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Harry Bosch 07 - Dunkler als die Nacht

Harry Bosch 07 - Dunkler als die Nacht

Titel: Harry Bosch 07 - Dunkler als die Nacht
Autoren: Michael Connelly
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warmen Bronzeton und ihr dunkelbraunes Haar umrahmte ein Gesicht mit Augen von einem so dunklen Braun, dass Iris und Pupille fast nahtlos ineinander überzugehen schienen. Ihre Schönheit war ein weiterer Grund, weshalb er bei allem ihre Zustimmung suchte. Das Strahlen ihres Lächelns hatte etwas Läuterndes, wenn es auf ihn fiel.
    »Terry, ich habe euch beiden auf der Terrasse zugehört. Nachdem sich die Kleine beruhigt hatte. Ich habe gehört, was sie gesagt hat: Was dich so und nicht anders ticken lässt, und dass kein Tag vergeht, an dem du nicht daran denkst, was du mal gemacht hast. Sag mir nur eins: Stimmt das?«
    Einen Moment schwieg McCaleb. Er blickte auf seinen leeren Teller und dann über den Hafen hinweg zu den Lichtern der Häuser, die sich den gegenüberliegenden Hügel zu dem Gasthaus auf dem Gipfel des Mount Ada hinaufzogen. Er nickte langsam und sah dann wieder sie an.
    »Ja, es stimmt.«
    »Dann ist also alles, was wir hier tun, das Baby, dann ist das alles eine Lüge?«
    »Nein. Natürlich nicht. Das hier bedeutet mir alles und ich würde mit allem, was ich habe, dafür kämpfen, es zu erhalten. Aber die Antwort ist ja: Ich denke an das, was ich war und was ich getan habe. Als ich beim FBI war, habe ich Leben gerettet, Graciela, so einfach ist das. Und ich habe Böses aus dieser Welt entfernt, ich habe dazu beigetragen, dass es da draußen etwas weniger dunkel wurde.«
    Er hob die Hand und deutete auf den Hafen.
    »Jetzt habe ich mit dir und Cielo und Raymond ein wunderschönes Leben. Und ich … ich fange für reiche Leute, die mit ihrem Geld nichts Besseres anzufangen wissen, Fische.«
    »Demnach willst du also beides.«
    »Ich weiß nicht, was ich will. Aber ich weiß, dass ich, als Jaye Winston hier war, bestimmte Dinge nur gesagt habe, weil ich wusste, dass du zuhörst. Ich sagte Dinge, von denen ich dachte, dass du sie hören wolltest, aber in Wirklichkeit wusste ich ganz genau, dass das nicht war, was ich wollte. Was ich wollte, war, diese Akte auf der Stelle aufzuschlagen und mich an die Arbeit zu machen. Sie hatte, was mich angeht, vollkommen Recht, Gracie. Sie hat mich drei Jahre nicht mehr gesehen, aber sie hat mich durchschaut.«
    Graciela stand auf und ging um den Tisch herum zu ihm. Sie setzte sich in seinen Schoß.
    »Ich habe nur Angst um dich, mehr nicht«, sagte sie.
    Sie zog ihn an sich.
    * * *
    McCaleb nahm zwei hohe Gläser aus dem Küchenschrank und stellte sie auf die Theke. Das erste füllte er mit Wasser aus einer Flasche, das zweite mit Orangensaft. Dann begann er die siebenundzwanzig Tabletten einzunehmen, die er auf der Theke aufgereiht hatte. Um sie besser hinunterzubekommen, nahm er zwischendurch immer wieder einen Schluck Wasser oder Orangensaft. Die Tabletten zu schlucken – zweimal am Tag – war sein Ritual und er fand es fürchterlich. Nicht wegen des Geschmacks – der machte ihm nach drei Jahren längst nichts mehr aus –, sondern weil ihn das Ritual daran erinnerte, wie sehr sein Leben von äußeren Dingen abhängig war. Die Tabletten waren eine Art Leine. Ohne sie konnte er nicht lang überleben. Im Moment ging es in seinem Leben in ganz erheblichem Umfang darum, dafür zu sorgen, dass er sie immer zur Verfügung hatte. Seine ganze Organisation drehte sich um sie. Er hortete sie. Manchmal träumte er sogar, dass er Tabletten nahm.
    Als er fertig war, ging er ins Wohnzimmer, wo Graciela eine Zeitschrift las. Sie sah nicht zu ihm auf, als er den Raum betrat, ein weiteres Zeichen dafür, dass sie alles andere als froh war über das, was plötzlich in ihrem Heim geschah. Einen Augenblick stand er nur da und wartete, und als sie keine Reaktion zeigte, ging er den Flur hinunter zum Zimmer des Babys.
    Cielo schlief in ihrem Kinderbett. Mit dem Dimmer drehte er die Deckenlampe gerade so hell, dass er sie deutlich sehen konnte. Er ging zum Kinderbett und beugte sich darüber, um sie sehen und atmen hören und ihren Babygeruch riechen zu können. Mit ihrer dunklen Haut und dem dunklen Haar schlug Cielo ganz nach ihrer Mutter – nur ihre Augen waren meerblau. Ihre winzigen Hände waren zu Fäusten geballt, als wollte sie ihre Bereitschaft demonstrieren, ums Leben zu kämpfen. Am meisten hingerissen von ihr war McCaleb, wenn er sie im Schlaf beobachtete. Er dachte an all die Vorbereitungen, die sie getroffen hatten, an die Bücher und Kurse und an die guten Ratschläge von Gracielas Freundinnen aus dem Krankenhaus, die Kinder-Schwestern waren. Und das alles zu dem
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