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Haut

Haut

Titel: Haut
Autoren: Mo Hayder
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Selbstmördern.«
    »Was hat das mit all dem zu tun?«
    »Sein Telefon war verschwunden. Ist immer noch nicht aufgetaucht. Er war ausgeplündert worden. Sein Mitbewohner sagt, er hatte Geld dabei, mindestens einen Zwanziger, plus Kreditkarten, nie benutzt. Sogar Sandwiches im Rucksack. Die waren auch weg. Ach, und er war nackt.«
    »Er hat sich ausgezogen, um sich umzubringen? Was war los? Vollmond?«
    »Nein. Der Dieb hat auch die Kleider mitgenommen. Zu Anfang ging der ermittelnde Kollege von einem Mordfall aus. War der District Police eine Nummer zu groß und kam deshalb sogar bei uns auf die Watchlist, bis der Obduktionsbefund ergab, dass es sich um einen Suizid handelte. Die Kleider wurden ihm vierundzwanzig Stunden nach seinem Tod abgenommen, sagt der Obduzent. Als weiteres Indiz zu dem Befund kommen die Depressionen. Niemand bezweifelt, dass es Selbstmord war; sogar seine Eltern sagen, sie hätten halb damit gerechnet. Aber ich möchte, dass Sie sich das hier ansehen.«
    Powers nahm die Brille ab und spähte blinzelnd auf das Foto.
    »Sehen Sie? Sein Haar?«
    » Abgeschnitten.«
    »Abrasiert. Erinnert Sie das an irgendwas?«
    Powers runzelte die Stirn. Er nahm das Foto von der Wand und drehte es um. Die Rückseite trug den Stempel der audiovisuellen Einheit in Portishead. »Wo, sagen Sie, ist das passiert?«
    »In Steinbruch Nummer acht. Unten bei Elf's Grotto.«
    »Und das Haar ist ein wichtiger Faktor? Weil mit Dundas das Gleiche passiert ist?«
    »Es war derselbe Täter. Die Merkmale sind fast identisch.«
    »Und?«
    Caffery lächelte grimmig. »Weil der Rechtsmediziner ein Rechtsmediziner ist, äußert er sich wie immer vage, was den Todeszeitpunkt betrifft. Aber er sagt immerhin, dass derjenige, der seine Kleider geklaut hat, es mindestens sechs Stunden nach Eintritt des Todes getan hat. Die Leichenflecken beweisen es. Und der Mitbewohner sagt, Jakes hat das Zimmer gegen sechs Uhr morgens verlassen. Wie er zum Steinbruch gekommen ist, wissen wir nicht, aber es dauert mindestens eine Stunde, wenn nicht mehr, vorausgesetzt, dass er unterwegs nicht irgendwo haltmacht. Damit wäre es sieben Uhr, und folglich kann der Dieb auf keinen Fall vor dreizehn Uhr vorbeigekommen sein. Unterdessen war Brown um vierzehn Uhr in diesem Loch hier.« Er stieß mit dem Finger an den Bildschirm. »Ich hab den Scheißkerl mit eigenen Augen gesehen. Können Sie sich wirklich vorstellen, dass er zum Steinbruch rausgondelt, Jakes die Haare abrasiert und innerhalb von einer Stunde wieder am anderen Ende von Bristol ist?«
    »Ich nehme an, der Arzt hat seine Vermutungen über den zeitlichen Ablauf sozusagen inoffiziell geäußert. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er so was in seinen Bericht schreibt. Sie legen sich beim Todeszeitpunkt niemals fest.«
    »Da haben Sie recht. Aber ich brauche seine Vermutungen gar nicht. Vodaphone hat Jakes' Telefonunterlagen rausgerückt. Daraus geht hervor, dass um zwanzig Uhr am Abend dieses Tages mit seinem Handy telefoniert wurde. Und da war Brown schon seit fünf Stunden in Haft.«
    Powers schob den Finger zwischen die Lamellen der Jalousie und schaute hinaus. Ein oder zwei Reporter standen draußen auf Dauerposten, seit der Fall Kitson an die MCIU gegangen war. Er starrte sie eine Zeit lang an. Dann ließ er die Jalousie wieder fallen und bedachte seinen DI mit einem langen Blick. »Mein Gott«, sagte er. »Was wollen Sie von mir?«
    »Eine Woche. Eine Woche hierfür. Geben Sie mir zwei Mann und eine Woche Urlaub vom Fall Kitson. Ich will wissen, wie Brown es geschafft hat, Jakes die Haare abzuschneiden, wenn er zur selben Zeit zwanzig Meilen weit weg war. Ich will wissen, wofür er dieses Haararmband haben wollte. Und...«
    »Und?«
    »Und ich will wissen, was für Prothesen man benutzen muss, um einen Menschen so aussehen zu lassen.«
     

4
    Caffery verließ das MCIU-Gebäude um halb elf. Er nahm den Hinterausgang und lief außen herum, weg von den Kitson-Reportern und geradewegs zu dem überdachten Parkplatz. Hier war es geschützt, aber er ging trotzdem schnell, mit gesenktem Kopf und hochgeschlagenem Kragen. Er stieg nicht in seinen Dienstwagen, einen zivilen Mondeo, sondern blieb davor stehen, ließ den Blick über den Parkplatz wandern und vergewisserte sich, dass die Schatten hinter den anderen Autos still und flach dalagen. Nach einer Weile bückte er sich und spähte unter den Wagen. Dann richtete er sich wieder auf, öffnete die Autotür, stieg ein und verriegelte die Türen von
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