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Harlekins Mond

Harlekins Mond

Titel: Harlekins Mond
Autoren: Brenda Cooper Larry Niven
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man sie auf niedrigen Schub einstellte und frühzünden ließ, schmolzen sie sich durch die leichter flüchtigen Substanzen bis hinunter zum festen Fels. Dann hieß es, die Isolationsschotts schließen und warten, während sich das geschmolzene Gestein im Laufe des folgenden Jahrhunderts verfestigte. Gabriels Team würde hundert Jahre kalt verbringen und dann wieder warm werden, um die Arbeit zu Ende zu führen.
    Doch bevor sie sich abkühlten, würden sie zum letzten Mal Mond Nummer Eins mit weiterer Masse und gasförmigen Substanzen versehen.
    Einer der letzten Sätze einer komplizierten Symphonie vollzog sich, als Mond Nummer 10 sich Mond 26 näherte, der sich über Mond Nummer Eins in entgegengesetzter Richtung bewegte.
    Es hatten bereits andere Kollisionen stattgefunden. Mond Eins war in eine Staubkugel gehüllt, umgeben von einem abgeplatteten Ring, der in Apollos Licht schimmerte. Er ähnelte ein wenig dem Saturn im Solsystem, nur dass sein Ringsystem durch Harlekins mächtige Gravitation geringfügig verzerrt war.
    Die abgeplatteten Sphäroide trieben aufeinander zu; sie zogen Fäden wie flammende Karamellbonbons. Gabriel sah zu, wie die beiden Monde gegenseitig von ihrer kinetischen Energie zehrten. Erhitztes Gestein und Gase wallten in einem zuckenden orangeroten Feuerball auf und trieben auf Mond Nummer Eins zu.
    Ein rohes Gefühl von Macht zupfte am Rande von Gabriels Aufmerksamkeit, und er zwang sich zur Konzentration. Er musste den Überblick über das Geschehen behalten. Gott zu spielen brachte ungeheure Verantwortung mit sich. Sein Ziel bestand darin, eine bewohnbare Welt zu erschaffen – einen Standort für die Entstehung eines Antimateriegenerators, mit dem sie in der Lage sein würden, den Fernraumer John Glenn wiederaufzutanken. Diese Welt, Selene, würde Meere und Gravitation benötigen; mehr Masse, mehr gasförmige Substanzen. Mond Nummer Eins musste regelrecht aufgebaut werden.
    Selene benötigte zudem einen Strahlungsschutz.
    Gabriel war seit mehr als 350 Jahren damit beschäftigt, Monde miteinander kollidieren zu lassen; vorausgegangen waren etliche Jahre mehr an Untersuchungen und Simulationen. In Ymirs System wäre alles viel schneller gegangen, dachte er, wobei noch immer eine Spur Bitterkeit seine Gedanken trübte. Die Ausrüstung der John Glenn war nicht für Apollos System ausgelegt. Von Rechts wegen hätte er die gesamten Ressourcen von zwei weiteren Trägerraumschiffen zur Verfügung haben sollen. Teufel auch, er hätte überhaupt an einem völlig anderen Ort sein sollen. Apollos innere, feste Welten fehlten – sie waren allesamt verschlungen worden, als sich der Gasriese Dädalus systemeinwärts bewegt hatte; alles, was Gabriel benötigte und was sich nicht auf Harlekins Monden fand, würde aus dem Kuiper-Gürtel herangeschafft werden müssen. Die Kometen waren so weit voneinander entfernt wie im Solsystem und lagen üblicherweise so weit auseinander wie die Sonne von der Erde. Unter solchen Umständen dehnten sich die Reisezeiten gewaltig aus. Gabriel tat verdammt noch mal, was er konnte, aber es dauerte immer noch eine Ewigkeit.
    Er machte Dehnübungen, streckte seinen ganzen Körper und lockerte sich, so gut er konnte.
    Die Monde Nummer 10 und 26 waren Geschichte; sie bildeten einen Feuerball über Mond Nummer Eins. Dadurch, dass sie so ineinander eingeschlagen waren, hatte sich ein Großteil ihrer Geschwindigkeit in Hitze verwandelt; die Frage war nur, wie viel? Beim letzten Mal, als die Terraformer dasselbe mit einem anderen Paar Monde versucht hatten, hatte sich der größte Teil ihrer Masse bei der Kollision einfach verflüchtigt. Gabriel würde in 100 Jahren wieder nachschauen.
    Zeit, in den Kälteschlaf zu gehen.
    Und wieder warm zu werden, ein Jahrhundert später. Er machte sich an die Arbeit.
    Mond Nummer Eins wies einen dünnen Ring auf. Der größte Teil der an dem doppelten lunaren Zusammenstoß beteiligten Masse war verschwunden. Gabriel würde Mond Nummer Eins eine Zeit lang beobachten – oder das Astronaut-Programm würde es tun –, und schließlich würde er wissen, ob seine Masse ausreichend angewachsen war.
    Das Kälteschlafsystem der John Glenn war entsprechend den Spezifikationen, die sie mit der letzten Nachricht aus dem Solsystem erhalten hatten, verändert worden. Der hochentwickelte Vorgang des Eingefrorenwerdens verzögerte den körperlichen Verfall nicht mehr nur, er wirkte tatsächlich verjüngend. Gabriel fühlte sich wunderbar lebendig, auch wenn er
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