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Harry Bosch 07 - Dunkler als die Nacht

Harry Bosch 07 - Dunkler als die Nacht

Titel: Harry Bosch 07 - Dunkler als die Nacht
Autoren: Michael Connelly
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mich dann bei ihr melden.«
    »Ist ja stark, Mann.«
    »Alles halb so wild. Ich tue ihr nur einen Gefallen. Was siehst du da gerade?«
    »Ach, irgendeinen Mist im Fernsehen. Eine Sendung über diese Sondereinheit, die hinter Hackern her ist. Wieso, hast du sie schon mal gesehen?«
    »Nein, aber ich dachte bloß, ob ich den Fernseher vielleicht eine Weile ausleihen könnte.«
    McCaleb hielt die Videokassette hoch. Lockridges Augen leuchteten auf.
    »Jederzeit. Schieb das Ding gleich mal rein.«
    »Äh, nicht hier oben, Buddy. Das ist – Detective Winston hat mich gebeten, diese Sache vertraulich zu behandeln. Ich bringe den Fernseher zurück, sobald ich fertig bin.«
    Lockridges Miene spiegelte seine Enttäuschung wider, aber McCaleb machte sich deswegen keine Gedanken. Er ging zu der Theke, die die Kombüse von der Kajüte trennte, und legte den Ordner und das Video darauf. Dann steckte er den Fernseher aus und hob ihn aus der Halterung, die verhindern sollte, dass er bei rauer See runterfiel. Der Fernseher hatte einen eingebauten Videorecorder und war schwer. McCaleb hievte ihn die schmale Treppe hinunter und trug ihn in die Bugkabine, die zum Teil in ein Büro umfunktioniert worden war. Zwei Seiten des Raums wurden von jeweils zwei Kojen eingenommen. In der linken unteren Koje befand sich ein Schreibtisch und in den beiden oberen Kojen lagerte McCaleb die Ordner mit seinen alten FBI-Fällen – Graciela wollte sie nicht im Haus haben, damit Raymond sie dort nicht einmal zufällig entdeckte. Das einzige Problem war, dass McCaleb sicher war, dass Buddy mal in die Schachteln gesehen und einen Blick in die Akten geworfen hatte. Und das störte ihn. Er empfand es als Verletzung der Privatsphäre. McCaleb hatte überlegt, ob er die Bugkabine abschließen sollte, aber ihm war auch bewusst, dass sich das als ein tödlicher Fehler erweisen könnte. Die einzige Deckenluke auf dem Unterdeck war in der Bugkabine und der Zugang zu ihr sollte nicht versperrt sein, falls sich einmal die Notwendigkeit einer Evakuierung durch das Vorschiff ergeben sollte.
    Er stellte den Fernseher auf den Schreibtisch und steckte ihn ein. Als er sich umdrehte, um in die Kajüte zurückzugehen und den Ordner und das Video zu holen, sah er Buddy die Treppe herunterkommen. Er hielt das Video und blätterte in dem Ordner. »Hey, Buddy …«
    »Macht ’nen ziemlich abgedrehten Eindruck, Mann.«
    McCaleb streckte die Hand nach dem Ordner aus und klappte ihn zu, dann nahm er ihn seinem Partner zusammen mit der Videokassette aus der Hand.
    »Hab nur einen kurzen Blick reingeworfen.«
    »Habe ich nicht gesagt, die Sache ist vertraulich?«
    »Schon, aber wir sind ein gutes Team. Wie damals.«
    Das stimmte. Wie es der Zufall wollte, war Lockridge eine große Hilfe gewesen, als McCaleb zum Tod von Gracielas Schwester Ermittlungen angestellt hatte. Aber das waren richtige Ermittlungen gewesen. Hier handelte es sich nur um eine nochmalige Überprüfung. Dabei konnte er niemanden brauchen, der ihm über die Schulter schaute.
    »Das hier ist was anderes, Buddy. Nur was für eine Nacht. Ich werde mir das Material kurz ansehen und damit hat es sich dann. Und jetzt halte mich nicht länger von der Arbeit ab, damit ich nicht die ganze Nacht hier rumhänge.«
    Lockridge sagte nichts und McCaleb wartete nicht. Er schloss die Tür und wandte sich dem Schreibtisch zu. Als er auf die Mordakte in seinen Händen hinabblickte, spürte er einen starken Kitzel und das vertraute Aufsteigen von Angst und schlechtem Gewissen.
    McCaleb wusste, es war Zeit, in die Dunkelheit zurückzukehren. Sie zu erforschen und kennen zu lernen. Seinen Weg durch sie hindurch zu finden. Obwohl er inzwischen allein war, nickte er – zum Zeichen dafür, dass er lange auf diesen Augenblick gewartet hatte.

3
    D as Video war scharf und verwacklungsfrei, die Beleuchtung gut. In technischer Hinsicht waren die Videoaufnahmen von Tatorten seit der Zeit, als McCaleb noch beim FBI gewesen war, wesentlich besser geworden. Am Inhalt hatte sich nichts geändert. Auf dem Video, das sich McCaleb ansah, war der grell ausgeleuchtete Schauplatz eines Mordes zu sehen. Schließlich hielt McCaleb das Bild an und studierte es. In der Kabine herrschte Stille und das leise Plätschern des Meerwassers gegen den Bootsrumpf war die einzige Störung von außen.
    In der Bildmitte war die nackte Leiche einer mit Draht gefesselten Person zu sehen, bei der es sich um einen Mann zu handeln schien. Seine Arme und Beine waren so
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