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Havanna für zwei

Havanna für zwei

Titel: Havanna für zwei
Autoren: M Jackson
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Als ihr Handy plötzlich klingelte, durchwühlte sie hektisch ihre Handtasche, so groß war ihre Begierde, seine Stimme zu hören.
    Aber er war es nicht.
    »Sophie, Louise hier.«
    Sophie hörte ihrer älteren Schwester schon an der Stimme an, dass etwas nicht stimmte, und holte tief Luft.
    »Ja?«
    »Es ist Paul. Ich bin auf dem Weg ins Krankenhaus. Er hatte einen Herzanfall.«
    Sophie spürte, wie ihr alles Blut aus dem Gesicht wich.
    »O Gott! Wie schlimm ist es?«
    »Es ist schlimm, Sophie.«
    »Was? Er wird doch wieder, oder?«
    »Er ist im Krankenwagen. Sie versuchen, ihn wiederzubeleben.«
    »Was soll das heißen?«
    »Ich glaube, er ist tot. Ich ruf dich an, sobald ich mehr weiß.«
    Sophie war außerstande zu antworten. Ihr Magen krampfte sich vor Schock zusammen, und sie fürchtete, sich gleich übergeben zu müssen. Sie schloss die Augen, um nicht ohnmächtig zu werden. Das konnte nicht sein – nicht ihr geliebter Paul! Schließlich war er ihr Lieblingsschwager. Ihr Fels in der Brandung. Und ihr Liebhaber.

Kapitel 1
    20. M ärz
    Ostern lag dieses Jahr früh, und Louise wollte dafür gewappnet sein, wie in letzter Zeit für alle Feste und Feiertage. Als sie noch berufstätig gewesen war, hatte sie sich vorgestellt, wie entspannt ihr Leben wäre, wenn sie nicht jeden Tag in der Schule antreten und jedes Mal, wenn es zum Unterricht läutete, Haltung annehmen müsste. Aber nur Hausfrau zu sein hatte sich nicht als das erträumte Zuckerschlecken entpuppt. Um nur einen Aspekt zu nennen: Seit sie nicht mehr arbeitete, löcherte Donal sie mit schöner Regelmäßigkeit, was sie den ganzen Tag so anstellte, worauf sie ihm nicht immer eine befriedigende Antwort geben konnte. In Wahrheit ertappte sie sich oft dabei, wie sie sich große Umstände mit belanglosen Dingen machte, die sie früher, ohne groß nachzudenken, rasch noch vor oder nach der Arbeit erledigt hatte. Doch jetzt machte sie sich vieles schwerer als nötig, indem sie sich grundsätzlich für die zeitintensivere Lösung entschied. So hätte sie heute Morgen nicht extra in die Dubliner Innenstadt zu fahren brauchen, nur um Ostereier zu kaufen.
    Die Türen zum Waggon der DART-Schnellbahn glitten auf, und Louise setzte sich gleich rechts auf einen Platz. Die Tüten mit den Schokoladeneiern stellte sie vor ihren Füßen ab, ohne auf den Mann mit der Lederjacke zu achten, der ihr gegenübersaß.
    Er sagte als Erster etwas.
    »Louise?«
    Erschreckt blickte sie auf.
    »Ich bin’s, Jack!«, sagte der junge Mann.
    Louise fiel die Kinnlade herunter. Er war es wirklich! Sein blondes Haar war inzwischen eher sandfarben, doch seine Augen hatten noch immer dieses unverkennbare durchscheinende Blau. Fassungslos starrte sie auf seine perfekt geformte Nase und die weiche Linie seiner Wange – zu keiner Antwort fähig.
    Emma schloss den Briefkasten auf. Die meisten Schreiben waren an Paul adressiert. Erst jetzt, wo er nicht mehr da war und sie die Post selbst öffnen musste, fiel ihr auf, in welchem Umfang ihre gemeinsame Korrespondenz an ihn gerichtet war. Der Großteil bestand aus Rechnungen und Geschäftsbriefen, was ihr nicht viel ausmachte, doch wenn jemand, der erst jetzt von seinem plötzlichen Tod erfahren hatte, ihr ein paar persönliche Zeilen schrieb, war es sehr schwer für sie.
    Doch kein Schreiben, das sie bisher geöffnet hatte, sollte sie so erschüttert zurücklassen wie der Inhalt des eleganten weißen Kuverts, das sie nun in der Hand hielt.
    Sie lief zurück in den Flur und weiter in die Küche. Eine innere Stimme sagte ihr, dass sie eine Tasse Tee brauchte, wenn sie das Kuvert öffnete. Auf der Vorderseite war das Logo der Grafikfirma Evans aufgeprägt, Pauls ehemaliger Arbeitgeber.
    Die letzten sechs Monate waren wie im Fluge vergangen. Unmittelbar nach Pauls Tod waren sechs schlimme Nächte pro Woche für sie normal gewesen. Doch ganz allmählich hatten sich die schlimmen Nächte in gute verwandelt. Nur letzte Nacht war sie wieder um sieben Minuten nach eins aufgewacht und, am ganzen Körper zitternd, aus dem Bett geflüchtet. Sie hatte sich in ihren Morgenrock gekuschelt und war in Finns Zimmer gelaufen, um nachzusehen, ob er noch atmete. Eigentlich hatte sie damit aufgehört, als er zwei wurde, doch nachdem sie an jenem strahlenden Septembermorgen seinen Vater tot aufgefunden hatte, nahm sie nichts mehr als selbstverständlich hin. Wenn sie sich jetzt wieder ins Bett legte, würde sie zu grübeln anfangen und sich stundenlang mit der Frage
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