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Heaven - Stadt der Feen

Heaven - Stadt der Feen

Titel: Heaven - Stadt der Feen
Autoren: Christoph Marzi
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Wälder und Wiesen hoch über der Stadt, berührten überall die Regenrinnen, in denen kalte Rinnsale plätscherten. Bei starkemRegen war es gefährlich hier oben, aber wenn es nieselte oder nur neblig war, hielt sich das Risiko in Grenzen.
    Oben am Firmament zog eine Sternschnuppe ihre Bahn und fiel mitten nach Bloomsbury hinein. Ihr glänzender Schweif, zart wie die gerade geborenen Worte, die ein Federkiel auf Pergament schreibt, glühte kurz über den Dächern auf und schien in dem Augenblick, bevor er gänzlich verschwand, zu den Schwingen eines bunten Vogels zu werden, der hinüber zum Regent’s Park flog.
    Magie. Es soll ja Leute geben, die an sie glauben, dachte er und seufzte fast gleichzeitig. Er war definitiv in ziemlich merkwürdiger Stimmung heute. Mike würde das wahrscheinlich dem Beziehungsstress zuschreiben und ihm raten, ein paar Pillen einzuwerfen, um endlich runterzukommen. Aber diese Zeiten waren endgültig vorbei, auch wenn er sich manchmal noch immer nach dem Kick sehnte. Oder vielmehr nach der Zeit des Vergessens.
    David hatte in Cardiff gelebt, dort war er zur Schule gegangen. An seinem fünfzehnten Geburtstag hatte er sich aus dem Haus geschlichen und war allein ins Kino gegangen. Er hatte sich einen Film mit Michael York und Jenny Agutter angeschaut:
Flucht ins dreiundzwanzigste Jahrhundert
. Der Film hatte ihm die Augen geöffnet. Im Film ging es um Menschen, die Gefangene in einer perfekten Welt sind.
    David hatte das Gefühl gehabt, als würde er zum ersten Mal einen Blick auf die wirkliche Welt werfen können. Die Menschen waren blind und selbstsüchtig. Dumm. Ignorant. Anschließend hatten überall Probleme gelauert, in der Schule, in den Straßen und natürlich zu Hause. Sicher wusste er, dass die Probleme schon vorher da gewesen waren,niemand hätte das übersehen können. Doch bis dahin hatte er versucht, sie einfach zu ignorieren, damit zu leben, wie sein Vater es tat und auch seine kleine Schwester Geraldine.
    Am Ende, als die Wände immer näher rückten, hatte er die meiste Zeit über nur geschwiegen. Das war die Zeit, in der er ohne Unterlass
Nick Cave and the Bad Seeds
gehört hatte. Kaum jemand brachte ein Wort aus ihm heraus, nur kümmerliche Fragmente, Halbsätze. Selbst wenn er sich wie so oft mit seinem Vater stritt, brach er manchmal mitten im Satz ab und ließ ihn einfach stehen. Er war immer seltener mit den Jungs in seiner Clique zusammen, die ihm so ähnlich waren, die wie er Schwarz trugen, amerikanische Comics lasen und nichts auf Fußball gaben. Sie rauchten, was es so gab, klauten, um sich neuen Stoff zu besorgen, und lebten das Leben, das ihnen absolut egal war.
    Dann kam die Nacht, als David sein Zeug in einen Seesack gepackt hatte. Er hatte es nicht geplant, es war einfach etwas gewesen, was er hatte tun müssen. Er hatte keinen Abschiedsbrief geschrieben, nichts dergleichen. Nur seiner Schwester hatte er eine Nachricht hinterlassen: einen Zettel, auf den er einen Songtext der Band
The Divine Comedy
geschrieben hatte, versteckt im zerfledderten Booklet einer ihrer Lieblingsalben:
Zooropa
von
U2
.
    Dann hatte er den Zug nach London genommen, ohne zu wissen, ob ihn das Leben dort weniger einengen würde. Sein Geld hatte gereicht, um sich eine Woche lang ein Bett in einer uralten Herberge am Ludgate Hill für zehn Pfund pro Nacht und Frühstück zu mieten.
    Er hatte damit begonnen, sich mit Jobs durchzuschlagen. Als Botenjunge in der himmellosen City. Als Bedienung inden Kneipen von Notting Hill. Unten bei den Docks von Rotherhithe als Aushilfe in den Lagerhallen. Nach und nach hatte er sich auf zweifelhafte Geschäfte eingelassen, um schneller an Geld zu kommen. Und an Stoff. Das war die Zeit gewesen, als er nur mit Mike und den anderen herumgehangen hatte. Zu viele Monate, die er nicht unbedingt zurückhaben wollte.
    Doch dann waren zwei Dinge auf einmal passiert, die Davids Leben nachhaltig verändern sollten.
    Erstens: Er stieß auf
The Owl and the Pussycat
.
    In London hatte er sich angewöhnt, durch die Stadt zu laufen und sich vom Tumult des Verkehrs treiben zu lassen. Er lief los, ohne Ziel, rastlos, als würde er vor etwas davonrennen, das er nicht recht benennen konnte. So kam er eines Tages in die Nähe von Seven Dials nahe der Charing Cross Road. Nur ein kleines Stück weiter, in der Earlham Street, traf er schließlich auf einen Buchladen namens
The Owl and the Pussycat
und sah ein Schild im Schaufenster. Es stand zwischen Türmen von Büchern und
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