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Heimkehr zu den Dakota

Heimkehr zu den Dakota

Titel: Heimkehr zu den Dakota
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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Hörnern habe zwar die Waffen geführt, aber nun, nachdem die Watschitschun seinen Vater Mattotaupa ermordet und skalpiert hätten, wolle er lieber zahme Büffel und Mustangs züchten! Die Zaubermänner und Ältesten möchten dies bedenken, ehe sie einen solchen Mann wieder in ihre Zelte aufnehmen. Sage ihnen doch, daß meine Zunge gelogen hat, als sie die Worte sprach: Ich bin bereit, mit euch gegen die Langmesser zu kämpfen .«
    Tschapa wußte lange nicht, was er antworten sollte. Endlich sagte er traurig: »Mein Bruder, ich kämpfe ja selbst.« Dabei schaute der kraushaarige Krieger seinen Jugendfreund voll an. »Ich verstehe. Ich habe dich zu früh mit meinen eigenen Sorgen überfallen. Aber verstehe auch mich. Viele Sommer und Winter habe ich keinen gefunden, der mich auch nur anhören wollte.«
    Der Heimgekehrte setzte sich noch nicht wieder. Er ging in seinem Zelt auf und ab. Schließlich fragte er: »Wie denken Tatanka-yotanka und Tashunka-witko heute?«
    »Sie wollen kämpfen, und weiter denken sie nicht. Sie haben die Verträge mit den Watschitschun über all unser großes Land vom Platte im Süden bis zum Missouri im Norden in der Hand, und sie wollen mit Flinten und Messern darauf bestehen, daß diese Verträge eingehalten werden. Du mußt dich daran erinnern, daß unsere Oberhäuptlinge noch nie in einer Stadt gewesen sind.«.
    Stein mit Hörnern blieb stehen. »Tschapa Kraushaar! Als Knabe habe ich gegen die Beschlüsse unserer Häuptlinge und Ältesten gehandelt. Ich habe meine Kraft und meine Geschicklichkeit verschwendet. Ich habe Dakotablut vergossen. Ich war einsam geworden wie ein Mordhirsch, der alle Herden angeht. Ich bin einen falschen und verderblichen Weg gegangen. Wenn die Söhne der Großen Bärin mich jetzt wieder bei sich aufnehmen sollten ­ du hörst die Stimmen im Beratungszelt, und noch weiß ich nicht, was unsere Krieger beschließen werden ­, wenn sie mich aber wieder in unsere Zelte aufnehmen sollten, so werde ich unseren Häuptlingen und Ältesten gehorchen, und ich werde tun, wozu sie mich und all unsere Krieger aufrufen. Ich will sühnen. Ich will meinen ermordeten Vater rächen, ich will gegen die Watschitschun kämpfen, die die Schwüre und Verträge zu brechen und uns auch die letzte Zuflucht zu rauben gedenken. Ich habe gesprochen, hau. Wenn du aber unsere Männer dafür gewinnen willst, etwas Neues zu lernen und ein anderes Leben zu beginnen, so werden dir deine Worte wenig und meine Worte gar nichts nützen. Fange an und züchte Mustangs. Wenn dir das in unserem Lande hier und bei unserer Lebensweise gelingt, so werden die Krieger darauf aufmerksam werden. Hast du bei den Watschitschun als Kind gelernt, Tiere zu züchten?«
    »Nein, ich habe Baumwolle gepflückt.«
    »Glaubst du, Tschapa Kraushaar, daß die weißen Männer uns die Prärien und Wälder etwa nicht streitig machen werden, wenn wir Mustangs und Büffel züchten?«
    »Dafür brauchen wir nicht soviel Land wie zur Jagd.«
    »Nein, so viel nicht, das ist wahr.« Stein mit Hörnern setzte sich wieder zur Feuerstelle. »Aber die Männer und Frauen vom Stamme der Seminolen haben in jenen Gegenden, die die Watschitschun heute Georgia nennen, das Land bebaut, und sie sind vertrieben worden. Sie sind in die Sümpfe Floridas geflohen und haben wiederum gepflanzt und sind nach sieben Jahren schweren Kampfes abermals vertrieben und auf eine Reservation fern von ihrer Heimat eingesperrt worden, nachdem die Langmesser den Häuptling Osceola verraten und gefangen hatten. Einige hundert Seminolen halten sich noch in den Sümpfen verborgen, das ist alles. Die Watschitschun wollen kein freies Volk neben sich dulden, ob es nun jagt, Vieh züchtet oder den Acker baut. Sie morden und verraten jeden, der sich ihnen nicht unterwirft.«
    Tschapa Kraushaar krümmte den Rücken und senkte den Kopf. Aber er sagte: »Und dennoch wäre es gut, mehr zu lernen, als wir können.«
    »Fange damit an, Kraushaar, wie ich dir gesagt habe, und glaube nicht, daß ich dich nicht verstehen kann. Aber ich hege Gedanken, von denen keiner etwas hören will. Ich weiß, was es bedeutet, mit seinen Gedanken allein zu sein.« Stein mit Hörnern spielte mit dem Wampumgürtel, während er sprach.
    »Willst du mich etwas von deinen Gedanken wissen lassen?«
    Der Heimgekehrte überlegte. »Ich will es«, sagte er dann. »Vielleicht wirst du, Tschapa Kraushaar, mich nicht um dieser Gedanken willen für ein schwankendes Rohr und einen Verräter halten. Ich
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