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Clarissa Alaska-Saga 04 - Allein durch die Wildnis

Clarissa Alaska-Saga 04 - Allein durch die Wildnis

Titel: Clarissa Alaska-Saga 04 - Allein durch die Wildnis
Autoren: Christopher Ross
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    W ie gebannt starrte Clarissa auf die Tür, die den Wartebereich vom Flur und den Operationszimmern trennte. Seit zwei Stunden wartete sie in dem nüchtern eingerichteten Warteraum des zweistöckigen Blockhauses darauf, dass sich die Tür öffnete und man ihr die erhoffte Nachricht brachte: Sie können beruhigt sein, Ihr Mann hat die Operation gut überstanden.
    Man hatte bei Alex eine Geschwulst am Kopf gefunden, außerhalb der Schädeldecke, aber so nah an lebenswichtigen Adern und Nerven, dass sich selbst ein anerkannter Arzt geweigert hatte, ihn zu operieren. Den scheinbar sicheren Tod vor Augen, war Alex in die Wildnis geflohen und hatte seinen Tod vorgetäuscht, um ihr die mühevolle Pflege und das beschwerliche Leben an der Seite eines Sterbenden zu ersparen. Nur ihre beharrliche Suche und unerschütterliche Liebe hatten ihn zurückgebracht.
    Mit dem Hundeschlitten hatte sie ihn nach Seward gefahren, die aufstrebende Stadt an der Resurrection Bay, wo man im Sommer dieses Jahres mit dem Bau einer Eisenbahnlinie beginnen würde, die irgendwann in ferner Zukunft bis Fairbanks führen sollte. Auch wegen des rasanten Aufschwungs, den man sich von der Eisenbahn erwartete, war dort ein neues und modernes Krankenhaus errichtet worden, in dem Dr. Ralph M. Blanchard, ein junger und bereits sehr erfolgreicher Chirurg, praktizierte und seine Studien betrieb. Von außen machte das Seward Providence Hospital nicht viel her, man hätte das Blockhaus auch mit einem Roadhouse verwechseln können, doch Blanchard wurde von den Sisters of Providence unterstützt, einem Orden katholischer Nonnen, die ihm die neuesten Geräte und die modernste Ausrüstung beschafft hatten. Selbst die meisten Krankenhäuser in San Francisco oder New York waren nicht besser ausgestattet.
    Neun Tage war Clarissa unterwegs gewesen, begleitet von den besten Wünschen der halben Stadt und ihrer Freundinnen, der fröhlichen Dolly, die unterhalb ihrer Blockhütte ein Roadhouse eröffnet hatte, und Betty-Sue, die für Doc Boone im Krankenhaus von Fairbanks arbeitete. Blanchard, der mit seinen Forschungen so große Anerkennung fand, dass man schon versucht hatte, ihn in eine Großstadt zu locken, war der einzige Arzt im amerikanischen Norden, der eine so schwierige Operation durchführen konnte. Er hatte sofort eingewilligt, als Clarissa ihm die geforderte Anzahlung des Honorars bezahlt hatte. Nur weil sie an Dolly’s Roadhouse beteiligt war und die Herberge gut lief, hatte man ihr den Kredit bewilligt.
    Zum wiederholten Male stand Clarissa auf und lief nervös in dem kleinen Zimmer auf und ab. Sie war viel zu angespannt, um in dem neuen Harper’s Weekly zu blättern, das neben einigen Broschüren auf dem Holztisch lag, und den Kalender mit den religiösen Motiven, dem einzigen Wandschmuck in dem ansonsten sehr kargen Raum, kannte sie bereits auswendig. Vorsichtig öffnete sie die Tür zum Flur. Zum wiederholten Male blickte sie in das düstere Halbdunkel, sah zwei leere Tragen an der linken Wand stehen und zuckte erschrocken zurück, als eine der seitlichen Türen aufsprang und eine Schwester im Licht der einzigen Lampe erschien und sie sofort entdeckte.
    »Bleiben Sie bitte im Wartezimmer!«, rief die Schwester streng. Ihre Stimme hallte unheilvoll durch den verlassenen Flur. »Hier ist der Zutritt verboten! Wir geben Ihnen Bescheid, sobald die Operation vorüber ist.«
    »Wie lange wird es denn noch dauern?«
    »Das kann ich Ihnen leider nicht sagen«, erwiderte die Schwester schon etwas sanfter. »Eine solche Operation dauert manchmal Stunden, und selbst dann können Sie Ihren Mann noch nicht sprechen. Warum gehen Sie nicht in Ihre Pension zurück und schlafen ein wenig. Es ist schon spät.«
    »Ich warte hier«, erwiderte Clarissa beinahe trotzig.
    Sie schloss die Tür und kehrte auf ihren Platz zurück. Es gab keine Uhr in dem kleinen Wartezimmer und auch kein Fenster, durch das man den Mond und die Sterne beobachten konnte, aber sie vermutete, dass es bereits auf Mitternacht zuging. Sie würde dennoch bleiben. Solange sie nicht wusste, ob Alex die Operation überstanden hatte, würde sie ohnehin kein Auge zutun. Zuerst wollte sie die erlösenden Worte des Arztes hören.
    Eine zweite Tür ging auf, und eine Schwester betrat mit einer älteren Dame das Wartezimmer. »Es wird nicht lange dauern, Ma’am«, sagte sie zu der ganz in Schwarz gekleideten Lady. »Die Wunde ist nicht besonders tief. Ein paar Stiche, und Sie können Ihren Mann wieder
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