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Heiter. Weiter.

Heiter. Weiter.

Titel: Heiter. Weiter.
Autoren: Michael Heininger
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wirst du...

    ... im Glück nicht zu fröhlich und im Leid nicht zu traurig sein. Diese Überlegung von Sokrates hat mich begleitet, getröstet und bewahrt vor Übermut. Dem Aufstieg folgt der Abstieg, kühlem Bier die Durststrecke. Alles so nehmen, wie es kommt - etwas anderes bleibt einem Wanderer nicht übrig. Weiter. Heiter. Pläne dürfen gemacht werden - schon aus Vorfreude. Doch nie vergessen: Es kommt ganz anders. Und: Es findet sich eine Lösung. Der Lebensinhalt sollte sein wie der des Rucksacks: Aufs Wesentliche beschränkt, dadurch wird beides erträglicher, lässt sich leichter schultern. Einst sagten sich Pilger in Fisterra : Hier ist das Meer, dahinter nichts mehr - dem Ende folgt nichts. Heute schmunzeln wir darüber, wissen wir doch, dass nach dem Ende Europas noch etwas folgt. Viele von uns sind aber überzeugt, dass nach dem eigenen Ende nichts mehr kommt.
    Wer einer höheren Kraft vertraut, die hilft und beschützt von der Geburt bis zum Tod, der kann glücklich sein. Oder verhält er sich da wie ein Kind, das glaubt, der Nikolaus wird die Wünsche erfüllen? Und selig in Vorfreude schwelgt - eine Weile.
    Jurek Becker erzählt, wie Meldungen aus einem versteckten Radio den jüdischen Menschen im Ghetto Hoffnung bringen. Die Existenz des Radios ist aber nur erfunden. Der Titel des Romanes: „Jakob der Lügner“.
    Religion ist Hoffnung und Trost in einer ohne sie eigentlich schrecklichen und leeren Welt. Selbst das süßeste Leben wird durch den Tod zum Schrecken. Aber wie viel mehr verlangt ein bitteres Leben nach ein wenig Glück durch Religion. Doch der Glaube an ein schönes Jenseits sollte nicht abhalten, im Hier und Jetzt zu streiten für eine gerechte Welt ohne Armut und Ausbeutung. Eine Welt, in der sich die Menschen verwirklichen können. Auch beim Wandern.
    Was wird nach meinem Wander-Ende kommen? Ich hoffe weitere weite Wanderungen. Einige Gedankengänge sind zu absolvieren, ich bin noch nicht angekommen. Es gilt, Wichtiges zu bedenken. Heiter. Weiter.
    Einige Zeit wird vergehen, bis ich erneut gen Spanien aufbreche. Die Reisekasse muss aufgefüllt werden. In der Zwischenzeit werde ich zehren von meiner schönen Zeit auf dem Weg. Ich werde mich an die eine oder die andere Bekanntschaft gerne erinnern, handelt es sich dabei um Wege, Weine, Würste oder Menschen.
    Ja, Menschen! Ich, einer, der so gerne allein ist, isst, trinkt, wandert, habe Menschen kennen lernen dürfen, mit denen ich gerne Tisch und Weg geteilt habe, auch wenn es selten die Ansichten waren. Der Jakobsweg lehrt auch Toleranz. Toleranz gegenüber dem Schnarcher im Schlafsaal und dem Andersdenkenden im Allgemeinen. Dank den Lesern, die mir tolerant gefolgt sind bis zum Ende

Es gibt viele Gründe für eine Pilgerreise nach Santiago de Compostela. Neben religiösen und spirituellen Beweggründen kann es auch die sportliche Herausforderung oder kulturelle Neugier sein. Manche sind als Wanderer aufgebrochen und als Pilger in der Kathedrale angekommen. Aus Wanderer wurden Pilger.

    Es wäre schön, wenn Pilger - die selbstverständlich weiterhin auch Pilger bleiben sollen - zu Wanderern werden würden. Die erlebte innere Einkehr beim Gehen durch die Natur in Spanien lässt sich in heimatlichen Wäldern fortsetzen. Eine Landschaft kann den Menschen inspirieren.

    Wer stundenlang wandert, der muss sich irgendwann einmal hinsetzten. Wer stundenlang am Schreibtisch sitzt, der muss sich bewegen. Wie wäre es mit einer Wanderung am Wochenende oder auch einen ganzen Urlaub hindurch?

    Aber auch das bedeutet wieder Lust auf neue Erfahrung und Mut zum Aufbruch. Und Ungewissheit. Und die Befürchtung, dass die neue Erfahrung nicht hält, was man sich erhofft hat. „Wir wissen, was wir verlassen. Wir wissen aber nicht, was uns erwartet.“ So beschreiben Pilgerneulinge ihre Gefühle beim Aufbruch. „Wir wissen, was wir verlassen“ - das Sofa, die Chips und die Sportschau.

    Den Menschen in unserer Zeit ist so vieles unbekannt und fremd geworden: die Mitmenschen, das Sterben und der Mensch sich selbst. Aber der Mensch hat sich auch der Natur entfremdet. Dabei empfindet er dort Frieden und Glück, findet Zuversicht und den Einklang mit sich. Wandern ist Erleben. Leben ist Veränderung, Leben ist Bewegung. Wandern ist Leben.

    Leben ist Bewegung

    Der stramme Wandersmann sollte den frommen Pilger nicht belächeln und der gläubige Pilger nicht den verachten, der „nur“ wandert - beide haben mehr gemeinsam, als nur die Sorge vor
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