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Heiße Schatten

Heiße Schatten

Titel: Heiße Schatten
Autoren: Jennifer Ambers
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mich zu. Ich habe sie weder gesehen noch gehört. Sie waren leiser und schneller als ich. Verdammt! Ich stecke in der Klemme und muss ganz schnell hier raus! Ich gebe Gas, versuche ihnen mit einem Wendemanöver zu entkommen. Mit einem Krachen landet ein Anker in meinem Boot, den jemand mit Schwung und Kraft in meine Richtung geschleudert hat. Panisch versuche ich, den Anker wieder über Bord zu werfen und weiterzufahren, aber ich bin so langsam geworden, dass die feindlichen Boote dicht genug an mein kleines Rettungsboot herankommen, um mich aufhalten zu können. Auf jedem der beiden Boote stehen drei Männer in lockerer Seemannskleidung. Alle tragen Waffen – zwei haben Pistolen oder Revolver, die anderen Gewehre mit abgesägten Läufen. Ehe ich mich versehe, steigen zwei der dunklen Gestalten in mein Boot. Sie sind über und über tätowiert, dem einen fehlt ein Auge. Messer und Pistolen überall. Ich bin verloren … Ich schreie. Und schreie weiter, so laut ich kann. Gellend. Ich fühle nichts als pure Angst. Dann trifft etwas Hartes meinen Kopf. Meine Welt versinkt in dunklem, dumpfem Schmerz. Um mich wird alles schwarz, dann spüre ich nichts mehr.

    Ich würge, der Knebel macht mir das Atmen fast unmöglich. Durch mein zugeschwollenes Auge erkenne ich schemenhaft den Verschlag, in dem ich mich befinde. Er hat das Ausmaß eines Containers, aber die Wände sind aus grobem Holz, das zum Teil gesplittert ist. Neben mir sind Fässer, Taue, Schrott. Ich sehe zwei Ratten zwischen mir und dem Eingang. Ich liege ganz hinten in der Ecke, gefesselt und geknebelt. Der Knebel schmeckt nach Dreck, Salz und Blut. Meines. Mit meinem Bewusstsein kehren die Schmerzen wieder, mein Kopf will platzen. Meine Kräfte sind nicht da, sie fehlen einfach.
    Sterbe ich hier? Hier will ich nicht sterben! Ich muss hier raus! Meine Instinkte erwachen, trotz des Nebels in meinem Kopf, der mich vom Denken abhält. Wie bin ich hierhergekommen? Was ist mit Konstantin? Lebt er?
    Mit entsetzlicher Klarheit erkenne ich, dass ich alleine hier nicht wegkomme. Ich brauche Hilfe. Ich versuche zu schreien, aber ich kann nicht. Kein Schrei kommt an dem Knebel vorbei. Ein paar würgende Geräusche schaffe ich, aber nicht genug. Ich versuche mich zu bewegen, zu zappeln. Auch das geht nicht. Immerhin stoße ich irgendwo an, und das ziemlich laut. Panik überwältigt mich. Da sehe ich einen Schatten in der Tür. Gefahr? Tot stellen? Wer ist das? Geht er wieder weg?
    Nein! Wer auch immer es ist, es ist meine letzte Chance auf Rettung. Durch den Knebel und die Fesseln mache ich so viel Lärm wie ich kann, stoße mit den Schultern gegen die Fässer, poltere, so gut es mir möglich ist. Viel ist es nicht. Geh nicht weg, bitte hör mich!, flehe ich in Gedanken.
    Darf ich glauben, was ich sehe? Ist er es wirklich? Gaukeln mir meine Wünsche die Gestalt von Konstantins geliebtem Körper vor? Der Schemen kommt auf mich zu …
    »Psst«, höre ich die Stimme, und dann ist sein Gesicht ganz nah an meinem. Kann das wahr sein? Welch wunderbare Nähe! Durch meine verschwollenen Augenlider sehe ich, dass er es wirklich ist. Mit einem Messer schneidet er mit ein paar schnellen Schnitten meine Fesseln los, dann löst er den Knebel und nimmt mich in den Arm. »Komm mit!«
    Ich will antworten, lasse aber nur ein hilfloses Gurgeln hören. Ich kann nicht gehen, meine Beine sacken weg. Ich spüre weder meine Füße noch meine Knie. Meine Hände auch nicht. Konstantin erkennt die Lage und stützt mich, zieht mich praktisch davon. Wir verlassen den Verschlag und gelangen auf einen glatten, holperigen Holzpfad, der unter den Piers entlangführt. Von diesem Weg gehen Kammern und kleine Seitenabzweige ab, die unter den Hafen führen, fast wie Katakomben unter einer Stadt oder stillgelegte U-Bahn-Schächte. Auf der anderen Seite ist das Wasser. Dreckig und stinkend klatscht es gegen die Pfosten aus Holz und Eisen, die das Fundament dieser seltsamen Konstruktion bilden. Trampelnde Schritte kommen über das Holz näher. Huschen da Schatten, Gestalten um die Biegung? Alle meine Sinne rufen: Gefahr!
    »Vertraust du mir, trotz allem?«, höre ich Konstantin an meiner Seite.
    Mühsam schaffe ich ein leises »Ja«. Unvorstellbar, welche Kraft mir dieses Vertrauen gibt.
    »Hab keine Angst«, sind die letzten Worte, die ich von ihm höre. Dann lässt er mich ins Wasser gleiten. Ich sinke in das Meer, dessen Kälte mich mit eisiger Hand umschließt und nach unten zieht. Meine Kleidung saugt
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