Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Harper Connelly 01 - Grabesstimmen-neu-ok-10.12.11

Harper Connelly 01 - Grabesstimmen-neu-ok-10.12.11

Titel: Harper Connelly 01 - Grabesstimmen-neu-ok-10.12.11
Autoren: Charlaine Harris
Vom Netzwerk:
sie
gefunden haben, war ich mir sicher, dass Sie über das Baby Bescheid wussten.
Ich dachte, wenn ich Ihnen Angst einjage, würden Sie den Mund halten.«
    Aber das
Baby hatte keine Knochen hinterlassen, daher hatte ich es nicht gespürt. Wenn
uns Paul in Ruhe gelassen hätte, wären wir abgereist, ohne noch einen einzigen
Gedanken an diesen Fall zu verschwenden.
    Wir kamen
erst gegen drei Uhr morgens los. Davor mussten wir noch vielen Leuten
schildern, was wir gesehen und gehört hatten. Als wir dann endlich wieder in
unser Motelzimmer zurückkamen, waren wir viel zu aufgedreht, um zu schlafen.
Aber als wir uns dann doch hinlegten, schliefen wir bis zwölf Uhr mittags.
    Eine Stunde
später hatten wir unser Gepäck in den Kofferraum geladen. Wir fanden uns an der
Rezeption ein, und der widerliche Vernon führte fast schon einen Freudentanz
auf, als er merkte, dass wir wirklich abreisten. Ich fühlte mich leer und
ausgebrannt, wollte aber nur noch weg aus Sarne. Deshalb zwang ich mich, alles
zu tun, was dafür nötig war. Wir tankten, und weil man uns darum gebeten hatte,
machten wir auch noch einen kurzen Abstecher zum Polizeirevier.
    Hollis war
wieder - oder immer noch - im Dienst. Harvey Branscoms Zimmer war leer, die Tür
zu seinem Büro stand weit offen. Er hatte bestimmt eine furchtbare Nacht hinter
sich, jetzt wo seine Schwester wegen Mordes im Gefängnis saß. Ich musterte
Hollis' Gesicht. Er wirkte irgendwie jünger. So als hätte die Aufklärung des
Mordes an seiner Frau dafür gesorgt, dass ein paar Jahre voller Anspannung von
ihm abfielen.
    »Ihr reist
also ab?«, fragte er.
    »Ja«, meinte
Tolliver.
    »Und eure
Telefonnummer und die Adresse eurer Anwältin haben wir, nur für alle Fälle?«
    »Ja«, sagte
ich und wusste, dass mich Hollis niemals anrufen würde.
    »Na gut.
Vielen Dank für eure Hilfe.« Er versuchte möglichst sachlich und unpersönlich
zu klingen, und ich sah, wie Tolliver meinetwegen innerlich kochte. Ich legte
eine Hand auf seinen Arm.
    »Lass«,
flüsterte ich. »Das ist schon in Ordnung.«
    »Wenn du
meinst.«
    Wir nickten
ihm beide zu, und er nickte ebenso kurz zurück. Danach gingen wir durch die
Glastüren nach draußen - hoffentlich zum letzten Mal.
    Tolliver
setzte sich hinters Steuer. Nachdem wir uns angeschnallt und einen passenden
Radiosender eingestellt hatten, lenkte er den Wagen durch die Straßen von Sarne
in Richtung Autobahn, die uns nach Osten bringen würde.
    »Meinst du,
wir schaffen es bis Memphis, bevor es dunkel wird?«, fragte ich.
    »Bestimmt«,
meinte er. »Bist du - war dieser kurze Abschied okay für dich?«
    »Ja. Was hätte
ein sentimentaler Abschied schon für einen Sinn gehabt?«
    Er legte den
Kopf schräg und überlegte. »Aber du mochtest ihn.«
    »Ja, klar.
Aber weißt du... Es hat einfach nicht sein sollen.«
    »Eines
Tages...«, hob er an und verstummte erneut.
    »Weißt du
was, Tolliver? Erinnerst du dich, als wir in der Schule ›Romeo und Julia‹
durchgenommen haben?« Es hatten einige Jahre dazwischengelegen, aber das Stück
war bei uns beiden im Unterricht drangekommen, da sich unsere Schule nun mal
sklavisch an den Lehrplan hielt.
    »Ja, und?«
    »Da gibt es
diesen Satz von Mercutio, als er in der Fehde zwischen den Montagues und den
Capulets umkommt. Weißt du noch?«
    »Nein«,
sagte er. »Erzähl.«
    »Mercutio
sagt: ›Zum Teufel eure Häuser!‹ Und dann stirbt er.«
    »›Zum Teufel
eure Häuser !‹«, wiederholte Tolliver. »Das fasst es ganz gut zusammen.«
    Und noch
etwas fiel mir ein. »Aber natürlich hatte auch Paul Edwards einen Fuß in der
Tür beider Häuser - in dem der Hopkins' und dem der Teagues.«
    »Trotzdem,
das Zitat passt.«
    Wir
schwiegen eine Weile. Als das letzte Haus von Sarne hinter uns verschwunden
war, wir von den Bergen ins Tal fuhren und sich die weite Ebene vor uns
erstreckte, sagte ich: »Weißt du, ich muss immer wieder an Teenie denken, wie
sie da ganz allein draußen im Wald lag. Egal, was passiert ist, ich habe etwas
Gutes getan.«
    »Aber
sicher. Es war eine gute Tat.« Er zögerte. »Glaubst du, sie merken es? Wenn sie
gefunden werden?«
    »Oh ja«,
sagte ich, und vor uns öffnete sich die Straße nach Memphis. »Sie merken es.«
     
     
    Ende
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher