Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Heaven - Stadt der Feen

Heaven - Stadt der Feen

Titel: Heaven - Stadt der Feen
Autoren: Christoph Marzi
Vom Netzwerk:
Bewegungen wie eine Melodie, die einem leicht über die Lippen kommt. Und sie war schön. Nicht schön wie gut aussehend, sondern atemberaubend schön.
    Ihre Züge waren klassisch geschnitten. Die olivfarbene Haut schimmerte im Licht des Mondes und ihre langen, offenen Haare fielen über ihren Rücken.
    Ihre Klamotten waren schlicht, nicht gerade warm für die Jahreszeit, als schien sie nicht recht darauf geachtet zu haben, was sie anzog. Aber eindeutig teuer. Ihre Stiefel kosteten vermutlich so viel, wie er bei Miss Trodwood in sechs Monaten verdiente.
    »Eingebrochen?«, wiederholte er ungläubig, weil sie noch immer schwieg.
    »Ja, unten. Durch die Tür, ganz einfach. Hinein ins Treppenhaus, und . . .« Sie sah ihn erschöpft an. »Ich wollte die Sterne sehen«, sagte sie.
    Eine reichlich vage Aussage, dachte David und betrachtetedas Teleskop, das zerbrochen war und dessen Splitter überall auf dem Boden verstreut lagen.
    »Kannst du mir helfen?«, fragte sie. Ganz allmählich schien sie ihre Fassung zurückzugewinnen.
    Wobei?, dachte er.
    Aber gleichzeitig nickte er schon.
    Sie versuchte aufzustehen, doch sie wankte. David sprang auf und half ihr auf die Beine. Sie war ganz leicht.
    »Du bist eiskalt«, bemerkte er, als ihre Hand die seine berührte.
    »Jemand ist hinter mir her«, sagte sie. »Hier oben.«
    »Jemand?«
    »Männer.«
    David unterdrückte ein Stöhnen. Das hatte ihm gerade noch gefehlt! Ärger mit irgendwelchen Typen, darauf konnte er definitiv verzichten. Oder – korrigierte er sich insgeheim – er sollte darauf verzichten. Es sei denn, er wollte Besuch von seiner neuen Sozialarbeiterin.
    »Welche Männer?«, fragte er.
    »Böse Männer.«
    David musste an sich halten, um nicht die Augen zu verdrehen. Das wurde ja immer besser!
    »Du meinst, böse Männer wie im Märchen?«
    Sie blieb ernst. »Ein Mann mit Handschuhen und ein Kerl in Lumpen.«
    Aha. Handschuhe und Lumpen. »Und was wollten sie von dir?«
    »Sie haben mir das Herz genommen, glaube ich.« Ihre Augen waren so dunkel, dass er sie nicht richtig erkennen konnte.
    »Wie meinst du das?«
    »Genau so, wie ich es sage.« Sie berührte ihre Brust. »Da schlägt kein Herz mehr.« Sie kämpfte mit den Tränen, ihre Hände fummelten nervös an dem Reißverschluss ihrer Jacke herum. »Er hat es herausgeschnitten.« Sie schluckte. »Aber da ist keine Wunde. Ich . . . ich habe nachgeschaut.«
    David starrte sie an.
    »Hier!« Plötzlich war sie dicht neben ihm und ergriff seine Hand. Dann öffnete sie ihre Jacke und legte die Hand auf ihre Brust, ohne ihn aus den Augen zu lassen.
    David fühlte, wie ihm die Röte ins Gesicht schoss. Eindeutig gehörte seine Hand nicht dorthin, wo sie gerade lag. Er schaute in die dunklen Augen und dann fühlte er es unter dem dünnen Stoff des Shirts.
    Da war ihr rhythmischer Atem, das sanfte Auf und Ab ihrer Brust, und unter der Eiseskälte, die von ihrer Haut auszugehen schien, war es deutlich zu spüren.
    Oder vielmehr – es war eben nicht zu spüren.
    Ruckartig zog er seine Hand zurück.
    »Siehst du?« Ihre Stimme klang verzweifelt. »Ich war hier oben. Sie sind von hinten gekommen und haben mich überwältigt. Der Typ mit den Handschuhen hatte das Messer. Danach bin ich einfach weggelaufen, vom Dach runter, in die Straßen, irgendwohin. Sie sind mir nicht gefolgt, glaube ich.«
    David starrte sie noch immer an und versuchte, trotz der Dunkelheit in ihren Augen zu lesen. Was er dort fand, war echte Angst. Todesangst.
    »Warum bist du zurückgekommen?« Er fragte es, weil ihm nichts anderes einfiel. Weil die ganze Situation so verrücktwar, dass er das Gefühl hatte, er müsste irgendetwas von sich geben.
    Sie berührte das Teleskop, das zerbrochen vor ihnen lag. »Ich wollte das hier nicht zurücklassen. Mein Vater hat es mir geschenkt, es ist mir wichtig.«
    David schüttelte den Kopf. Mann, das hier war eindeutig das Verrückteste, was er je erlebt hatte!
    »Niemand kann ohne Herz leben«, sagte er und verdrängte den Gedanken, dass er eben ihren Herzschlag hätte spüren müssen. Seine Hand hatte direkt auf ihrer Brust gelegen, durch den dünnen Stoff hätte er es fühlen müssen. Trotzdem, das konnte einfach nicht sein.
    »Niemand kann ohne Herz sein«, wiederholte er noch einmal. »Geschweige denn, laufen.«
    »Ich weiß«, sagte sie niedergeschlagen. Tränen flossen ihr jetzt übers Gesicht und gefroren zu kleinen Eiskristallen. Sie wischte sie hinfort. »Aber ich bin doch hier, oder? Und ich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher