holz. Fäulnis und Würmer hatten bereits um den letzten biologisch abbaubaren Brocken gerungen. Karotte stieß mit dem Schwert dagegen, und Staub rieselte herunter.
    »Was hältst du davon, Hauptmann?«
    Karotte richtete sich auf.
    »Nun, es dürfte besser sein, wenn die Leute nichts davon wissen.«
    »Genau das dachte ich auch. Nun will ich dich nicht länger aufhalten. Bestimmt mußt du viel organisieren.«
    Karotte salutierte.
    »Danke, Herr.«
    »Du und Obergefreiter Angua… Ich nehme an, ihr kommt gut zurecht, oder?«
    »Wir
verstehen
uns, Herr, und zwar ziemlich gut«, antwortete Karotte. »Natürlich wird es die eine oder andere Schwierigkeit geben, aber ich sehe die Sache von der positiven Seite: Wenigstens habe ich jetzt jemanden, der jederzeit bereit ist, mir bei einem Streifzug durch die Stadt Gesellschaft zu leisten.«
    Als Karotte die Hand nach der Türklinke ausstreckte, rief der Patrizier noch einmal seinen Namen.
    »Ja, Herr?«
    Er sah zu dem hochgewachsenen, dürren Mann zurück, der in dem großen, leeren Saal neben einem vom Zerfall heimgesuchten Thron stand.
    »Du interessierst dich für Wörter, Hauptmann. Daher bitte ich dich, über etwas nachzudenken, das dein Vorgänger nie ganz verstanden hat.«
    »Herr?«
    Der Patrizier zögerte kurz. »Hast du dich jemals gefragt, woher das Wort ›Politiker‹ kommt?«
     
    »Und dann das Komitee des Sonnenscheinheims«, sagte Lady Käsedick auf ihrer Seite des Eßtisches. »Du mußt dort unbedingt Mitglied werden. Und dann die GGG, die Gruppe der Großen Grundbesitzer. Und die Liga der Freundlichen Feuerspucker. Kopf hoch. Es fällt dir bestimmt leicht, dir die Zeit zu vertreiben.«
    »Ja, Schatz«, erwiderte Mumm. Er sah Tage mit Komiteeversammlungen, Ausschußsitzungen und Wohltätigkeitsveranstaltungen (insbesondere zugunsten von Sumpfdrachen) vor sich. Vielleicht war das besser, als in den Straßen der Stadt zu patrouillieren, Lady Sybil und Herr Mumm.
    Er seufzte.
    Sybil Mumm, geborene Käsedick, musterte ihn nicht ohne Besorgnis. Sie hatte Sam Mumm immer als jemanden gekannt, der voller Kraft steckte, in dem das Feuer des gerechten Zorns brannte, der am liebsten die Götter verhaftet hätte, weil sie immer wieder ihre Inkompetenz bewiesen. Doch dann gab er seine Dienstmarke ab und… war einfach nicht mehr er selbst.
    Die Uhr in der Ecke schlug achtmal. Mumm holte seine Taschenuhr hervor und öffnete sie.
    »Geht fünf Minuten vor«, stellte er fest, während das melodische Läuten verhallte. Er schloß den Deckel wieder und las die eingravierten Worte: »Eine Uhr von deinigen alten Froinden in der Wache – damit du immer weißt, was die Stunde geschlagen habet.«
    Zweifellos steckte Karotte dahinter. Mumm kannte inzwischen seinen unverwechselbaren Schreibstil.
    Sie verabschiedeten einen. Sie schickten einen fort, in das unbekannte Leben als Zivilist. Und man bekam eine Uhr von ihnen…
    »Entschuldigung, gnä’ Frau…«
    »Ja, Willikins?«
    »Ein Wächter steht vor der Tür, gnä’ Frau. Ich meine die Tür des Dienstboteneingangs.«
    »Du hast einen Wächter zum Dienstboteneingang geschickt?« fragte Lady Sybil.
    »Nein, gnä’ Frau. Er kam von ganz allein dorthin. Es ist Hauptmann Karotte.«
    Mumm hob die Hand vor die Augen. »Man hat ihn zum Hauptmann befördert, und er kommt zum Dienstboteneingang«, sagte er. »Typisch Karotte. Führ ihn herein.«
    Außer Mumm hätte kaum jemand bemerkt, daß der Diener Lady Käsedick einen fragenden Blick zuwarf.
    »Du hast den Lord gehört«, meinte Sybil.
    »Ich bin kein Lo…«, begann Mumm.
    »Bitte, Sam«, unterbrach ihn die Lady.
    »Ich bin wirklich keiner«, grummelte der frühere Wächter.
    Kurz darauf kam Karotte herein und nahm Haltung an. Wie üblich wurde die Umgebung zum Hintergrund.
    »Schon gut«, sagte Mumm und versuchte, nicht zerknirscht zu klingen. »Du brauchst nicht zu salutieren.«
    »Doch, das muß ich«, erwiderte Karotte und reichte Mumm einen Umschlag, der das Siegel des Patriziers trug.
    »Wahrscheinlich stellt mir Lord Vetinari fünf Dollar für übermäßige
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