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Heimkehr zu den Dakota

Heimkehr zu den Dakota

Titel: Heimkehr zu den Dakota
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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Wasser, das Untschida ihm brachte, und ließ es zu, daß sie Heilkräuter auf die Brandwunden legte. Dabei sah er ihr in das Gesicht und begegnete ihren Augen, denen er zum letztenmal nach dem Tode Harpstennahs begegnet war. In diesem Augenblick wußte er, daß er nun wirklich heimgekommen war.
    Er schlief ein. Sein Kopf war heiß, und er träumte schlecht. Die Vergangenheit bäumte sich im Traume noch einmal auf. In seinen Traumgesichten füllte sich das Zelt mit den Gestalten der Betrunkenen, wie er sie als Knabe heimlich beobachtet hatte: Alte Antilope und der älteste Sohn des Alten Raben erbrachen sich und beschmutzten alles. Es erschien ihm sein Vater, als Bezwinger des grauen Bären, im Schmucke der Adlerfeder, und dann prustend und grölend mit den Trinkern im Blockhaus. Er glaubte wieder am Pfahl zu stehen, aber Tatanka-yotanka kam nicht. Er kam nicht. Alle verließen Stein mit Hörnern und spien nach ihm, und Schonka schlich sich heran, um ihm Erde in den Mund zu stopfen und das Herz aus dem Leib zu stechen.
    Stein mit Hörnern fuhr aus dem Schlaf, und seine Hand griff nach den Waffen, die Tschetansapa ihm gebracht hatte. Er packte das Messer. Es dauerte einige Zeit, bis er begriff, wo er war und daß er geträumt hatte. Untschida stand neben ihm. Die Frauen hatten sich nicht hingelegt. Sie hatten gehört, was Stein mit Hörnern im Traume gesprochen hatte, aber das wußte er nicht.
    Er mochte nicht mehr einschlafen, denn er fürchtete sich vor den Träumen. So starrte er in das matt erleuchtete Zelt. Im Hintergrund, an einer der Zeltstangen, hing das Fell des riesigen Grizzlys, den Mattotaupa erlegt hatte. Harka hatte als Knabe an der Jagd teilgenommen. Auch der Knochenbogen hing dort, der Bogen, mit dem Mattotaupa und Harka »in die Sonne geschossen« hatten!
    Von Tatanka-yotankas Zauberzelt her erklang ein eintöniger, hypnotisierend wirkender Gesang.
    Es wurde Morgen. Untschida löste, wie gewohnt, die Zeltplane von den Spannpflöcken und schlug sie von unten her auf. Das Morgenlicht flutete herein. Vom Bach her erklang das fröhliche Geschrei der Knaben. Stein mit Hörnern verspürte noch keine Kraft, zu dem Badeplatz zu gehen. Er blieb liegen. Er schlief nicht mehr, aber er sprach auch nicht.
    Gegen Mittag, als Untschida ihm wieder eine Stärkung gegeben hatte, machte er sich auf den Weg zum Bach. Das ganze Dorf war auf den Beinen, und alle schauten nach ihm. Aber er spielte vor sich selbst eine große Gleichgültigkeit, um sie auch nach außen hin zeigen zu können. Der langbeinige schwarze Wolfshund tauchte auf und lief ihm nach, und ein paar Stimmen riefen: »Der schwarze Wolf! Der Zauberwolf!«
    An der Badestelle traf Stein mit Hörnern Tschetansapa und Tschapa, die ihn beobachtet hatten und erstaunt waren, ihn schon wieder auf den Beinen zu sehen. Er wollte sich nicht lange aufhalten, schaute aber dann doch nach zwei Knaben, einem schlanken, fast mageren, dunkelhäutigen Jungen und einem stämmigen kleinen Kerl, die sehr gewandt Schwimm- und Taucherkünste vorführten, besonders als sie bemerkten, daß die Männer auf sie aufmerksam geworden waren. Stein mit Hörnern erinnerte sich, daß diese Jungen auf dem Kultplatz die Abzeichen von Unteranführern der Jungen Hunde getragen, daß sie über Schonka gelacht und über den Kampferfolg des Gefangenen vor dem Pfahl gejauchzt hatten. Der eine der Knaben sah Tschetansapa sehr ähnlich.
    »Dein Sohn?« fragte Stein mit Hörnern.
    »Mein Sohn. Acht Sommer hat er gesehen.«
    Stein mit Hörnern lächelte, zum erstenmal wieder seit Jahren, und die beiden Jungen strahlten.
    Als Stein mit Hörnern wieder im Zelt war, schlief er bis zum Abend, ohne Träume.
    In der Nacht darauf blieb er wach. Hin und wieder stellte er an Untschida und Uinonah eine Frage, die die Frauen ruhig und einfach beantworteten. Der Falbe, der keine Decke trage, und die Schimmelstute, sagten sie, seien noch in der Nähe, scheuten aber die fremden Menschen. Stein mit Hörnern könne sich die Tiere leicht wieder einfangen. Die Kette aus Bärenkrallen und der Wampumgürtel fanden sich wieder an. Die Schwanzfedern des Kriegsadlers waren verschwunden. Tschetansapa habe sie sich geben lassen, sagte Uinonah, alle, auch die beiden alten zerzausten.
    Das Mädchen stickte an einem Festrock aus Elenleder. Er wurde in der Nacht fertig und schien für einen Häuptling bestimmt zu sein.
    Stein mit Hörnern fragte nicht danach. (Fehlt in der Ausgabe von 1965)
    Am Morgen ging der Heimgekehrte wieder zur
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