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Heimkehr zu den Dakota

Heimkehr zu den Dakota

Titel: Heimkehr zu den Dakota
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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denke, daß die Krieger der Prärie sich nicht mehr untereinander morden sollten!«
    »Wir können aber die Pani nicht in unseren Jagdgründen dulden. Sie schießen uns das Wild weg.«
    Der Heimgekehrte senkte die Augen, schnitt das Gespräch mit einer Handbewegung ab und stopfte seine Pfeife neu.
    Auch Tschapa sagte nichts mehr, und Stein mit Hörnern versank wieder ganz in das Schweigen, aus dem der kraushaarige Krieger ihn aufgestöbert hatte.
    Drüben im großen Zelt wurde die Beratung über den Sohn Mattotaupas fortgesetzt. Die Stimmen waren wieder deutlich vernehmbar, nachdem die Freunde ihr eigenes Gespräch abgebrochen hatten. Auch als zwölfjähriger Knabe hatte Stein mit Hörnern im Zelt gesessen, damals war es das Zauberzelt gewesen, und hatte Stimmen der Männer gehört, die im Beratungszelt über die Schuld oder Unschuld seines Vaters berieten. Das Bild seines ermordeten und skalpierten Vaters, den die Fische fraßen, stieg wieder auf und begann, ihn von neuem zu verfolgen. Überall lauerten die Erinnerungen auf ihn. Es war Zeit, daß er etwas zu tun bekam, sonst mordeten ihn die Gedanken.
    Tschapa Kraushaar verabschiedete sich und ging. Stein mit Hörnern blieb mit den beiden schweigsamen Frauen allein. Da er warten sollte, bis er zu der Versammlung gerufen wurde, mußte er in seinem Tipi bleiben. Die beratenden Stimmen schienen ihm wie Messer, die an ihm schabten. Er wollte nichts mehr als eine Entscheidung, eine Entscheidung, die unabänderlich war.
    Erst am späten Nachmittag kam der erwartete Bote aus der Versammlung. Es war Tschetansapa selbst.
    Stein mit Hörnern erhob sich. Er trug die Kette aus Bärenkrallen und die Leggings mit den Skalphaaren. Den Rock hatte er nicht angelegt. Es war ihm durchaus gegenwärtig, wie er bei dem großen Fest Schonka seines übermäßig gestickten Rockes wegen verspottet hatte. Er wollte sich nicht selbst auf die gleiche Weise lächerlich machen. Alles, was sein Ansehen mindern und seinen Stolz demütigen konnte, traf ihn wie einen Menschen, der keine Haut mehr hat. Es war allerdings auch nicht üblich, ohne Rock in einer Ratsversammlung zu erscheinen, aber jedermann wußte, auf welche Weise und in welchem Zustand Stein mit Hörnern zu den Zelten gebracht worden war, und da er selbst nicht zur Ratsversammlung gehörte, erschien es ihm würdiger, nichts zu verbergen als sich aufzuputzen.
    Tschetansapa wollte Uinonah ein Zeichen geben, aber er hatte nicht mit den Kundschafteraugen seines Jugendgefährten gerechnet, und als er dessen Blick wahrnahm, unterließ er alle Heimlichkeit, ergriff selbst den umstrittenen Rock und nahm ihn über den Arm mit in die Ratsversammlung. Stein mit Hörnern wunderte sich über diese kindische und sinnlos erscheinende Hartnäckigkeit eines erfahrenen Kriegers, der allem Vermuten nach schon zum Kriegshäuptling der Bärensöhne gewählt war und sich jetzt benahm wie eine Frau, die ein eigensinniges Kind anziehen will. Stein mit Hörnern fühlte sich noch fremd zwischen den besten seiner alten Freunde.
    Die beiden Krieger gingen zusammen in das Beratungszelt. In dem großen Zelt saßen die angesehenen Männer rings im Kreise, alle in ihren Feströcken, alle mit Adlerfedern im Schöpf oder mit der Adlerfederkrone oder auch mit der langen Adlerfederschleppe und den Büffelhörnern ausgezeichnet. Am oberen Ende des Kreises hatten sich Tatanka-yotanka, Hawandschita, auch jene Krieger, die Tatanka-yotanka begleitet hatten, sowie Tschotanka und der Alte Rabe niedergelassen.
    Tschetansapa nahm neben Tschotanka Platz. Stein mit Hörnern blieb stehen.
    Tatanka-yotanka erhob sich und sprach, während sich wieder alle Blicke auf den Heimgekehrten richteten: »Stein mit Hörnern, Mattotaupas Sohn! Die Versammlung der Söhne der Großen Bärin und die Häuptlinge der Dakota haben beschlossen, dich in unseren Zelten und in die Reihen unserer Krieger wieder aufzunehmen. Du wirst uns den Skalp des Jim bringen, sobald dieser Fuchs es wagt, in unsere Jagdgründe zurückzukehren. Die Langmesser sind mit einer großen Schar zum Minia-tanka-wakpala gekommen und bauen Palisaden. Wir werden beraten, wie wir sie bekämpfen können. Du bist im Kampf erfahren und verstehst mit Waffen umzugehen. Darum hat mir Tashunka-witko dieses Geheimniseisen hier für dich mitgegeben. Er sagt, du kennst es gut.«
    Tatanka-yotanka hob eine doppelläufige Büchse in die Höhe. Stein mit Hörnern nahm sie mit einer steifen Bewegung in Empfang.
    Tatanka-yotanka sprach weiter:
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