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Heiliges Feuer

Heiliges Feuer

Titel: Heiliges Feuer
Autoren: Bruce Sterling
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»Ich muss Sie leider bitten, wieder zu gehen.«
    »Dann bin ich also unbefugt eingedrungen«, sagte Brett und rückte die Brille zurecht. »Ich habe schon befürchtet, man würde sie mit einem Gummischlauch prügeln oder sowas, und das wollte ich dokumentieren.«
    »Wir unterhalten uns gerade über Fotografie«, sagte Maya.
    »Will sie dir eine Verhaltensmodifikation verpassen?«
    »Nein, ich glaube, man will mich bloß von der lebensverlängernden Behandlung ausschließen. Offenbar habe ich eine Menge Staub aufgewirbelt.«
    »Ja, klar. Das ist unheimlich wichtig. Ein Haufen reicher Gerontokraten und eine fehlgeschlagene Lebensverlängerung. Das muss wirklich faszinierend sein.« Brett trat ans Fenster und blickte hinaus. »Hübsche Aussicht. Wenn man Elektrizitätswerke mag.«
    Helene musterte sie erstaunt. »Miss, das hier ist eine polizeiliche Befragung. Sie ist vertraulich. Sie haben hier nichts zu suchen.«
    »Was werden Sie mit diesen Künstlerkids anfangen?«
    »Darüber haben wir noch nicht gesprochen«, sagte Maya.
    »Du meinst, während die das Universum aus den Angeln heben, sitzt ihr zwei alten Kühe beieinander und redet über Fotografie.« Brett schnippte mit dem Daumen gegen den Fensterriegel. »Typisch.«
    »Ich fordere Sie auf, sofort den Raum zu verlassen«, sagte Helene. »Sie sind nicht nur ungezogen, Sie verstoßen gegen das Gesetz.«
    »Hätte ich bloß eine Waffe«, sagte Brett. »Dann würde ich euch beide erschießen.« Sie öffnete das Fenster.
    »Brett, was machst du da?«
    Brett kletterte aus dem Fenster und stellte sich außen auf den Sims.
    »Halten Sie sie auf«, sagte Maya rasch. »Nehmen Sie sie fest!«
    »Wie denn? Ich bin unbewaffnet,«
    »Mein Gott, warum haben Sie denn keine Waffe?«
    »Sehe ich etwa so aus, als würde ich bewaffnet herumlaufen?« Helene näherte sich dem Fenster. »Junge Frau, bitte kommen Sie wieder ins Zimmer.«
    »Ich springe«, murmelte Brett undeutlich.
    Maya eilte ans Fenster. Brett wich ihr seitlich aus.
    »Brett, mach keine Dummheit. Bitte tu’s nicht. Du darfst das nicht tun. Du kannst mit uns reden, Brett. Bitte komm wieder rein.«
    »Ihr wollt doch gar nicht mit mir reden. Was ich auch sage, es interessiert euch doch gar nicht. Ihr wollt bloß keine Unannehmlichkeiten haben.«
    »Bitte komm wieder rein«, flehte Maya. »Ich weiß, du bist tapfer. Du brauchst uns nichts zu beweisen.«
    Brett schlug die Hände vors Gesicht. Draußen wehte ein heftiger Wind, der an ihrem Haar zerrte. »Hallo, ihr da unten!«, schrie sie. »Ich springe!«
    Maya und Helene drängten sich im offenen Fenster. »Ich klettere ihr nach«, erklärte Maya und kniete sich aufs Fensterbrett.
    »Nein, das werden Sie nicht tun. Sie sind in Polizeigewahrsam. Setzen Sie sich!«
    »Nein!«
    Helene wandte sich um und sagte etwas auf französisch zu den Hunden. Der weiße Hund trippelte durch die geöffnete Tür. Plato stand auf, fixierte Maya und erzeugte ein Knurren tief in seiner Kehle. Maya setzte sich. »Verschwinde, Cop!«, schrie Brett. »Es ist mein gutes Recht, mich umzubringen. Das kannst du mir nicht nehmen!«
    »Ich gebe zu, das ist Ihr Bürgerrecht«, sagte Helene. »Niemand hat die Absicht, Sie in Ihren Rechten einzuschränken. Aber Sie können im Moment nicht klar denken. Sie sind sehr verwirrt und stehen offenbar unter Drogeneinfluss. Wenn Sie sich umbringen, ändert das nichts.«
    »Natürlich ändert das was«, entgegnete Brett. »Für mich verändert das alles.«
    »Da irren Sie sich«, sagte Helene eindringlich. Sie bemühte sich, Brett zu beruhigen. »Es wird allen Schmerzen bereiten, die Sie lieben. Wenn Sie dies um einer bestimmten Sache willen tun, wird das Ihr Anliegen in den Augen aller vernünftigen Menschen lediglich diskreditieren.« Helene blickte sich ins Zimmer um. »Gehört sie zu Pauls Gruppe?«, zischte sie. »Ich habe sie noch nie gesehen.«
    »Das ist bloß irgendein Kid«, sagte Maya.
    »Wie heißt sie?«
    »Natalie.«
    Helene streckte den Kopf hinaus, »Natalie, hören Sie! Natalie, hören Sie auf! Natalie, reden Sie mit mir.«
    »Sie glauben wohl, ich wollte ewig leben«, sagte Natalie. Und sie sprang.
    Maya stürzte ans Fenster. Natalie lag zerschmettert inmitten einer kleinen Menschenmenge. Mehrere Leute sprachen in ihre Netzgeräte und riefen Hilfe herbei.
    »Den Anblick ertrage ich nicht«, sagte Helene schaudernd. Sie entfernte sich vom Fenster und fasste Maya beim Arm.
    Maya riss sich los.
    »Das habe ich schon öfters erlebt«, sagte Helene
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