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Hausers Zimmer - Roman

Hausers Zimmer - Roman

Titel: Hausers Zimmer - Roman
Autoren: Main> Schöffling & Co. <Frankfurt
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Nilpferd, das mit Stempel aufgetragen war. Über dem Nilpferdkopf stiegen Kringel, vielleicht Denk- oder Seifenblasen, auf und verteilten sich leicht und locker über die ganze Bildfläche. In einem Denkseifenblasenkringel waren Brüste zu sehen, in einem anderen etwas Bierflaschenähnliches und in einen dritten hatte der Hauser Sport ist Mord gekrakelt. Irgendwo stand Save Knautschke .
    Gemeinsam wurde überlegt, wo man das Bild am Besten aufhängen könnte.
    »Nicht zu prominent, aber vielleicht gleich hier im Flur zur Begrüßung, damit man sieht, man ist in Berlin?«, überlegte Klaus.
    »Das wird ja wohl jeder, der hierherkommt, wissen! Oder glaubt ihr, der denkt, er ist in New York und weiß es bloß nicht?«, höhnte Falk. Klaus seufzte.
    »Oder wie wäre es im Bad?«, überlegte Wiebke. »Oder bei mir auf dem Himmelbet t … hinter meinem Kopfkissen an der Wand?«
    »Save Wiebke«, murmelte Falk.
    »So dick bin ich nun auch nicht!« Wiebke zwickte ihn in den Oberarm.
    Ich hielt dicht, was den Urheber dieses Werks anging.
    Später stand ich aus reiner Gewohnheit wieder am Fenster. Der Hauser war nicht da. Ich malte kein schwarzes Quadrat in mein Hauser-Heft. Das Quadrat blieb weiß. Ich war zu faul, es auszumalen.
    Am nächsten Morgen brachte ich drei ausrangierte Hemden von Klaus bei Erwin und Karl vorbei. Auf dem Weg zum Parkplatz begegnete mir eine Rattendemonstration. Es waren wirklich viele Ratten gekommen, selbst für hiesige Verhältnisse. Ich bildete mir ein, dass sie in Ketten gingen, dass ihr Auflauf irgendwie eine Formation hatte. Es gab eindeutig Leittiere und Mitläufer. Im gleichen Moment blieben die Tiere stehen und verfielen wieder in einen leichten Trab. Ihre Kommunikation untereinander war mir ein Rätsel. Wenn ich die Augen zu Schlitzen machte, so dass ich die Realität hinter dem, was sich in den Nachrichten Realität nannte, sah, konnte ich eine große Ratte mit einem Umhang sehen, auf dem die amerikanische und die russische Flagge farblich ineinanderflossen. Sie wurde auf einer Sänfte getragen, und in diesem Augenblick wusste ich, dass diese Weltordnung nicht ewig sein, dass die Mauer fallen, dass ich nie in Patagonien leben, dafür aber in Deutschland, in Berlin, in dieser merkwürdigen Stadt, als Landschaftsarchitektin (ich sollte weder Traumdeuterin, Reiseführerin noch Kakteenzüchterin werden) glücklich werden würde und dass Wiebke und Klaus sich bei allen Unterschieden und Streitereien doch nie trennen würden und Falk weder vereinsamen noch an Drogen sterben, sondern Professor für Theoretische Physi k – allerdings nicht in Berlin, sondern, nach längerem Aufenthalt in England, in Restdeutschlan d – werden würde. Vorher würde er eine Zeitlang jede geistige Tätigkeit kategorisch ablehnen und ein kleines Unternehmen betreiben, das sich auf den Einbau von Hochbetten spezialisierte. Isa würde eine juristische Laufbahn wie ihre Mutter einschlagen, aber mit Schwerpunkt Familienrecht, Fiona würde vier Kinder aus drei Ehen bekommen und schließlich doch noch als Herausgeberin eines griechisch-deutschen Urlaubsmagazins mit einem ausgewanderten Lehrer auf Rhodos glücklich werden. Doch dieses Sekundenwissen verließ mich wieder, als die Ratten in ihren unsichtbaren Luft- und Erdschlössern verschwanden.

Modenschau – Eiszeit
    In der Schule unterhielt ich mich mittlerweile wieder mit Steffen. Nachträglich zu meinem Geburtstag hatte er mir eine kleine Sternenkarte aus dem Planetarium und einen Radiergummi in Form eines Kaktus geschenkt. Und in die Filmbühne Wien auf dem Ku’damm würde ich auch demnächst zusammen mit ihm gehen.
    Auf dem Nachhauseweg stolperte ich über Hütchenspieler und Drogenverkäufer unter der verlassenen Polizeikanzel. Der Glittervorhang der Peepshow wehte heute so weit auf die Straße, dass mir ein langes Gummiband übers Gesicht streift e – eine eigentümliche Berührung. Dann sah ich Herrn Wiedemann, heute ganz in Weiß, hinter dem Vorhang auf die Straße treten. Kurz darauf verschwand er bei Chapeau!
    Vor Musik Riedel traf ich Anna, die mich fragte, ob es mir schon wieder bessergehe, ich sei so oft krank in letzter Zeit und so selten in der Schule gewesen. Ich sagte, dass dies heute mein erster fieberfreier Tag sei, ich mir aber in der Apotheke noch Nasentropfen holen sollte. Anna sah mich länger an und meinte: »Du freust dich auch auf die Weihnachtsferien, oder?« Sie zwinkerte mir zu.
    Danach ging ich noch zu Marga Schoeller und studierte die
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