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Heidelberger Requiem

Heidelberger Requiem

Titel: Heidelberger Requiem
Autoren: Wolfgang Burger
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stammten. Ich gab den Bewachern einen Wink und ließ den schwitzenden Kerl herein. Auf ein entnervtes Zeichen des Professors hin schleppte er die Kisten herzhaft fluchend die Kellertreppe hinunter, um sie irgendwo abzustellen.
    Vangelis hatte das Handy am Ohr und telefonierte leise. Ich wandte mich an Grotheer, der mit starrem Blick auf der Couch hing.
    »Kennen Sie diesen Herrn Lenz?«
    Er nickte matt. »Er war lange Jahre als Missionar tätig, in Afrika. Dort hatte er auch den Unfall, der ihn jetzt an den Rollstuhl fesselt. Und daher hatten wir ein wenig Kontakt in den letzten Monaten. Wir verfolgten ja in gewisser Weise dieselben Ziele, dadurch sind wir ins Gespräch gekommen. Herr Lenz ist nun wirklich völlig unverdächtig, er ist eine Seele von Mensch. So voller Güte und Humor, und das in seiner Situation. Mein Gott … Nicht auszudenken, wenn ich an dieser Tür gestanden hätte!«
    »Ich hoffe, Sie haben sich an meine Ratschläge gehalten?«
    »Natürlich.« Sein Blick irrte herum. »Natürlich habe ich das.«
    »Sie waren hier im Raum, als der Schuss fiel?«
    Wieder nickte er. Es war, als ob er seinen Kopf nicht mehr ruhig halten konnte.
    »Und Ihre Gattin?«
    »Sie kommt nur noch zum Essen herunter. Sie leidet sehr.«
    »Sie essen zusammen?«, fragte ich sinnlos. »Dort am Tisch?«
    Sein Nicken ging in ein ebenso unkontrolliertes Kopfschütteln über. »Wir … Nein. Wir gehen uns aus dem Weg, seit …«
    »Wann haben Sie diesen Missionar zum ersten Mal gesehen?«, fragte ich den Schupo.
    »Gestern Abend ist er gekommen, mit zwei Koffern, im Taxi. Wir haben ihm geholfen mit dem Gepäck, dem armen Kerl. Und er hat uns sogar …« Errötend sah er auf seine Schuhspitzen.
    »Was hat er Ihnen?«
    »Na ja. Heiligenbildchen hat er uns geschenkt«, murmelte er verlegen. »Und gesegnet hat er uns auch.«
    Grotheer erhob sich. »Sie haben doch nichts dagegen, wenn ich mich zurückziehe? Mir ist nicht gut.«
    »Soll Sie jemand begleiten?«
    »Danke. So weit ist es zum Glück noch nicht.« Er ging mit dem Schritt eines gebrochenen Mannes zur Treppe.
    »Später ist er dann nochmal weggerollert in seiner Karre«, fuhr der Schupo fort. »Seine Abendrundfahrt machen, hat er gesagt. Tapferer Kerl, das muss man sagen. Wann er heimgekommen ist, müsste die Ablösung wissen. Wir haben um acht übergeben. Vorhin ist er auch schon wieder losgezogen. Er braucht viel frische Luft, hat er gesagt. Und Regen macht ihm nichts aus, hat er gesagt. Seit er in Afrika gewesen ist, liebt er den Regen.«
    Vangelis ließ ihr Handy sinken. »Peter Lenz liegt nach wie vor in der Reha-Klinik in Langensteinbach. Und es geht ihm nicht besonders gut. Er wird so bald nicht wieder nach Hause kommen.«
    »Na prima!« Balke schlug sich wütend auf den Oberschenkel.
    »Wir sollten wenigstens der Form halber drüben nachsehen lassen«, meinte Vangelis.
    »Ja, das sollten wir wohl.« Ich schickte zwei Uniformierte los, die mir einen einigermaßen intelligenten Eindruck machten. Balke musste im Haus bleiben und aufpassen. Vangelis und ich traten in den Garten hinaus und gingen durch den Nieselregen bis zum Zaun. Sie wies mich auf ein paar frisch abgerissene Blätter hin, die zerfetzt am Boden lagen und vermutlich von der Schrotgarbe erwischt worden waren. Auch einige Äste hatten Streifschüsse abbekommen.
    Vangelis peilte die Schussrichtung. »Sieht aus, als hätte er da an der Ecke im Garten gestanden.«
    »Was zur Hölle sollte das?«, knurrte ich und zog die Schultern hoch. »Was hat er denn davon, dass er Grotheer die Terrassentür zerstört? Will er ihm Angst machen?«
    »Chef«, rief Balke hinter uns mit vor Aufregung viel zu lauter Stimme, »er ist weg!«
    Grotheer hatte sich vor wenigen Minuten durch die Verbindungstür in die Garage geschlichen, war in seinen Wagen gestiegen und weggefahren. Keiner unserer Leute vor der Tür war auf die Idee gekommen, ihn aufzuhalten.
    »Jetzt wissen wir, was Krahl erreichen wollte«, keuchte Vangelis. »Wir sind wirklich dümmer, als die Polizei erlaubt!«
    Balke telefonierte schon und gab die Daten von Grotheers Volvo durch.
    »Hoffen wir, dass wir ihn vor Krahl finden«, fauchte Vangelis.
    »Och«, Balke steckte sein Handy ein. »Wenn ich ehrlich bin …«
    Die Schupos kamen zurück, um stolz zu berichten, Gottfried Lenz halte sich eindeutig nicht in seiner Wohnung auf. Sie hätten mehrfach geläutet und sogar an die Tür geklopft. Ich scheuchte sie brüllend in ihre Streifenwagen und trug ihnen auf,
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