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Harlekins Mond

Harlekins Mond

Titel: Harlekins Mond
Autoren: Brenda Cooper Larry Niven
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sich manchmal sein Leben bildlich als eine Schlange vorstellte, die man in Stücke gehackt und willkürlich in der Gegend verstreut hatte.
    Auch Erikas Leben war ohne Rücksicht auf seine oder ihre eigene Annehmlichkeit zerteilt worden. Als Pilotin würde sie für den größten Teil der nächsten 60.000 Jahre eingefroren bleiben.
    In der Zwischenzeit hatte Gabriel zu arbeiten.
    Er erweckte sein Team wieder zum Leben. Die Oberfläche von Mond 41 hatte sich um die drei LSTs herum abgekühlt. Wayne setzte sie in Gang, sodass sie Schub gegen den Kern des Mondes ausübten.
    Der Kern war nicht so stabil, wie Gabriel ihn gerne gehabt hätte – keine Eisenkugel, nur ein Haufen aus schwereren Stoffen –, und Wayne hielt den Schub niedrig. Es gab trotzdem noch Beben. Pumpen beförderten schmutziges Eiswasser vom Mond in die Tanks: Reaktionsmasse für die Triebwerke der LSTs. Mond Nummer 41 war nicht groß. Diese Phase würde in wenigen Jahren abgeschlossen sein.
    Ergo hatte es nicht viel Sinn, sich abzukühlen. Er würde die nächsten paar Jahre ausharren und zusehen. Mond 41 würde Harlekins Atmosphäre streifen, und aus gewaltiger kinetischer Energie würde gewaltige Hitze entstehen. Der Gasriese würde den Mond verschlingen. Aus einem Teil der Masse würde sich zweifelsohne ein breiter Ring aus Trümmerteilchen bilden. Er würde einen phantastischen Anblick bieten, und er würde auch noch andere Vorzüge besitzen.
    Selene – die bewohnbare Welt, zu der Mond Nummer Eins werden würde – benötigte eine Abschirmung gegen Harlekins Strahlungsausstoß. Der Ring würde eine Zeit lang chaotisch bleiben, und während der nächsten, nun, etwa 50.000 Jahre würde er Mond Nummer Eins gegenüber dem größten Teil des riesigen Gasplaneten verdecken. Doch die Zeit und endlose Zusammenstöße würden die Partikel des Rings auf eine gemeinsame orbitale Ebene bewegen. In 60.000 Jahren – wenn Selene sich so weit beruhigt haben würde, dass man dort Leben aussäen konnte – würde der Ring nur noch die Hälfte des Planeten abschirmen. Weitere 100.000 Jahre später würde der Ring so dünn sein wie der des Saturn, und als Schild beinahe ebenso nutzlos.
    Doch zu diesem Zeitpunkt würde sich die John Glenn nicht mehr hier befinden, sondern auf dem Weg zum Ymir.
    Gabriel hatte sich entschieden, den Ring zu einem frühen Zeitpunkt entstehen zu lassen. Er würde Selene 60.000 Jahre Zeit lassen, etwas von ihrer Oberflächenstrahlung abzugeben, und Harlekin selbst würde nach dem Einschlag Zeit haben, wieder zur Ruhe zu kommen. Harlekin würde natürlich heißer werden. Die Sonne Apollo war zu weit von dem Mondesystem entfernt und lieferte nicht genügend Hitze, um Mond Nummer Eins zu wärmen. Ein Teil der von Selene benötigten Wärme musste von einem heißeren Harlekin ausgehen.
    Harlekins Mondesystem war zu einer gefährlich beengten Region geworden, doch das würde nicht so bleiben. Wenn Erika schließlich warm wurde, würde sie weniger Monde vorfinden, ein ausgedünntes System, dafür jedoch einen inneren Ring, der einstmals Mond 41 gewesen war. In dem entsprechenden Ausmaß würde Selene auch vor dem Einschlag von Riesenmeteoriten geschützt sein.
    Und vom Aussehen her würde Harlekins gewaltiger farbenprächtiger Ring dem des Saturn mehr als ebenbürtig sein. Ein Geschenk von Gabriel an Erika. Gott zu spielen hatte schon seine Höhepunkte!
    »Und weshalb genau tun wir das eigentlich alles?«, fragte Wayne. Er war kleiner und untersetzter als Gabriel, und jede seiner Bewegungen erfolgte mit Bedacht.
    Ärger hielt Gabriel davon ab, sofort zu antworten. Die beiden Männer hielten sich in der Bordküche auf und bereiteten eine reichhaltige Mahlzeit zu. Datenfenster schwebten in der Luft und zeigten das Chaos in Harlekins Umlaufbahn aus verschiedenen Perspektiven. Ringe und Staubwolken mit Stürmen in ihrem Innern, die wiederum von Regenbögen aus Licht durchglost wurden: ein Chaos, aus dem Selene erstehen würde. Der Anblick war nicht schön, doch er war atemberaubend.
    Wayne war einer der besten Ingenieure auf dem Schiff. Er konnte jedes Raumfahrzeug fliegen und fand für jedes logistische Problem eine Lösung. Wayne teilte doch bestimmt Gabriels eigenen unbändigen Stolz?
    »Was genau meinst du?«, fragte Gabriel milde. »Oder glaubst du vielleicht, wir erschaffen Selene einfach nur deshalb, weil wir es können?«
    »Nun, es ist doch so: Ich war abgekühlt und wusste, dass man mich aufwärmen würde, wenn wir auf Ymir angekommen
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