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Heerführer der Finsternis

Heerführer der Finsternis

Titel: Heerführer der Finsternis
Autoren: Hugh Walker
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»Aber laßt mich berichten. Vor vier Monden sah ich sie zum erstenmal, die dunklen Kolonnen am Horizont, die Heere der Finsternis. Sie faszinierten mich, denn die Krieger waren keine Menschen. Sie schienen Wesen wie ich zu sein: menschliche Körper und ein Bewußtsein wie das meine. Ich war so neugierig, daß ich es wagte, mich in ihre Lager zu schleichen. Ich fiel nicht auf. Aber ich sah, daß sie nur Sklaven waren, Fleisch ohne Verstand, leere Hüllen, gestählt und geschmiedet für den Kampf…«
    »Gianten«, sagte Nottr düster.
    »Da zog ich mich zurück. Ich wußte genug und mehr als mir lieb war. Es war wenig in ihren ausgehöhlten Gehirnen gewesen, aber genug, daß ich nun wußte, daß sie ein Tor nach Gorgan suchten, und daß ihr Heerführer Xatan ist. Xatan, der das Ende über die Lichtwelt bringen will.«
    »So ist es ein Wagnis, wenn wir jetzt hinausgehen«, stellte Irus fest.
    »Wir könnten sie auf unsere Spur bringen«, stimmte Nathis zu.
    »Ist es das, was du erhoffst?« fragte Nottr den Xandor.
    Capotentil gab keine Antwort.
    »Es ist ihm gleich, in welcher Welt er lebt. Er hat es selbst gesagt.«
    »Er hat nicht viel zu erwarten, wenn wir das Tor schließen und zurückkehren, aber Xatan mag es ihm danken, wenn er…«
    Nathis brach ab, denn der Xandor bewegte sich blitzschnell. Ein gewaltiger Fausthieb in den Nacken ließ Nottr taumeln und fast in die Knie brechen. Der Xandor entriß dem Halbbetäubten Seelenwind und war mit zwei Sprüngen im dunklen Innern der Festung verschwunden.
    Die beiden Trolle sprangen hinter ihm her, ohne auf Thonensens Warnung zu achten.
    Thonensen beugte sich über Nottr und seufzte erleichtert, als der Lorvaner mit einem wütenden Laut wieder auf die Beine kam.
    Nottr schüttelte sich und rang nach Luft. »Ich hätte ihm solch einen Schlag nicht zugetraut«, keuchte er. Dann erst wurde ihm bewußt, daß seine Hand leer war. Nichts hätte ihn rascher wieder auf die Beine bringen können. »Hat er Seelenwind?«
    Thonensen nickte. »Langsam, Freund, laß uns nichts Unbesonnenes tun…«
    Aber Nottr stieß ein wütendes Brüllen aus und stürmte noch auf unsicheren Beinen in die Festung. Er fluchte, als er in der Dunkelheit stand.
    »Wo sind diese verdammten Trolle mit ihrem Licht?«
    »Sie verfolgen den Xandor…«
    »Und lassen mich zurück wie einen Blinden!« tobte Nottr.
    »Es ist nur der Grimm, der dich blind macht…«
    »Der Grimm!« fluchte Nottr. »Imrirr! Ist dir klar, was es bedeutet, wenn Seelenwind in ihre Hände fällt? Sie ist unsere einzige wirkliche Waffe gegen die Finsternis. Der Traum, dieses Tor zu schließen, ist ausgeträumt, Sterndeuter! Und du sagst, der Grimm macht mich blind!«
    In diesem Augenblick hörten sie weit über ihnen, gedämpft durch die steinernen Mauern, Seelenwind heulen.
    »Ahhh…« Nottr ballte die Fäuste. »Ich hoffe, Horcans Seelen holen dich, du Teufel…!«
    »Ich sehe einen schwachen Lichtschimmer.« Thonensen tastete nach Nottr und drehte ihn herum.
    Nottr tastete sich fluchend darauf zu und heulte auf, als er über Stufen stürzte. Thonensen versuchte, anhand von Nottrs lärmendem Vormarsch die Hindernisse zu umgehen, aber es war nicht einfach. Erst als sie das obere Ende einer breiten, mit allerlei Schutt übersäten Treppe erreichten, wurde das Licht heller.
    Es war ein leuchtendes Mal an einer Steinwand. In seinem schwachen Schein konnten die an die Dunkelheit gewöhnten Augen vage Mauern und weitere Treppen erkennen.
    Weitere Stufen führten aufwärts. Der schwache Schimmer eines neuen Lichtmals der Trolle kam von dort.
    Und das Heulen Seelenwinds kam von weiter oben, vermischt mit Schreien.
    Nottr hastete die Treppe hinauf, gefolgt von Thonensen, der sich keuchend bemühte, Schritt zu halten. Aber er fand, daß er zu alt für solche Anstrengungen war, und verlangsamte den Schritt. Er hielt inne und verschnaufte. Er war überzeugt davon, daß ihr Rückzug mehr eine Flucht sein würde, mit den nimmermüden Gianten Xatans auf ihren Fersen. Und er würde wieder rennen müssen.
    Es gab nichts, das er hier tun konnte, außer in der Dunkelheit durch Hallen und Gänge zu stolpern. Es mochte Stunden dauern, bis die Wirkung des Opis abklang und er sein Auge gebrauchen konnte.
    Er wandte sich um und stieg die Stufen wieder hinab, ohne Hast, grübelnd. Er würde ans Tor zurückkehren und abwarten.
    Er fragte sich, ob die Unachtsamkeit, die Capotentil genutzt hatte, das Schicksal des Nordsterns besiegelte.
    Er war fast geneigt,
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