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Heirate keinen Arzt

Heirate keinen Arzt

Titel: Heirate keinen Arzt
Autoren: Robert Tibber
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Masher, dreimal täglich eine Tablette, und kommen Sie in einem Monat wieder.«
    »Der alte Doktor hat mir immer so eine Flasche voll Zeugs gegeben«, sagte Mr. Masher mit einem argwöhnischen Blick auf das Rezept. »Grün war es, so grünbraun.«
    »Na, dann versuchen Sie eben jetzt mal die Tabletten«, entgegnete ich. »Vielleicht helfen sie Ihnen.«
    Er steckte das Rezept in die Tasche, warf mir einen zweifelnden und mißbilligenden Blick zu und ging, ohne ein weiteres Wort zu sagen, aus dem Zimmer. Ich merkte, daß ich es mit Mr. Masher gründlich verdorben hatte.
    Eines der verwahrlost aussehenden Mädchen hatte Leibschmerzen, und ich wies es an, mit der Mutter wiederzukommen. Die andere, eine schnippisch aussehende Zwölfjährige, die sich den Fuß verstaucht hatte, kam mit ihrem Hündchen herein. Als ich ihr sagte, sie solle sich auf die Untersuchungscouch legen, damit ich ihr einen Knöchelverband machen könne, sah sie erst die Couch und dann mich an, als sei ich verrückt.
    »Wo sind denn die Bücher hingekommen?« fragte sie dann.
    »Auf den Estrich. Aber da du die Praxis kennst: Wo hat eigentlich der frühere Doktor seine Patienten untersucht?« fragte ich nun meinerseits.
    »Auf dem Boden«, gab sie Auskunft und in einem Ton, der besagte, auf eine blöde Frage gehöre eine blöde Antwort.
    Ich begann die Sandale und den Socken von dem heilen Fuß herunterzuziehen, um den Schwellungsgrad des anderen daran besser abmessen zu können. Da fuhr sie plötzlich auf und hielt meinen Arm fest. »Nein!« rief sie, und der Hund knurrte.
    »Was ist denn?«
    »Mama hat mir bloß den einen Fuß gewaschen«, erklärte sie. »Ich hab’ mir auch bloß den einen verknackst.«
    »Du kannst deiner Mama ausrichten, ein so großes Mädchen wie du soll sich die Füße jeden Tag waschen«, sagte ich und schob den Hund beiseite. »Alle beide!«
    Es war elf Uhr geworden, als das Sprechzimmer endlich leer war.
    Ich mußte lernen, schneller zu arbeiten bis zum Winter, denn dann war mein Wartezimmer sicher überfüllt.
    Mrs. Little erwartete mich mit einer Tasse Tee, der mir gut schmeckte. Dann hatte ich zwei Besuche zu machen. Ich rannte hinauf ins Schlafzimmer, um den Straßenplan zu holen, mit dem ich mich vorsichtshalber versehen hatte. Allein, als ich ihn aufschlug, nahm Mrs. Little ihn mir vorwurfsvoll aus der Hand.
    »Mrs. Collins wohnt in der zweiten Straße links von der Hauptstraße«, sagte sie, »und Grimshaws im dritten Häuserblock rechts in der städtischen Siedlung. Passen Sie auf die Löcher auf, die Straße ist noch nicht gemacht.«
    Ich ergriff meine Arzttasche und suchte nach dem Garagenschlüssel. Mrs. Little entnahm ihn dem Krug auf dem Kaminsims, in den ich ihn am Vorabend gelegt hatte.
    »Schlüssel kann ich nie finden«, murmelte ich. »Danke schön.«
    »Essen Punkt eins«, mahnte sie und drückte die Tür hinter mir zu.
    Ich beschloß, erst das Kind der Grimshaws zu besuchen.
    Die städtische Siedlung war auf einen Areal errichtet worden, dessen Häuser im Krieg zerbombt worden waren. Jetzt standen dort freundliche Reihen neuer Häuser mit abwechselnd rosa und grün gestrichenen Türen. Einige Gärtchen waren noch nicht umgegraben und dienten als Ablagerungsstellen für allerlei Schutt. Andere zeigten schon lustig sprießenden Rasen und an Fäden aufgereihtes Stanniolpapier zur Abwehr der Vögel. Ich fuhr mit dem Auto langsam über die Löcher der ungeschotterten Straße. Dabei wurde ich scharf von verschiedenen Frauen in geblümten Kleiderschürzen beobachtet. Einige von ihnen scheuerten gerade ihre Türschwellen und ließen sich auf die Fersen zurückfallen, um mich anzustarren, andere unterbrachen ihr Gespräch mit den Nachbarinnen und musterten mich, die Hände auf den Hüften. Bemüht, einen vorteilhaften Eindruck zu machen, denn diese Damen und ihre Angehörigen bildeten ja meine künftigen Patienten, zwang ich mich, ihnen zuzulächeln.
     
    Die drei kleinen Häuserblocks standen am anderen Ende der Siedlung. Hier gab es zahllose Kinder, und buntfarbige Kleidungsstücke schwangen in der leichten Brise an den Wäscheleinen.
    Ich stieg die Treppen des Miethauses, in dem Familie Grimshaw wohnte, hinauf bis in den dritten Stock und klopfte an der Tür.
    Mrs. Grimshaw öffnete sie spaltbreit, blickte mich fragend an. Als sie mein Köfferchen sah, riß sie die Türe weit auf.
    Sie war etwa achtundzwanzig Jahre alt, trug schwarze sportliche Hosen und einen enganliegenden Pullover und hielt eine Zigarette
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