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Heavy Metal (German Edition)

Heavy Metal (German Edition)

Titel: Heavy Metal (German Edition)
Autoren: Felix Rodenkirchen
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Manni sich am Handgriff über der Beifahrertür festhielt.
    „Wirklich viel wusste Müller ja nun auch nicht“, brachte Manni gepresst hervor, während er bemüht war, die ruckligen Fahrbewegungen mit seiner Körperhaltung auszugleichen.
    „Also mir reicht das erst mal an Informationen. Ein Mann, der droht, auf die Fahrbahn zu springen. Nur eine Brücke entfernt von der, die Anna Wenisch hinunterstürzte.“ Kamphaus bremste relativ hart vor einem vorausfahrenden Mercedes ab und versuchte, den nur widerwillig zur Seite fahrenden Wagen zu überholen.
    „Hallo! Leute! Dieses laute, blaue Ding da oben hat was zu bedeuten! Mann, sind die stur!“
    Manni ließ das Beifahrerfenster hinab und gestikulierte wild mit seinem rechten Arm, gab aber schnell auf.
    „OK, wir müssen sowieso da vorne links!“
    Mit quietschenden Reifen schlitterte der Dienstwagen in Euenheim links ab auf die B56. Kamphaus behielt seinen Bleifuß bei und machte den einen Kilometer bis zur Ortseinfahrt von Elsig in etwa dreißig Sekunden wett. Am Ortsschild bremste er auf 80 km/h herunter.

    „Und jetzt?“
    „Die Zweite rechts. Nicht die hier, die Zweite! Jetzt durch den Ort durch und immer weiter geradeaus. Dann kommen wir auf einen Feldweg, der führt genau zur »SoDa«-Brücke. Von dort aus noch ein paar hundert Meter, den Rest zu Fuß.“
    Am Rande eines schlammigen Feldweges stoppte Oberkommissar Bernd Kamphaus den Audi und sah auf die Uhr. Acht Minuten seit ihrer Abfahrt in Obergartzem. Hoffentlich kamen sie noch rechtzeitig. Manni und er sprangen aus dem Wagen und sanken mehrere Zentimeter tief in den vom Regen der vergangenen Tagen aufgeweichten Erdboden. Die „SoDa“-Brücke, ein freistehendes, vergessenes Brückenelement der nie vollendeten A56, die einst von den Niederlanden über Bonn bis ins Oberbergische führen sollte, lag in ihrem Rücken. Vor ihnen wuchs ein mit Büschen bewachsener Hügel in den Himmel.
    „Da rauf, und wir stehen mitten auf der Autobahnbrücke, auf der auch hoffentlich noch unser Selbstmordkandidat steht“.
Manni warf seinen Arm aufmunternd nach vorne.
    „Na dann Bernd, jetzt nicht schlapp machen!“
    Nach zwanzig Sekunden hatten sie zwei Drittel des Hügels geschafft, als Kamphaus plötzlich ins Rutschen geriet und der Länge nach hinfiel. Er krampfte seine rechte Hand geistesgegenwärtig in die Äste eines Busches, um nicht weiter abzuschmieren.
    „Brauche … fünf … Sekunden … Luft“, rief er dem voraus kletternden Manni keuchend zu.
    „Du wirst echt nicht jünger!“ Manni drehte sich zu seinem völlig verdreckten und im Gesicht rot angelaufenen Kollegen um. Während dieser sich wieder aufrappelte, sah er kurz über ihn hinweg. Sein Blick streifte die „SoDa“-Brücke und blieb schließlich rechts darüber in der geschlossenen Wolkendecke hängen, in der sich just in diesem Moment ein blaues Loch auftat, durch das sich einige Sonnenstrahlen Bahn brachen.   
    „Weißt du eigentlich, warum die SoDa-Brücke so heißt?“
    „Keine … verdammte ... Ahnung“, ächzte Kamphaus.
    „Na, weil sie eben nur so da steht! Los, komm jetzt!“

    Kamphaus rappelte sich hoch und schloss sogar zu Manni auf. Nach einigen weiteren Metern hatten sie die Kuppe erreicht und blickten durch Buschwerk und kleine Bäumchen hindurch auf die vor ihnen liegende Fahrbahn. Überall um sie herum verteilten sich Plastikfetzen, Taschentücher und anderer Müll. In der Luft lag ein Hauch von Urin. Links von ihnen befand sich die Ab- und Auffahrt zur A1. Geradeaus in etwa zweihundert Metern Entfernung konnten sie die Autobahnbrücke ausmachen. Auf dieser standen ein Polizeifahrzeug mit offenen Türen, eingeschaltetem Blaulicht und blinkender Warnanlage sowie ein Rettungswagen. Letzterer schien gerade erst angekommen zu sein, denn die Sanitäter stiegen soeben aus.
    „Sanis hier oben, dann lebt der Kerl noch“, dachte Kamphaus, während er mit Manni laut schnaufend über die Fahrbahn auf die Brücke zu joggte, deren Geländer langsam in ihr Blickfeld kam.

26. Kapitel

    Seine Hände krampften und schmerzten. Er platzierte den Spann seines rechten Fußes hinter einen der Pfosten des Geländers. So konnte er auch das Reißen in den Armen etwas lindern. Er wusste nicht, wie lange er jetzt schon dort stand. Er wusste nicht, warum er überhaupt noch dort stand. Weshalb lag er nicht schon längst unten auf der Straße, sein Kopf in einer kleinen Blutlache und frei von allen quälenden Gedanken?

    Vor einer Stunde etwa,
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