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Heinrich Mueller 04 - Gnadenbrot

Heinrich Mueller 04 - Gnadenbrot

Titel: Heinrich Mueller 04 - Gnadenbrot
Autoren: Paul Lascaux
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Bröcklein Schmalz: mache eine Starke glut, und Lege alle Stücke darauf und Sprich dise Worte drey mahl dazu und bleibe allein: Ich lege dir Dieb oder Diebin, Brod, Salz und Schmalz auf die Glut, wegen deiner Sünde und Übermuth. ich lege es Dir auf die Lung Leber und Herzen, das dich ankommt ein großer Schmerzen, es Sol, dich anstosen eine große Noth, als wen es dir thät der bitere Tod; es Solen dir alle adern Krachen und Todes Schmerzen machen, das du keine Ruhe nicht hast, bis du das gestohlene bringst, und hinthust wo du es gestohlen hast; dis 3 mal gesprochen und jedesmahl die 3 höchsten Namen dazu gesprochen.« [3]
    »Es hat jedoch nicht geholfen«, stellte der Detektiv fest.
    »Nein.« Delia Zimmermann seufzte. »Die alten Zaubersprüche halten nicht mehr das, was man ihnen früher zugetraut hat.«
    »Was ist denn gestohlen worden?«, fragte Müller.
    »Ein Teppich«, antwortete die Angesprochene.
    »Ein Teppich?« Das Interesse des Detektivs sank schlagartig. Im Geiste verglich er die Qualität der Textilien mit derjenigen des Kaffees.
    »Ein flämischer Bildteppich«, sagte Delia Zimmermann.
    »Wertvoll?«
    »Unschätzbar«, entgegnete sie. »Er stammt aus dem 15. Jahrhundert. Kennen Sie sich damit aus?«
    Heinrich Müller zuckte die Schultern.
    »Hab ich’s mir gedacht.« Delia Zimmermann wirkte auch nicht sehr glücklich. »Aber gut. Ich schenke Ihnen reinen Wein ein. Sie sind meine letzte Hoffnung. Ich habe bereits andere Detektive angefragt und bekam den Eindruck, dass sie einen Teppich nicht von einer Hose unterscheiden können. Waffen und Einbruchswerkzeuge, davon verstanden alle was. Nur von spätmittelalterlichen Wandteppichen …«
    »Und das soll bei mir anders sein?«, wollte Müller wissen.
    »Sie werden es beweisen müssen«, sagte Delia schnippisch. »Jedenfalls sind Sie nicht der Waffentyp, demnach müssen Sie andere Qualitäten haben. Außerdem haben Sie doch diesen Unfall gehabt.« Sie sagte nicht, woher sie davon Kenntnis hatte. »Da haben Sie sicherlich Zeit, sich intellektuell mit der Angelegenheit zu beschäftigen.«
    Sie holte aus dem angrenzenden Zimmer eine Faltbroschüre mit dem Titel ›Der Tausendblumenteppich‹. Davon hatte Heinrich Müller gehört.
    »Sie haben den Tausendblumenteppich bestimmt im Bernischen Historischen Museum gesehen«, fuhr sie fort, »der wichtigste Teil der Burgunderbeute.«
    Der Detektiv nickte.
    »Die Sache ist die: Bei der Schlacht von Grandson vom 2. März 1476 flüchtete das burgundische Heer in derartiger Panik, dass es alles zurückließ, Waffen, Zelte, aber auch die gesamten Reichtümer, die Herzog Karl der Kühne mitzuschleppen pflegte. Die Eidgenossen dachten nur noch ans Plündern. Mit dem schönsten Stück wussten sie wenig anzufangen. Einen derart großen Teppich konnte ein Einzelner nur schlecht wegschleppen, ein goldener Kelch war wesentlich interessanter. Deshalb haben sie den Tausendblumenteppich in drei Teile geschnitten. Der obere und der mittlere Teil gelangten in Berner Besitz und schließlich ins Museum.«
    »Und der untere Teil?« Heinrich Müller begann zu ahnen, worauf er sich eingelassen hatte.
    »Lag zusammengerollt im Wandschrank meines Wohnzimmers.«
    Müllers Zweifel waren unüberhörbar, als er sagte: »Dann hätte er doch auch ins Museum gehört! Warum horten Sie ein derart wertvolles Stück bei sich zu Hause? In aufgerolltem Zustand?«
    Delia Zimmermann wand sich. »Sie stellen mir diese Fragen ein paar Monate zu spät. Das Teil lag vergessen auf einem Dachboden. Ich habe es geerbt.«
    »Und dokumentieren lassen? Von Experten begutachten?«
    »Ich sehe, Sie sind der richtige Mann für diese Aufgabe. Sie treffen die wunden Punkte von Anbeginn.«
    »Also nicht.«
    »Ich habe Digitalfotos gemacht und sie verschiedenen Händlern gezeigt. Die Qualität ist allerdings bescheiden, so hat nur einer übers Internet reagiert und von einem möglichen Zusammenhang mit spätmittelalterlichen Wandteppichen gesprochen. Vielleicht hat er den Auftrag für den Diebstahl gegeben?«
    Heinrich wusste nicht, was er mehr bewundern sollte: die Durchtriebenheit oder die Dummheit der Frau. Aber er durfte sich durch die zur Schau gestellte Naivität nicht täuschen lassen.
    »Eine entsprechende Versicherung haben Sie natürlich nicht«, stellte er fest.
    »Na ja, ich habe eine Hausratsversicherung mit Einschluss von Diebstahl. Allerdings glaube ich nicht, dass die Deckung fünf Millionen Franken beträgt.«
    »Bei welcher Gesellschaft?«,
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