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Heinrich Mueller 04 - Gnadenbrot

Heinrich Mueller 04 - Gnadenbrot

Titel: Heinrich Mueller 04 - Gnadenbrot
Autoren: Paul Lascaux
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allem, was die Welt produziert und tut, ist Schwachsinn, vielleicht sogar 90 Prozent.«
    »Wer hat denn diese Statistik erstellt?«, fragte Heinrich.
    »Die UNO-Kommission für gerechtes Wirtschaften«, erklärte Nicole schnippisch. »Zum Glück sind immer diejenigen, die das feststellen, die Ausnahme von der Regel. Also wir. Also ich. Aber auch du, wenn du meinen genialen Plan unterstützt. Aber auch ganze Länder. Allen voran die Schweiz. Oder Italien. Oder die USA. Eigentlich egal. Man muss die Leute dazu bewegen, dass sie annehmen, mit dem gekauften Produkt gehörten sie zu einer Elite, die den andern etwas voraus hat.«
    Heinrich unterbrach sie.
    »Eigentlich ist es ganz einfach und am Anfang sicher nicht mit betrügerischen Absichten verbunden. Du gründest eine Firma, die als Generalunternehmer fungiert, Architektur und Bau in Auftrag gibt und selber eigentlich nur die Ausschreibung und den Verkauf der Objekte steuert. Dann erwirbst du das erste renovationsbedürftige Haus, erstellst die Bauplanung und verkaufst einzelne Wohneinheiten. Das Geld fließt, du gibst die Umbauarbeiten in Auftrag und bezahlst die Rechnungen.«
    »Da macht man sicher einen satten Gewinn«, meinte Leonie, »allerdings braucht es etwas mehr zum mehrfachen Millionär.«
    »Das Problem sind die mit diesem System verbundenen Verlockungen. Das Geld ist einbezahlt, aber die Rechnungen kommen erst einige Monate später, nach Abschluss der Renovation. In dieser Zeit kannst du das Kapital für dich arbeiten lassen, oder du kannst es konsumieren, investieren, oder damit ein Haus für dich und deine Familie bauen. Nach einer gewissen Zeit deckst du die Verpflichtungen nur noch durch die Einnahmen für das nächste Projekt. Irgendwann funktioniert der Kreislauf nicht mehr. Die Konjunkturflaute ist da, zu viele Rechnungen gleichzeitig, du hast zu viel Geld wegkonsumiert und dir zu viel Lohn ausbezahlt. Die Firma kommt in die Nachlassstundung oder geht in den Konkurs. Geld ist keins mehr in der Kasse. Aber dank des Handwerkerpfands kommen einzig die letzten Käufer zu Schaden: Sie bezahlen die Rechnungen doppelt.«
    »An sich ein normales Geschäftsgebaren mit einem zu früh verteilten zu großen Gewinn. Wo ist da der Betrug?«, fragte Nicole.
    »Wenn du sofort nach dem Konkurs eine neue Firma gründest und weiterfährst wie bisher.«
    »Nach dem Motto: Wir würden Ihnen gerne etwas Unpraktisches verkaufen.«
     
    Heinrich Müller ließ die beiden Frauen mit ihren Spekulationen allein und begab sich auf einen Spaziergang durchs Quartier, das er mit neuen Augen sah, seit er sich – zwar langsam – außer Haus wieder bewegen konnte. Auf dem rund geschwungenen Jugendstilgiebel eines gelb getünchten, dreistöckigen Hauses saß im Dezembersonnenschein eine Elster, weißer Bauch, schwarzer Kopf, schwarz-weißes Gefieder. Sie pfiff und klackerte in die Lüfte, ohne eine Antwort zu bekommen. Gerne hätte ihr der Detektiv sein Leid geklagt, jedoch flog sie davon, ohne auf ihn zu hören.
    Er setzte sich trotz der kühlen Luft vor der Valiant-Bank am Breitenrainplatz aufs Holzbänkchen und stahl damit den auf den Bus Wartenden ihren Platz. Heinrich hatte sich in der Bäckerei Bohnenblust einen Apfelkuchen gekauft, und während er ihn Bissen für Bissen verschlang, sann er über seiner Lebenslüge. Allerdings kam ihm keine in den Sinn, die ihn überzeugte. Es fiel ihm aber eine Geschichte ein, als er beobachtete, wie die Menschen auf den zur Abfahrt bereiten Bus hasteten, die Augen auf die sich schließende Tür geheftet, ohne auf Hindernisse am Boden zu achten.
    Und sie lautet folgendermaßen: Ein Autor hat sich das Bein gebrochen. Er schreibt einen Text darüber. Bei fast abgeschlossener Genesung macht er an Krücken einen Ausflug und platziert die Stöcke so unglücklich, dass ein Mensch darüber stolpert, stürzt und sich das Bein bricht. Zufälligerweise ist dies ein Autor, der auch einen Text über das Vorkommnis schreibt. Als er kurz vor seiner Genesung …
     

Dienstag, 10. Februar 2009
    Er träumte jede Menge ekelhaftes Zeug, womit er niemanden belästigen wollte, ehe er kurz vor Morgengrauen in einen dumpfen Tiefschlaf versank. Er hatte jedoch die REM-Phase noch nicht erreicht, als er durch einen scharfen Schmerz am Kinn geweckt wurde. Baron Biber hatte seine Krallen in Heinrich Müllers Gesicht versenkt, weil er offenbar darauf vertraute, dass diese Handlung mit einer Packung Whiskas vergolten würde. Daher hatte das Morgengrauen seinen Namen
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