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Harpyien-Träume

Titel: Harpyien-Träume
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durchaus noch etwas von ihrer Jugend haben, bevor sie beide im Folgejahr zu erwachsenen Langweilern wurden. Sie war nicht so eitel anzunehmen, daß sie sich von allen anderen Erwachsenen unterschied, die je gelebt ha t ten. Es war zu schade, daß das Leben aus den beiden großen Pro b lemen – Kindheit und Erwachsensein – bestehen mußte. Dazw i schen lag nur die kurze Verschnaufpause der Romanze. Aber so war das eben. Das wußte sie; schließlich hatte sie es selbst be o bachtet: Gloha war überwiegend humanoiden Ursprungs, und so waren die Humanoiden nun mal.
    Gloha erreichte das Gebiet des Schlosses und hielt im Flug inne. Über dem Gebäude schwebte ein bösartig wirkender Dampf. Das sah aber ungemütlich nach Cumulo Fracto Nimbus aus, der schlimmsten aller Wolken. Aber was hätte der hier zu suchen? Er würde es doch niemals wagen, den Guten Magier zu belästigen.
    Mit diesem beruhigenden Gedanken setzte sie ihren Flug fort. Doch je näher sie kam, um so gewaltiger ragte die Wolke vor ihr empor, und um so häßlicher sah sie aus. Gloha merkte bald, daß es sich dabei nicht allein um die Magie der Perspektive handelte, die die Dinge ihrer Entfernung entsprechend veränderte. Nein, diese Wolke hing absichtlich vor ihr am Himmel. Es war tatsächlich Fra c to!
    Gloha ging tiefer, wollte den bösartigen Dampfballen unterfli e gen. Doch Fracto griff prompt mit seinen Dünsten nach ihr, um sie abzufangen. Gloha versuchte zu wenden – da schickte er nach allen Seiten strudelnde Nebel aus, und sein großer, formloser Schlund formte sich zu einem gasigen O aus. HO HO HO! stieß er windig hervor.
    Das war aber wirklich lästig! Gloha hatte Fracto noch nie beso n ders gemocht, und diese Begegnung war dazu angetan, ihr Unb e hagen in Abscheu zu verwandeln. Ausgerechnet jetzt mußte dieser Windbeutel ihr in die Quere kommen! Wahrscheinlich wußte er, wohin sie wollte, und hatte seine flatulente Freude daran, sie au f zuhalten. Irgendwie schien Fracto immer zu wissen, wenn etwas Wichtiges im Gange war, beispielsweise ein Picknick; und dann dauerte es auch nicht lange, bis er erschien, um einem den Spaß zu verderben.
    Wie sollte sie jetzt das Schloß des Guten Magiers erreichen? Gloha begriff, daß die bösartige Wolke genauso lange hier verwe i len würde wie sie selbst, nur um ihr Vorhaben zu vereiteln. Gloha blieb in der Luft schweben und schüttelte ihre prächtige kleine Faust der großen, häßlichen Wolke entgegen. »Oh, du machst mich vielleicht wütend! Ich bin drauf und dran, ein schlimmes Wort zu sagen!« rief sie.
    HO HO HO! Ein zwirbliger Windstoß schickte sich an, ihr den Rock über den Kopf zu pusten, was viel zu viel von ihren g e schmeidigen kleinen Beinen freigab.
    »Hör auf damit!« rief sie und strich den Rock schnell wieder he r unter. Zu spät wurde ihr klar, daß sie auf dieser Reise doch wohl besser Hosen angezogen hätte. Aber sie hatte nun einmal süß und weiblich aussehen wollen, weil sie wahrscheinlich einer der fün f einhalb Frauen des Guten Magiers begegnen würde. Natürlich erst, nachdem sie die drei Herausforderungen gemeistert hatte, die ihr den Zugang zum Schloß verwehren würden. Denn der Gute M a gier baute immer erst drei Hindernisse auf, um jene abzuschr e cken, die es mit ihrer Frage nicht wirklich ernst meinten. Er moc h te es ganz und gar nicht, mit Belanglosigkeiten behelligt zu werden.
    Da klickte etwas in Glohas hübschem kleinen Schädel. Die He r ausforderungen! Das hier mußte die erste sein! Wahrscheinlich schuldete die ehrlose Wolke dem Guten Magier noch einen Gefa l len und leistete ihm gerade einen Dienst ab. Dann war die Sache also doch kein Zufall. Folglich mußte Gloha sich jetzt überlegen, wie sie an Fracto vorbeikam.
    Das warf natürlich ein völlig neues Licht auf die ganze Sache. Jetzt brauchte Gloha also nur eine Möglichkeit zu finden, an dieser lästigen Wolke vorbeizukommen, und schon hatte sie ein Drittel der Aufgaben hinter sich gebracht. Es gab immer einen Ausweg, sie mußte ihn nur finden.
    Sollte sie Fracto vielleicht beleidigen, daß er sich die Seele aus dem Leib pustete? So würde Grundy Golem die Sache wohl han d haben. Aber Grundy hatte auch eine Schandschnauze, um die ihn jede Harpyie beneidete; er konnte sogar noch schneller Beleid i gungen hervorspeien als diese mürrischen Vögel. Gloha war selbst eine halbe Harpyie, die Tochter von Hardy Harpyie, so daß sie eigentlich dazu in der Lage sein müßte, einen Schwall von Beleid i gungen
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