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Harlekins Mond

Harlekins Mond

Titel: Harlekins Mond
Autoren: Brenda Cooper Larry Niven
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aufzustellen?«
    Gabriel aß den letzten Bissen von seinem Eintopf. Er fragte: »Was meinst du?«
    »Wir haben diese Riesenapparatur zur Kabelherstellung in unseren Lagerräumen. Ymir hätte ein Orbitalkabel von 200.000 Kilometern Höhe haben können, das auf dem Äquator gestanden hätte, alles komplett aus Nanokarbonröhrchen bestehend. Jedes kleine bisschen Nanotechnologie, das wir uns selbst gestatten, ist ein Kompromiss, und das war einer davon. Das Boden-Orbit-Transportsystem. Wir hätten einen Fahrstuhl zu den nächstgelegenen Planeten gehabt. Wir hätten in Ymirs innerem System überall hingehen können, und hätten nur für den Strom bezahlen müssen. Was würde passieren, wenn –«
    »Selene würde damit in Harlekins Schwerefeld herumrühren. Die Gezeitenkräfte würden es in Stücke reißen. Wir können auf Selene keine Bohnenranke aufstellen. Also, worauf willst du hinaus? Dass wir für dieses System hier die falsche Ausrüstung mitgebracht haben, ist mir nämlich hinlänglich bekannt!«
    »Aber genau darum geht es! Wir wissen nicht, ob sie gut genug ist«, sagte Wayne.
    »Das ist die andere Seite der Medaille. Wayne, wenn wir hier Fehler machen, dann wird es keine große Rolle spielen. Es ist ein Probelauf. Und wenn wir auf Ymir ankommen, werden wir über unsere Ausrüstung besser Bescheid wissen.«
    »Es wird keine große Rolle spielen? Boss, was ist mit all den Leuten, die wir brauchen, um den Beschleuniger zu bauen?«
    Das war etwas, worüber Gabriel nicht nachdenken wollte. Er sagte: »Ich gehöre nicht dem Hohen Rat an, weißt du?«
    Wayne seufzte. »Okay, Boss.«
    »Wayne, hast du so ein Gespräch auch mit Ali geführt?«
    »Nein.«
    »Dann tu’s auch nicht.«
    Bordzeit der John Glenn 60.201 n. A.
    Wenn Gabriel warm wurde, war die KI sein einziger Gesprächspartner. Eigentlich hätten Menschen beim Aufwachen mit menschlicher Wärme empfangen werden sollen, von Händen, lächelnden Gesichtern und freundlichen Worten. Doch 60.000 Jahre waren kein geeigneter Zeitrahmen, um einen lebenden Menschen oder eine Gruppe von Leuten hindurchzuschleusen – nicht, wenn die eigene Bevölkerung nur 2000 Menschen zählte und man nur ein paar Hundert überhaupt aufwärmen wollte, bevor man sein wahres Ziel erreichte. Und so war die John Glenn in der Stille gekreist, ihr gewaltiger hydroponischer Garten größtenteils kompostiert, die Menschen an Bord eingefroren. Die einzigen Wesen, die sich bei Bewusstsein befanden, waren die KI – Astronaut – und, in regelmäßigen Abständen, Gabriel; oder, wenn es eine gute Schicht war, Gabriel und Wayne; oder, wenn es eine noch bessere war, Gabriel und Ali.
    Dies würde eine gute Schicht werden. Gabriel würde aufstehen, dann würde er Ali aufwärmen, und dann … dann würden sie auf Selene landen. Er warf einen Blick auf den Chronometer. Er erwachte planmäßig. Also war nichts Furchtbares geschehen, während er geschlafen hatte. Seine Sinne erwachten im Sturm, er roch Medikamente und Wasser und fühlte die trockene kühle Schiffsluft. Was die Erde ihnen zuletzt übermittelt hatte – neue Programmierung zum Zweck nanotechnischer Zellreparatur während des Kälteschlafs – funktionierte nach wie vor perfekt.
    Gabriel war nicht sicher, was er diesbezüglich empfinden sollte. Nanotechnologie gehörte zu den Dingen, vor denen sie geflohen waren.
    Es kam so gut wie nie zur Sprache.
    Irgendwann einmal würde der Tag kommen, an dem Ymir vollendet sein würde. Von diesem Tage an würde der ganze Unfug mit der medizinischen Nanotechnologie ein Ende haben. Die langlebigen Reisenden würden auf natürliche Weise altern und sterben. Ihr Planet würde seinem eigenen Schicksal folgen, und niemand würde die Macht von Wissenschaft und Technik benutzen, um das Wetter zu verändern oder eine sich ausbreitende Wüste aufzuhalten. Sie alle – jeder von ihnen – hatten diese Übereinkunft getroffen, bevor sie an Bord des Fernraumschiffes gegangen waren.
    Allerdings hatten sie von diesem Zeitpunkt an auch verstärkt aneinander gezweifelt, und ebenso hatten sie an sich selbst gezweifelt. Wie hätte es auch anders sein können? Wer von ihnen würde es nicht über sich bringen, seine Langlebigkeit aufzugeben – und die Macht, eine Welt zu formen?
    »Astronaut?«
    »Hallo Gabriel.«
    »Irgendeine Nachricht von der Erde?« Gabriel kannte die Antwort bereits im Voraus.
    »Nicht seit dem Jahr 291 Bordzeit.«
    »Und von Ymir?«
    »Nichts, Gabriel.«
    Es mochte sein, dass in diesem Moment der
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