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Heldin wider Willen

Heldin wider Willen

Titel: Heldin wider Willen
Autoren: Elizabeth Moon
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in der Flotte kursierten.
    »Nein. Wir waren kein Liebespaar. Wir waren nicht befreundet. Sie war ein Major auf der Kommandolaufbahn. Ich war Ensign der technischen Laufbahn. Sie war einfach nur höflich …«
    »Andere waren es nicht?« Das kam im gleichen Tonfall.
    »Nicht immer«, platzte Esmay heraus, ehe sie sich bremsen konnte. Zu spät; da konnte sie genauso gut das Porträt einer vertrottelten Provinzlerin abrunden. »Ich stamme nicht aus einer Flottenfamilie. Ich bin von Altiplano – die Erste von Altiplano, die auf die Akademie gegangen ist. Manche Leute hielten das für einen Heuler.« Wieder zu spät, als ihr einfiel, was dieser Ausdruck in der Flotte bedeutete. »Ein bedauerlicher, lachhafter Fall von Aufdringlichkeit«, ergänzte sie, als sie die
    hochgezogenen Brauen sah. »In unserem Slang.« Der auch nicht merkwürdiger war als Flottenslang, nur etwas anders. Was genau der Punkt war: Heris Serrano hatte sie dafür nie
    ausgelacht. Aber das wollte Esmay diesen hochgezogenen
    Augenbrauen nicht sagen, die sie gerade auf die Frage brachten, welche große Flottenfamilie sie eben beleidigt hatte.
    »Altiplano. Ja.« Die Augenbrauen hatten sich gesenkt, der herablassende Tonfall jedoch blieb. »Das ist ein Planet mit besonders starkem Einfluss der Generationisten, nicht wahr?«
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    »Generationisten?« Esmay kramte hastig in dem herum, was sie von der Politik zu Hause wusste – sie war seit dem
    sechzehnten Lebensjahr nicht mehr dort gewesen –, wurde aber nicht fündig. »Ich denke nicht, dass irgendjemand auf Altiplano alte Leute verabscheut.«
    »Nein, nein«, sagte der Mann. »Generationisten… Das wissen Sie doch bestimmt. Sie lehnen die Verjüngung ab.«
    Esmay starrte ihn an, war jetzt völlig verwirrt. »Lehnen die Verjüngung ab? Warum?« Nicht ihre Verwandten jedenfalls, die sich nur zu sehr freuen würden, falls Papa Stefan ewig lebte; er verhinderte als Einziger, dass sich Sanni und Berthol
    gegenseitig an die Gurgel fuhren, und auf diese beiden kam es an.
    »Wie aufmerksam verfolgen Sie die Ereignisse auf Altiplano?«, fragte der Mann.
    »Überhaupt nicht«, antwortete Esmay. Sie hatte den Planeten nur zu gern verlassen; das Abonnement für Nachrichtenwürfel, das ihr die Eltern zugeschickt hatten, hatte sie ohne weiteren Blick darauf weggeworfen. Im trostlosen Nachgefühl eines Albtraums, in dem man ihr nicht nur das Offizierspatent
    aberkannt, sondern sie auch zu harter Zwangsarbeit verurteilt hatte, war sie schließlich zu dem Entschluss gelangt, nie nach Altiplano zurückzukehren. Man konnte sie aus der Flotte
    hinauswerfen, aber nicht zwingen, nach Hause zu fliegen. Sie hatte es nachgeschlagen: Nach dem Gesetz konnte niemand für Verbrechen, die er anderswo begangen hatte, gezwungen
    werden, auf seinen Heimatplaneten zurückzukehren. »Und ich kann gar nicht glauben, dass sie sich wirklich der Verjüngung widersetzen … Zumindest kann ich mir nicht vorstellen, dass irgendjemand, den ich kenne, so denkt.«
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    »Oja?«
    Da er interessiert schien, die erste Person seit Jahren, die überhaupt irgendein Interesse an dem Thema zeigte, ertappte sich Esmay dabei, wie sie ihm von Papa Stefan, Sanni, Berthol und den anderen erzählte, zumindest insoweit, als es ihre wahrscheinliche Haltung zur Verjüngung anbetraf. Als sie langsamer wurde, unterbrach er sie.
    »Und genießt Ihre Familie … ah … besonderes Ansehen auf
    Altiplano?«
    Das stand doch sicherlich in ihrer Personaldatei! »Mein Vater ist regionaler Milizbefehlshaber«, sagte sie. »Die Ränge sind nicht vergleichbar, aber es gibt auf Altiplano nur vier
    Regionalbefehlshaber.« Es wäre der Gipfelpunkt an schlechten Manieren gewesen, noch mehr zu erzählen; falls er sich
    aufgrund dieser Äußerungen nicht ausrechnen konnte, wo sie auf der gesellschaftlichen Leiter ihres Heimatplaneten stand, dann musste er eben weiter an Unwissenheit leiden.
    »Und Sie haben beschlossen, zur Flotte zu gehen. Warum?«
    Das wieder! Sie hatte sich dem Thema schon bei ihrer ersten Bewerbung gewidmet und ebenso bei den Antritts-besprechungen und im Unterricht über militärische Psychologie.
    Sie rasselte die Antworten herunter, die immer am besten funktioniert hatten, und all das versank im gleichgültigen Blick des Verhörenden.
    »Ist das alles?«
    »Nun… ja.« Die flotte junge Offizierin redete nicht über Wunscherfüllung, die Stunden, die sie im Obstgarten des
    Familiensitzes verbracht, zu den Sternen hinaufgeblickt und sich versprochen
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