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Harold Shea 01 - An den Feuern des Nordens

Harold Shea 01 - An den Feuern des Nordens

Titel: Harold Shea 01 - An den Feuern des Nordens
Autoren: Fletcher Lyon Sprague & Pratt de Camp
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großen schwarzen Vögel blieben bei ihnen. Sie schienen nicht ängstlich zu sein, und ebenso wenig schien ihnen das garstige Wetter etwas auszumachen.
    Es wurde dunkler, auch wenn Shea in diesem Landstrich aus feuchtem Löschpapier nicht erkennen konnte, ob die Sonne untergegangen war. Der Wind setzte ihm heftig zu und zwang ihn, sich gegen ihn zu lehnen; der Schlamm auf dem Pfad wurde kälter, war aber noch nicht völlig eisig. Er bildete gelbe Flecken auf seinen Stiefeln. Shea hätte schwören mögen, daß seine Stiefel dreißig Pfund wogen, und um die Nähte hatten sie Wasser gezogen, so daß die feuchten Socken sein Mißbehagen noch steigerten. Ein klapperndes Geräusch, das ihn an Kastagnetten erinnerte, ließ ihn stutzen, bis er schließlich merkte, daß es von seinen eigenen Zähnen verursacht wurde.
    Er schien schon tagelang marschiert zu sein, obwohl er wußte, daß es sich kaum um Stunden handeln konnte. Widerstrebend zog er eine Hand aus der Tasche und schaute auf die Armbanduhr. 9.56 Uhr zeigte sie an; bestimmt falsch. Als er die Uhr an sein taubes Ohr hielt, entdeckte er, daß sie stehengeblieben war.
    Aber weder Schütteln noch Aufziehen brachte sie wieder zum Laufen.
    Er erwog, seinen Begleiter nach der Zeit zu fragen, wurde sich aber bewußt, daß der Reiter wohl kaum eine genauere Vorstellung als er selbst haben würde. Er erwog, ihn zu fragen, wie weit sie zu gehen hätten. Aber er hätte den Wind übertönen müssen, und das Verhalten des Alten ermutigte ihn nicht zu Fragen.
    Sie trotteten weiter. Der Schnee fiel dicht durch die trübe Dämmerung. Shea konnte die Gestalt vor sich kaum noch ausmachen. Der Pfad hatte das gleiche neutrale Grau wie alles andere angenommen. Es wurde kälter. Die Schneeflocken waren trocken und hart, sie stachen, zersprangen, wo sie auftrafen. Ab und zu jagte eine Bö eine Wolke vor ihnen aus dem Moor auf und wirbelte sie in Sheas Gesicht. Er schloß jedesmal die Augen und merkte, wenn er sie wieder öffnete, daß er vom Pfad abgekommen war und seinem Führer hastig folgen mußte.
    Licht. Er zog seine Hängetasche nach vorn und suchte tastend in ihr, bis er die eisige Berührung des Metalls der Taschenlampe spürte. Er zog sie heraus und drückte den Schalter. Nichts geschah, und auch Schütteln, Schlagen und wiederholtes Drücken des Schalters brachten keinen Erfolg.
    In wenigen Minuten würde es zu dunkel sein, um dem Mann auf dem Pony zu folgen. Ob es der alte Knabe nun mochte oder nicht, Shea würde ihn um den Vorzug bitten müssen, einen Zipfel seines Umhangs halten zu dürfen.
    Genau in dem Moment, als er zu diesem Entschluß gekommen war, signalisierte etwas in der Gangart des Ponys ein Gefühl der Ankunft. Einen Augenblick später, und das Pony fiel in Trab; Shea strauchelte und schlitterte hinterher, um Schritt zu halten.
    Seine Tasche wog Tonnen, und er keuchte und rang nach Atem, als renne er auf einer Fünfundvierzig-Grad-Steigung statt auf einem fast ebenen Pfad.
    Da tauchte in dem dunkelgrauen Universum ein noch dunklerer Fleck auf. Sheas Begleiter hielt das Pony an und glitt herunter.
    Eine grob bearbeitete Holztür ragte durch den Sturm, und der alte Mann klopfte mit der Faust dagegen. Sie öffnete sich und
    warf einen Strahl gelben Lichts über den Schnee. Der alte Mann trat in den sich auftuenden Spalt, sein Umhang nahm in der hellen Beleuchtung ein schimmerndes Blau an.
    Shea krächzte ein schwaches »Hee!« und schaffte es eben noch, einen Fuß in den sich schließenden Türspalt zu stellen. Die Tür öffnete sich ganz, und ein Mann in einem sackartigen, hand-gefertigten Umhang starrte ihn an. »Was ist?«
    »Kann ich h-h-hineinkommen?«
    »Hämm«, sagte der Mann. »Na los, na los! Steh nicht hier rum und laß die Kälte rein!«

3
     
    Shea stand in einer Art Diele und saugte die köstliche Wärme auf. Der Vorraum war etwa zwei Meter breit. An seinem anderen Ende wurde ein Fellvorhang geteilt, um dem alten Mann, der ihm vorangegangen war, Durchlaß zu gewähren. Der Bündner Sverre — Shea nahm an, daß dies ihr Gastgeber war — zog sie noch weiter. »Mein Herr, dies ist Ihr Haus für heute und immer-dar«, murmelte er mit der oberflächlichen Eile eines Mannes, der eine Phrase wie »Freut rrrich, Sie kennenzulernen« wiederholt.
    Der Erforscher von Universen trat gebückt unter den Fellen durch und gelangte in einen langen holzgetäfelten Raum. An dem einen Ende züngelte ein Feuer offensichtlich mitten im Boden, eingedämmt von einer kniehohen
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