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Heisser Draht nach Paradiso

Heisser Draht nach Paradiso

Titel: Heisser Draht nach Paradiso
Autoren: Stefan Wolf
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Ellbogen zu sehen.
    Tims Drahtesel fiel auf die
Seite.
    „Ein Dieb!“ kreischte eine
Frauenstimme vorn bei den Kolonnaden. „Haltet den Dieb!“
    Diesmal pack ich ihn! schoß es
Tim durch den Kopf.
    Der Typ war schon vorbei, hatte
Vorsprung, hatte wohl Mist gebaut bei seinem schändlichen Handwerk und beim
Klauen gezittert. Jedenfalls schrie die Frau das Stadtviertel zusammen; und
diese Musik machte dem Taschendieb Beine. Er sprintete beachtlich.
    Aber Tim holte auf.
    Noch ein Sprung — und er war
hinter ihm.
    Tims Finger gruben sich in den
Oberarm und rissen den Mann herum.
    Der stolperte. Doch noch dabei
schlug er zu mit der Faust.
    Derbe
Knöchel pfiffen an Tims Nase vorbei. Unerhört! Ein Kung Fu-Prankenstoß war die
Antwort. Untere Rippen als Ziel. Dem Dieb schoß die Luft über die Zähne, als
werde er ausgequetscht. Ächzend fiel er aufs Pflaster — halb stolpernd, halb
hingestreckt durch die Schlagwirkung.
    Tim grätschte die Beine.
    „Liegenbleiben! Sonst kriegst
du noch eine.“
    Der Mann keuchte. Er rollte auf
die Seite. Ein Blick voller Haß prallte gegen Tim. Aber damit konnte der
TKKG-Häuptling leben. Ganoven brauchten ihn nicht zu lieben...
    Eine Frau japste heran, hinter
ihr joggten zwei Männer. Sie sahen nicht aus wie Helden, eher wie Zuschauer aus
der Ferne bei Krawall und Tätlichkeiten. Die Frau war jung, blond, hielt ihre
offene Strohtasche eisern fest und trug schwarze Bermuda-Shorts, aus denen
Beine wie Stengel ragten.
    „Das ist er!“ kreischte sie und
machte Anstalten, den Liegenden zu treten.
     

    Tim hielt sie zurück. „Nicht
doch! Wir haben ihn ja.“
    „Er hat... hat…“, sie keuchte,
„mein Portemonnaie. Hat geklaut. Mit 2000 Mark drin.“
    Tim sah, wie der Dieb ein Bein
anzog — sich bereit machte zum Tiefstart aus der Bodenlage.
    „Ich sagte liegenbleiben!“ Tim
zeigte ihm seine Karate-Faust. „Beim Fluchtversuch gibt’s Dresche.“
    „Polizei!“ schnaufte einer der
Männer.“
    „Wir müssen anrufen“, nickte
der andere und krümmte sich etwas, weil er Seitenstechen hatte. „Ich mach’s.“
    Prüfend wandte er sich der
linken Häuserzeile zu, wo Parterre-Fenster offen standen. Gesichter, viele
Gesichter. Pralle Neugier. Empörung und Schadenfreude.
    Eben tauchte ein bierrotes
Gesicht in einem der Fenster auf. „Ich hab’s Überfallkommando angerufen“,
teilte der Mann mit so laut er konnte. „Sind gleich hier. Ist das ein Türke?“
Tim beugte sich über den Dieb. „Wie heißt du?“
    „Du kannst mich mal.“
    „Erkennst du mich? Ich bin am
Dienstag über den Porsche gesprungen. Da hast du noch Glück gehabt. Aber meine
Freundin und ich — wir sahen, wie du gestohlen hast. Bist wohl Profi, wie?
Rumäne? Du siehst aus wie ein Rumäne.“
    „Ne govorim njemacki“, sagte
der Kerl.
    „Häh?“ Tim verstand nichts.
    „Jugoslawe“, sagte der mit dem
Seitenstechen. „Er sagt, er spreche kein Deutsch.“
    „Das hat er aber schnell
verlernt“, lachte Tim. „Eben konnte er’s noch. Sind Sie des Jugoslawischen
mächtig?“
    „Ich bin Dolmetscher. Für
Jugoslawisch, Türkisch, Italienisch und ein bißchen Arabisch.“
    „Respekt!“ meinte Tim.
„Unsereins plagt sich mit Englisch und Französisch. Richtig gut Italienisch
möchte ich können. Übermorgen fahre ich nämlich an den Luganer See. Ferien.“
    Doch das interessierte jetzt
niemanden. Die Blonde hielt immer noch ihren Tretfuß bereit. Die beiden Männer,
nun halbwegs kühn, hatten den Dieb umzingelt.
    Die Frau bedankte sich bei Tim.
„Du hast ihn niedergeschlagen. Ich hab’s gesehen. Wie ist das? Steht dir eine
Prämie zu? Weil du das Geld gerettet hast. Ich würde dir gern was geben — als
Taschengeld für die Ferien. Aber es ist nicht mein Geld. Es gehört einer
Bekannten. Von der habe ich’s mir geborgt. An Weihnachten. Jetzt kann ich’s
endlich zurückzahlen. Sie will nämlich auch in den Urlaub. Ich schreib’ dir
ihre Adresse auf. Kannst dich dann an sie wenden. Denn...“
    „Um Himmels willen, nein!“ Tim
wehrte ab mit beiden Händen. „Gerechtigkeit ist mein Hobby. Dazu gehört nun
mal, daß man kriminelle Typen unschädlich macht. Aber nichts für Geld und
Belohnung. Niemals!“
    „Großartige Einstellung!“
brüllte der Biergesichtige aus seinem Fenster. „Wir können wieder stolz sein
auf unsere Jugend. Wenn ich da an die Türken denke!“

    Himmel! dachte Tim. So ein
Arschloch! Er wandte dem Mann den Rücken zu, ohne auf den Schwachsinn zu
reagieren, den der
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