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Harper Connelly 01 - Grabesstimmen-neu-ok-10.12.11

Harper Connelly 01 - Grabesstimmen-neu-ok-10.12.11

Titel: Harper Connelly 01 - Grabesstimmen-neu-ok-10.12.11
Autoren: Charlaine Harris
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während die Blitze immer näher kamen, um mich ein zweites Mal zu
treffen. Dann würde ich alles verlieren. Der unermessliche Schmerz würde mich
ein zweites Mal durchzucken, und ich wäre mein Sehvermögen, meine Erinnerung,
die Fähigkeit, meine Beine zu benutzen, oder etwas anderes Unersetzliches für
immer los. Ich stöhnte laut auf vor Angst und hielt mir die Augen zu. Als ich
die Hand wegnahm, beugte sich ein Mann über mich. Er hatte eine Waffe auf mich
gerichtet.
    In einem
verzweifelten Versuch, mein Leben zu retten, stürzte ich mich auf ihn, packte
ihn an den Knien und riss ihn zu Boden. Ein Schuss löste sich, er hatte den
Finger am Abzug gehabt, Gott gütiger. Aber wenn ich getroffen war, merkte ich
noch nichts davon. Als er die Waffe auf meinen Kopf richtete, packte ich sein
Handgelenk und klammerte mich daran, als hinge mein Leben davon ab, was ja auch
stimmte.
    Ich war halb
wahnsinnig vor Angst. Das schien mir Bärenkräfte zu verleihen, denn ich
schaffte es, ihn festzuhalten, obwohl er mit seinem anderen Arm auf mich
einschlug, um mich abzuschütteln. Er versuchte, die Waffe erneut auf mich zu
richten, seinen Arm zu strecken, damit er auf mich schießen konnte. Als wir
über den Boden kugelten, nahm ich meine Chance wahr und versenkte meine Zähne
tief in seinem fleischigen Handballen. Ich biss zu, so fest ich konnte. Er
schrie auf vor Schmerz - auuuu! - und ließ die Waffe fallen. Ich würde gern
behaupten, das sei Absicht gewesen, aber wenn, hatte ich diese Entscheidung
vollkommen unbewusst getroffen.
    Dann ging
das Licht im Zimmer an und blendete mich. Eine Gestalt, die ich für Tolliver
hielt, machte einen Satz nach vorn. Jetzt kugelten wir zu dritt über den Boden,
rissen Tische um und ließen schwere Lampen auf dem hellen Teppich zu Bruch
gehen.
    »Aufhören!«,
schrie eine neue Stimme. »Ich bin bewaffnet!«
    Wir
erstarrten. Ich grub immer noch meine Zähne in die Hand des Mannes, und
Tolliver hatte einen schweren Glasgegenstand in Form eines Apfels hochgehoben,
um ihn auf den Kopf des Angreifers herabsausen zu lassen. Zum ersten Mal löste
ich meinen Biss und sah dem Mann ins Gesicht. Paul Edwards. Er hatte nicht mehr
viel Ähnlichkeit mit dem smarten Anwalt, den ich im Büro des Sheriffs
kennengelernt hatte. Er trug ein Flanellhemd, khakifarbene Hosen und
Turnschuhe, sein Haar war vollkommen zerzaust. Er atmete schwer, Blut strömte
aus der Bisswunde an seiner Hand. Doch am auffälligsten war, dass nichts mehr
von der Selbstsicherheit übrig war, die er sonst gern an den Tag legte,
wohlwissend, dass er seine kleine Welt perfekt im Griff hatte. Im Moment sah er
eher aus wie ein Waschbär, den man in die Enge getrieben hatte - ein Wesen mit
entblößtem Gebiss und flackerndem Blick, das zischende Geräusche ausstieß.
    »Mein Gott,
Paul!«, rief Sybil, eine Waffe in der Hand. Verdammt, warum müssen die Leute
alle Waffen haben? Sybils war kleiner, aber genauso tödlich. »Mein Gott, Paul.«
Sie war von Pauls Verwandlung genauso überrascht wie ich, wenn nicht noch mehr.
»Wie konntest du das tun?«
    Ich hoffte,
sie meinte ihn und nicht mich und Tolliver. Zumindest hatte die
Zimmerbeleuchtung dafür gesorgt, dass sich das Unwetter wieder tiefer in das
Dickicht meiner Ängste zurückgezogen hatte. Tolliver stellte den Glasapfel
vorsichtig auf einen Tisch neben der Tür zur Küche.
    »Sybil! Sie
durften auf keinen Fall davon erfahren.« Er versuchte vernünftig zu klingen,
aber es klang einfach nur jämmerlich.
    »Das hast du
mir vorhin schon gesagt, als du mich gezwungen hast, sie anzurufen. Ich versteh
das alles nicht.«
    Tolliver und
ich hätten genauso gut gar nicht da sein können. Erst jetzt sah ich, dass Sybil
einen Schal um ein Handgelenk gewickelt hatte, während das andere tiefe rote
Striemen aufwies. Er hatte sie gefesselt.
    »Wo ist
Nell?«, ächzte ich, aber keiner von ihnen antwortete. Sie waren so aufeinander
konzentriert, dass sie uns gar nicht mehr wahrnahmen. Ich merkte, dass sich
Tolliver leise vorbeugte, um nach Pauls Waffe zu greifen, die an der Fußleiste
lag. Die Waffe wirkte fürchterlich funktional in dem teuren, femininen Raum,
der im Moment nicht sehr aufgeräumt aussah. Tolliver schob die Waffe unters
Sofa. Gut gemacht.
    »Sybil, wir
waren schon so lange zusammen«, sagte Paul. »Aber du hast dich nie scheiden
lassen. Du wolltest nicht mal aufhören, mit ihm zu schlafen.«
    »Er war mein Mann, um Gottes willen!«, sagte sie barsch.
    »Als sich
Helen von diesem Mistkerl
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