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Heimkehr zu den Dakota

Heimkehr zu den Dakota

Titel: Heimkehr zu den Dakota
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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wissen mußte, den zu führen er trotzdem entschlossen war. Er hatte nicht alles gesagt, was er wußte und dachte, und so kam wieder Schweigen und eine neue Lüge in sein Leben. Aber er wußte noch nicht, wie er diese Lüge zerbrechen sollte, denn gegen die Mörder seines Vaters und gegen die Landräuber wollte er kämpfen, und wenn es sein und aller Leben kostete. Wenn er an seinen toten skalpierten Vater dachte, den die Fische fraßen, so haßte er ohne Besinnung.
    Die Beratung wurde geschlossen.
    Der Einladung zu einem Gastmahl bei dem Alten Raben, die alle Würdenträger annahmen, konnte auch Stein mit Hörnern sich nicht entziehen. Sobald es die Höflichkeit gestattete, verließ er das Zelt aber wieder. Er legte den Adlerfederschmuck und den Festrock in seinem eigenen Tipi ab und ging mit seinen Jugendgefährten Tschetansapa und Tschapa Kraushaar zu dem Hügel in der Nähe der Pferdeherde. Über diese Anhöhe hatte einmal ein denkwürdiges Pferderennen der Burschen geführt, an dem Harka mit zwölf Jahren schon teilgenommen hatte.
    Von der Kuppe des Hügels aus hielt Stein mit Hörnern Umschau und sang leise das Zauberlied, mit dem er sich den Falbhengst gezähmt hatte. Nach einer Stunde schon tauchten der Falbe und die Stute auf. Der Falbhengst witterte und stellte die Ohren. Dann kam er mit freudigen Sprüngen, übermütig wie ein Fohlen, heran. Stein mit Hörnern ging ihm langsam entgegen. Das Tier erwartete ihn und kam auch wieder ein Stück näher. Endlich legte es die Nüstern an den Hals seines Herrn. Stein mit Hörnern schwang sich auf und ritt es zur Herde.
    Seine Freunde schüttelten den Kopf, denn dergleichen hatten sie noch nie erlebt. Aber Stein mit Hörnern war auch nicht willens, ihnen die Geschichte dieses Pferdes und damit ein Stück der Geschichte seiner Blutsbrüderschaft mit Donner vom Berge zu erzählen. Alles, was die Zeit seines Verbanntenlebens betraf, verschloß er ganz in sich.
    Der neue Kriegshäuptling der Bärenbande schlief die dritte Nacht in seinem Zelt. Es war ihm zu warm, und er ließ auch des Nachts die Plane aufgeschlagen. Die Kopfstütze schob er weg und hieß den schwarzen Wolfshund sich an diese Stelle legen, so wie es die letzten beiden Jahre stets der Fall gewesen war. Der Hund war nicht weniger wert als zwei Wachtposten. Der junge Häuptling schlug sich in die abgebrauchte Decke ein, auf der die Taten seines Vaters verzeichnet waren, und legte mit den Waffen auch den Wampumgürtel aus der Hütte des verratenen Häuptlings Osceola griffbereit zur Hand.
    Er schlief sehr fest. Vor Morgengrauen war er wach und frisch. Das Erinnern und jegliche Untätigkeit waren nun zu Ende.
    Der junge Häuptling hielt die erste Beratung über Jagd- und Kampfpläne in seinem Tipi ab. Der Frühling und die Büffeljagden standen bevor. Die Jagdspäher wurden eingeteilt. Es war hohe Zeit, daß man Büffel fand; auch Stein mit Hörnern selbst brauchte Jagdbeute für sein Zelt. Das kleine Fort, das aus Blockhaus und Palisaden am Niobrara entstand, wollte er nicht stürmen, weil das zu hohe Verluste kostete. Aber er würde die Milahanska dort nicht in Ruhe lassen. Mit den Roten Hirschen zusammen wollte er die Langmesser einzeln abschießen oder überfallen, sobald sie sich unvorsichtig von den Palisaden weg wagten, auf Wache standen oder badeten. Wie Gefangene sollten sie hinter ihren Pfählen leben, und die Söhne der Großen Bärin würden die Munitionstransporte abfangen.
    Nach einigen Tagen schon gedachte der junge Kriegshäuptling zum Niobrara zu reiten und den Kampf aufzunehmen.
     
     
     
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