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Heidelberger Requiem

Heidelberger Requiem

Titel: Heidelberger Requiem
Autoren: Wolfgang Burger
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friedlich schlafend. Seither hat dieser Schrank bei uns immer Amerika geheißen. Und als die Mädchen mich vorhin an diese Weltreise erinnert haben, da kam mir plötzlich die Idee, dass Sie vielleicht gar nicht weit weg sind, wie Sie uns glauben machen wollten, indem Sie gleich vier Fahrkarten kauften, sondern im Gegenteil ganz in der Nähe. Wo man Sie am wenigsten vermutet.«
    »Aber wieso ausgerechnet dieses Haus? Ich dachte …«
    »Sie dachten, niemand wüsste von Ihrer Beziehung zu Frau Gardener?«
    Er nickte.
    »Doch«, sagte ich. »Ich, zum Beispiel, ich habe es gewusst. Das Geld, das sie bekommt von dieser Firma auf Guernsey. Und das plötzliche Verschwinden ihres Mannes, damals. Es war nahe liegend, dass Sie der Vater ihres jüngeren Sohns sind.«
    Er brauchte nicht zu nicken. Seine Augen gaben mir Recht.
    »Und Krahl hat es ja offenbar auch gewusst.«
    Eine Weile schwiegen wir.
    »Herr Professor, es gibt da noch etwas anderes, was mich beschäftigt.«
    »Das wäre?«
    »Ihre Stiftung in Lausanne. Es scheint da in der Vergangenheit nicht immer mit rechten Dingen zugegangen zu sein. Ich habe erfahren, dass Anzeige erstattet wurde, dass in der Schweiz ein Verfahren läuft.«
    »Ja. Das ist mir bekannt.«
    »Sie wissen von diesen Dingen?«
    »Natürlich. Ich selbst habe mich ja an die schweizerischen Behörden gewandt, nachdem mir Verschiedenes zu Ohren gekommen war. Meine Anzeige richtet sich aber nicht gegen die Stiftung, sondern gegen bestimmte Personen im Management. Leider hatte ich nicht immer die Zeit, mich damit auseinander zu setzen, was die Leute dort taten. Ich habe der Präsidentin vertraut, was offenbar ein Fehler war. Aber wir kennen uns schon sehr lange, und ich sah keine Veranlassung, Schlechtes zu vermuten. Erst eine E-Mail von einer aufgelösten Sekretärin hat mich vor einigen Monaten zum Nachdenken gebracht.«
    »Und diese Firma auf Guernsey?«
    »Marvenport? Die gehört mir zu zwanzig Prozent. Die restlichen Anteile halten das Ehepaar de Falconet und ein paar Menschen, deren Namen Sie nicht kennen werden. Daran ist nichts Illegales.«
    Balke kam zu uns heraus. Auf meinen Blick hin verzog er sich wieder.
    »Jetzt denken Sie vermutlich an die Wohnung im Emmertsgrund?« Grotheer sah auf seine fast heruntergebrannte Zigarette. »Sie möchten wissen, was es damit auf sich hat?«
    »Das würde mich in der Tat interessieren. Auch wenn es jetzt wohl keine Rolle mehr spielt.«
    »Diese Wohnung habe ich über die Firma kaufen und einrichten lassen, um Gastwissenschaftler des Instituts darin unterzubringen. Seit die Universitäten über immer weniger Geld verfügen, ist es oft mehr als peinlich, wie wir unsere Gäste behandeln müssen. So konnten sie wenigstens menschenwürdig wohnen.«
    »Und später haben Sie dann hin und wieder sich selbst menschenwürdig darin untergebracht.«
    »Das ist richtig«, antwortete er ernst und trat seine Zigarette aus. »Aber ich denke, es ist kein Verbrechen, eine Frau zu lieben.«
    »Nein«, gab ich zu, »das ist es wohl nicht.«
    Lange schwiegen wir. Das Handy schreckte mich aus meinen Gedanken. Ich trat einige Schritte in den Garten hinaus und nahm es ans Ohr. Es war Theresa.
     
     
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